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"Es wird noch einen Krieg geben ... weil wir zu dumm sind. Niemand merkt es noch, wie dumm wir sind, weil wir so tüchtig sind. Lieber weniger tüchtig und nicht so dumm ..." So Annette Kolb, Pazifistin und Visionärin des vereinten Europa. Ihr höchstes Gut war die Unabhängigkeit. Sie reiste viel und lebte dabei oft in Geldnöten - doch stets so elegant wie möglich. Die eigenwillige deutsch-französische Schriftstellerin (1870 - 1967) wartet auf ihre Wiederentdeckung.

Produktbeschreibung
"Es wird noch einen Krieg geben ... weil wir zu dumm sind. Niemand merkt es noch, wie dumm wir sind, weil wir so tüchtig sind. Lieber weniger tüchtig und nicht so dumm ..." So Annette Kolb, Pazifistin und Visionärin des vereinten Europa. Ihr höchstes Gut war die Unabhängigkeit. Sie reiste viel und lebte dabei oft in Geldnöten - doch stets so elegant wie möglich. Die eigenwillige deutsch-französische Schriftstellerin (1870 - 1967) wartet auf ihre Wiederentdeckung.
Autorenporträt
Charlotte Marlo Werner ist in Mainz geboren und lebt heute in Düsseldorf. Sie studierte Germanistik, Philosophie und Soziologie. Sie war Journalistin, Mitarbeiterin im Frauen-Kultur-Archiv an der Universität Düsseldorf und ist seit 1993 VHS-Dozentin. Unter anderem hat sie eine Biographie über Anna Amalia verfasst.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2000

Nicht ohne meinen Stil: Annette Kolbs Leben

Auf den Stil hat Annette Kolb immer gesehen. Noch daheim, in ihrer Wohnung, empfing sie die Gäste mit hochgesteckter Frisur, nie ohne Hut. Plumpe Vertraulichkeit war ihre Sache nicht. Daß sich die Biographin Charlotte Marlo Werner jetzt ganz selbstverständlich auf Duzfuß mit der Autorin stellt, daß sie immer mal wieder von der "Annette" spricht, hätte die Ästhetin vermutlich befremdet. Eigentümlich kontrastiert der lockere Umgangston unserer Tage diese gesuchte Wahlverwandtschaft der Nachgeborenen mit dem Habitus einer Intellektuellen, die noch durch und durch vom Formbewußtsein des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts geprägt war.

Das eine will nicht so recht zum andern passen. Zu wenig konnte die 1967 verstorbene Schriftstellerin von dem Selbstverwirklichungsbemühen der modernen Frauenbewegung erahnen, zu wenig von der Emanzipation, in deren Dienst sie jetzt treten soll. Zu wenig scheint aber auch die engagierte Historikerin, die nun ihre Biographie schreibt, von der geistigen Großzügigkeit des Fin de siècle zu wissen, von der Münchner Gesellschaft, in die Annette Kolb 1870 als die Tochter einer Französin und eines Deutschen hineingeboren wurde. Zeitlebens sollte sie den künstlerischen Ansprüchen dieser Zeit verhaftet bleiben. Damit, mit der ästhetischen Eleganz ihrer Romane und Essays, hat sie sich den Respekt der Künstler erworben, den der Männer vor allem. Auf ihren stilistischen Ansprüchen gründete die Freundschaft mit Hermann Hesse und Romain Rolland, mit Jean Giraudoux und Franz Blei. Und sicher hätte man da manches entdecken, viel erfahren können über die Freiheiten und Zwänge der künstlerischen Existenz, über die Rolle der Frau in der Literatur sowie über das zeitgeschichtliche Beziehungsgeflecht, das die Autorin selbst in ihrer Musikerbiographie so beeindruckend zu erfassen wußte.

Indes, das leichte, souveräne Spiel mit den Fakten, ihre erzählerische Verknüpfung, der große Überblick scheint Charlotte Marlo Werner nicht gegeben. Jedenfalls hat sie sich in dem Buch über Annette Kolb lieber für die Reihung der Fakten entschieden, und das mit beträchtlichem Aufwand durchaus. Bis in die Verästelung hinein wird die Familiengeschichte aufgeblättert. Nebeneinandergestellt begegnen sich die tangierenden Lebensläufe, von Station zu Station bewegt sich der Bericht, eines wird nach dem anderen abgehandelt, von der Kindheit über die zwanziger Jahre und das Exil bis zur Rückkehr nach Deutschland. Nichts wurde bei der fleißigen Sammlung vergessen; und vielleicht will es ja sogar der glückliche Zufall, daß das alles irgendwann jemandem in die Hände fällt, der es darüber hinaus versteht, sich als Biograph dem Stil und den Ansprüchen der Annette Kolb zu stellen.

THOMAS RIETZSCHEL.

Charlotte Marlo Werner: "Annette Kolb. Biographie einer literarischen Stimme Europas". Ulrike Helmer Verlag, Königstein im Taunus 2000. 282 S., br., 38,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Thomas Rietzschel bescheinigt der Autorin zwar, dass sie einen "beträchtlichen Aufwand" bei der Sammlung und Ordnung des Materials betrieben hat. Seiner Ansicht nach reicht dies jedoch nicht aus, um einer Persönlichkeit wie Annette Kolb gerecht zu werden. Werner schreite in der Auflistung der Fakten fort "von Station zu Station", aber das Erzählerische fehlt, der Bogen und die Leichtigkeit, findet Rietzschel. Außerdem stört ihn sehr der vertrauliche Ton der Autorin, die gerne kollegial von "Annette" spricht. Gerade bei Annette Kolb findet er das völlig deplaziert, denn "auf den Stil hat Annette Kolb immer gesehen". An Punkten wie diesen zeigt sich nach Ansicht des Rezensenten, dass die Autorin wenig weiß über die Herkunft Kolbs, über die Münchner Gesellschaft, ihre dem Fin de siècle verhaftete Ästhetik und Eleganz - alles Aspekte, die der Rezensent hier zu wenig beleuchtet sieht. Auch findet er es verfehlt, Kolb als Galionsfigur der Emanzipation und Frauenbewegung zu präsentieren, nicht nur weil die Schriftstellerin bereits 1967 gestorben ist.

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