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Aus den Anmerkungen Albert Daiber – Leben und Werk Albert Ludwig Daiber wurde am 26. September 1857 in Bad Cannstatt (seit 1905 Stadtteil der Landeshauptstadt Stuttgart, seit 1933 Bad) im damaligen Königreich Württemberg als Sohn des Rektors der Realanstalt der Oberamtsstadt Cannstatt, Karl Heinrich Daiber (28.10.1815–08.08.1881), und seiner Ehefrau Luise Daiber geb. Vestner (01.03.1825–22.01.1900) geboren. Carl Heinrich Daiber war nicht nur ein angesehener Schulleiter, sondern auch ein vielseitig interessierter Chronist seiner näheren Heimat, der er mit viel Liebe zugetan war. So verfasste er…mehr

Produktbeschreibung
Aus den Anmerkungen Albert Daiber – Leben und Werk Albert Ludwig Daiber wurde am 26. September 1857 in Bad Cannstatt (seit 1905 Stadtteil der Landeshauptstadt Stuttgart, seit 1933 Bad) im damaligen Königreich Württemberg als Sohn des Rektors der Realanstalt der Oberamtsstadt Cannstatt, Karl Heinrich Daiber (28.10.1815–08.08.1881), und seiner Ehefrau Luise Daiber geb. Vestner (01.03.1825–22.01.1900) geboren. Carl Heinrich Daiber war nicht nur ein angesehener Schulleiter, sondern auch ein vielseitig interessierter Chronist seiner näheren Heimat, der er mit viel Liebe zugetan war. So verfasste er u. a. die 1878 erschienene und 1967 nachgedruckte Beschreibung und Geschichte der Stadt Cannstatt. Unter Berücksichtigung des Wichtigsten über die Amtsorte. Seit 1958 gibt es in Bad Cannstatt den offenbar nach ihm benannten Daiberweg. Die Eltern Albert Daibers sind in einem würdigen Grabmal auf dem Uffkirchhof in Bad Cannstatt begraben; in der unmittelbaren Nachbarschaft befinden sich die Grabstätten Gottlieb Daimlers, Wilhelm Maybachs, Ferdinand Freiligraths und anderer bedeutender Persönlichkeiten. Nach Kindheit und Jugend in Cannstatt und dem Studium der Pharmazie und der darauf folgenden Promotion zum Dr. phil. am 9. Dezember 1889 in Zürich mit der 1890 veröffentlichten Dissertation Ueber Hydrirung des Carbodiphenylimids durch Phenylhydrazin und über Verbindungen der beiden Körper war Albert Daiber am physiologischen und bakteriologischen Laboratorium in Zürich tätig. In dieser Zeit entstanden u. a. seine Schriften Anleitung zur chemischen und mikroskopischen Untersuchung des Harns (1892) und Chemie und Mikroskopie des Harns (1894), aus der das Buch Mikroskopie der Harnsedimente (Wiesbaden: J. F. Bergmann 1896) hervorging, das 1906 eine erweiterte Neuauflage erlebte. Im gleichen Verlag erschien 1898 die Schrift Mikroskopie des Auswurfes. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau, die den Mädchennamen von Appenzeller trug (aus dieser Ehe ist der Sohn Albert jr. hervorgegangen) heiratete Dr. Daiber, inzwischen Professor an der Universität Zürich, Hildegard Heyne, die Professorin an der Universität Basel war und sich ebenfalls schriftstellerisch betätigt hat. Im Alter von immerhin schon 40 Jahren (also in den Jahren um 1897) studierte Albert Daiber mit großem Erfolg Medizin und wurde Arzt. Gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Hildegard unternahm er im Jahr 1900 eine Reise nach Australien und in die Südsee. Am 8. Mai 1900 trafen die Eheleute mit der „Karlsruhe“ in Freemantle ein, von wo sie über Adelaide, Melbourne, Sydney (hier gab es einen längeren Aufenthalt) nach Brisbane reisten. Am 30. Juli 1900 verließen sie Brisbane an Bord des Dampfschiffes „München“, um über das Bismarck-Archipel, Neu Guinea, die Karolinen und die Marianen (damals sämtlich unter deutscher Kolonialverwaltung stehend) nach China weiter zu reisen. Ein Ergebnis dieser mit vielen Eindrücken verbundenen Reise waren die Bücher Eine Australien- und Südseefahrt (Leipzig: B. G. Teubner 1902), Geschichten aus Australien (Stuttgart: G. Weise 1902) und Geschichten aus der Südsee. Zwei geschichtliche Erzählungen für die reifere Jugend (Stuttgart: G. Weise o. J. [um 1908]). Weitere Sachbücher aus der Zeit nach der Australien- und Südseereise waren u. a. Elf Jahre Freimaurer! (Stuttgart: Strecker & Schröder 1905; mehrere Auflagen – insgesamt mehr als 100 000 Exemplare! – bis in die 1920er Jahre hinein), Des Lebens Werdegang und Ende. Naturwissenschaftliche Offenbarungen der Neuzeit (Stuttgart: Strecker & Schröder 1906), Aus der Werkstätte des Lebens. Der Wechsel des Stoffes im Lichte der Forschung (Stuttgart: Strecker & Schröder 1907) und Erhalte deine Lebenskraft (Stuttgart: Strecker & Schröder o. J.). Neben seinen wissenschaftlichen Werken und den Südsee-Erzählungen verfasste Dr. Albert Daiber mehrere weitere Bücher, die sich teilweise ausdrücklich an die „reifere Jugend“ richteten: Anno 2222. Ein Zukunftstraum (Stuttgart: Strecker & Schröder 1905), Jenseits der Cordillera. Zwei geschichtliche Erzählungen für die Jugend (Stuttgart: G. Weise o. J. [um 1906, weitere Auf lagen um 1910 und 1931]), Juan Fernandez der Seefahrer. Eine geschichtliche Erzählung für die Jugend (Stuttgart: G. Weise o. J. [um 1907]) – diese letztgenannten Texte sind später teilweise auszugsweise in Heftform unter veränderten Titeln nachgedruckt worden – und schließlich Die Weltensegler und Vom Mars zur Erde (beide Stuttgart: Levy & Müller o. J.). Reaktionen auf das erstmals 1905 veröffentlichte sehr erfolgreiche Buch Elf Jahre Freimaurer! waren nach der Erinnerung der Nachkommen offenbar ein Grund dafür, dass Dr. Albert Daiber, nachdem er sich dort schon vorher (wahrscheinlich 1908/09) über längere Zeit aufgehalten hatte, mit seiner Frau, seinem aus erster Ehe stammenden Sohn Albert jr. und einem weiteren Sohn und zwei Töchtern um 1913/14 endgültig nach Chile auswanderte. Nach der Ankunft in Valparaíso ließ sich die Familie in Puerto Octay im Süden Chiles nieder, wo Dr. Albert Daiber seinen Beruf als Arzt ausübte. Sein Sohn Albert Daiber jr. (mit dem auf spanisch-chilenischem Namensrecht beruhenden Namenszusatz „von Appenzeller“, dem Nachnamen der Mutter) war als Ingenieur tätig, sein Enkel Alberto Daiber Etcheberry und sein Urenkel Alberto Daiber Vuillemin wurden wiederum Ärzte. Dr. Albert Daiber starb am 12. August 1928 in Santiago de Chile. Anno 2222 Die hier als Nachdruck im Neusatz vorgelegte Erzählung Anno 2222. Ein Zukunftstraum erschien 1905 im Stuttgarter Verlag Strecker & Schröder. Eine weitere Auflage erschien noch im gleichen Jahr. Diese erste Zukunftserzählung Albert Daibers hat viele seiner Leser verunsichert. Auch Besprechungen und Erwähnungen in jüngerer Zeit sind in Bezug auf die politische Tendenz und die handwerkliche Ausführung der Erzählung überwiegend negativ ausgefallen. Daher möchte ich hier einige Hinweise geben, die den Gegenstand der Kritik vielleicht in einem milderen Licht erscheinen lassen. Um die Lesefreude nicht zu beeinträchtigen, möchte ich die Handlung selbst nicht in Kurzform wiedergeben; es soll der Hinweis genügen, dass eine sehr überschaubare Gruppe allegorisch-repräsentativer Personen sich im April 2222 in zwei miteinander verbundenen Handlungssträngen bewegt: Auf der einen Seite werden die Vereinigten Staaten von Europa vom Präsidenten der USA wegen einer Formalität massiv unter Druck gesetzt, auf der anderen Seite droht ein Absturz des Mondes auf die Erde. Am Ende ist die Welt, aus europäischer Sicht, wieder in Ordnung. Man fragt sich, welches Motiv der angesehene Dr. Albert Daiber wohl hatte, diese doch recht grob gestrickte satirische Erzählung zu verfassen. Hierfür mag es zwei Gründe gegeben haben: 1. Albert Daiber, der langjährige praktizierende Freimaurer, hatte sich 1905 oder kurz davor von der Freimaurerei verabschiedet und dies in seiner erstmals 1905 erschienenen Schrift Elf Jahre Freimaurer! öffentlich gemacht. Seit einiger Zeit war er in zweiter Ehe verheiratet. Am 2. Dezember 1904 – Daiber war zu dieser Zeit immerhin schon 47 Jahre alt – war die Tochter Hildegard geboren worden. Diese prägenden Veränderungen in seinem Leben mögen ihn, wenn auch nur für kurze Zeit, in die Stimmung versetzt haben, einmal „etwas Überdrehtes“ zu schreiben. Das Thema des Herauskatapultierens eines halben Kontinents aus der Erde ohne größeren Schaden für die Betroffenen mag Jules Vernes Roman Hector Servadac (Frankreich, 1877; dt. unter dem Titel Reise durch die Sonnenwelt, Wien/Pest/Leipzig: Hartleben, 2 Bände, 1877) nachempfunden gewesen sein. Wenn wir heute über die Medien hautnah miterleben, welchen Schaden schon „nur“ ein Seebeben im Indischen Ozean anrichtet, können wir uns vorstellen, dass ein Aufprall des Mondes auf der Erde wohl existenzielle Folgen bis zur Vernichtung der menschlichen Zivilisation haben würde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Daiber einen solchen Vorgang ernsthaft für so harmlos gehalten hätte, wie er ihn schildert; ich kann mir aber vorstellen, dass Daiber Jules Vernes Darstellung ebenso wenig folgen konnte und hier „auf einen Schelm zwei“ gesetzt hat … In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Erzählung nicht ursprünglich gar als Theaterstück konzipiert war. Die begrenzte Personenzahl, der stotternde Professor Gründlich, der gehört leichter erträglich sein würde als gelesen, und die wenigen Szenenwechsel sprechen für diese Annahme. Hätte es damals schon Rundfunk und Hörspiele gegeben, wäre dies Medium wohl das geeignetste gewesen. Und dass Daiber ein anderer, ein mehr dem Leben zugewandter Mann geworden ist, lässt er in der Erzählung in der Person des bisher eher spartanisch lebenden Professors Gründlich anklingen, der durch die mehrfache Ermunterung und vor allem das Beispiel des Lebenskünstlers Professor Chauvin (dieser hat eine Gruppe Ballett-Tänzerinnen mit auf die Reise genommen …) zunehmend die angenehmen Seiten des Lebens zu würdigen beginnt. 2. Das zweite Motiv dürfte Daibers Unzufriedenheit mit der damaligen deutschen Politik gewesen sein, wie er sie aus der Zeit um die Jahreswende 1904/1905 eingeschätzt haben mag: Politische Utopien wollen in der Regel weniger „die Zukunft“ schildern als den Zeitgenossen einen Spiegel vorhalten. Inhaltlich muss man die damals tagesaktuellen (und heute geschichtlichen) Ereignisse unmittelbar vor dem Jahr 1905 (russisch-japanischer Krieg, Ausscheren Großbritanniens aus der Phalanx der „weißen“ Kolonialmächte durch Ausgleich mit Japan, Vorgänge um den Bau des Panamá-Kanals mit der Rolle der USA, insbesondere des damaligen Präsidenten Theodore Roosevelt und dessen Verständnis einer „erweiterten Monroe-Doktrin“) berücksichtigen, um die Gedankengänge und Beweggründe des Autors nachvollziehen zu können, ohne sie billigen zu müssen. Theodore Roosevelt (1858–1919, Präsident der USA von 1901–1909), verfolgte eine expansionistische Außenpolitik. 1903 unterstützte er eine „Revolution“ für die Unabhängigkeit in Panamá, um dann unter günstigen Bedingungen die Panamá-Kanalzone für die USA zu sichern. 1904 beanspruchte er im sog. „Roosevelt-Zusatz“ zur Monroe-Doktrin für die USA faktisch die „Polizeigewalt“ über Lateinamerika. Ihm dürfte die Figur des US-Präsidenten „Jingo X.“ auf den Leib geschrieben worden sein. Als „Jingo“ (engl.) bezeichnete man seit dem russisch-türkischen Krieg von 1878 extrem aggressive Nationalisten oder Hurra-Patrioten. Ein populärer englischer Schlager hatte den Begriff geprägt, der sich auch in den USA und in Deutschland bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hielt. Der Jingoismus ist vergleichbar mit dem Chauvinismus, einer weiteren Form des übersteigerten Nationalismus. Dieser Be griff geht auf einen glühenden Anhänger und Verteidiger Napoléons I. zurück. Es ist allerdings erstaunlich, dass der französische Expeditionsteilnehmer Professor Chauvin sich in keiner Weise chauvinistisch verhält, sondern im Gegenteil Lebensfreude und Toleranz verkörpert, und das vor allem gegenüber dem deutschen Professor Gründlich, also einem Vertreter des damaligen „Erbfeindes“. Es ist überhaupt im wahrsten Sinne des Wortes merkwürdig, wie Albert Daiber die künftigen führenden Rollen Deutschlands und Frankreichs in den Vereinigten Staaten von Europa in der Person zweier „typischer“ Vertreter ihrer Völker umschreibt. Und das Verhältnis zwischen den USA und dem „alten“ Europa zeigt verblüffende Parallelen zu unserer Gegenwart der Jahre ab 2003 und wieder ab 2017. Das amerikanische Präsidentenamt ist, anders als in der Erzählung, zwar bis heute nicht erblich, aber es gibt doch zu denken, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Familie Bush schon zwei Präsidenten gestellt hat – Vater und Sohn … Es fällt auf, dass Daiber dem „Wilhelmismus“ sehr distanziert gegenüber stand, was auch bei den handelnden Personen deutlich wird. Daiber war wohl Patriot, aber in erster Linie Lokalpatriot, nämlich Schwabe, was in seinen späteren Erzählungen Die Weltensegler und Vom Mars zur Erde mehr als deutlich wird. Er macht sich über Wilhelms II. Barttracht mit den aufwärts weisenden Schnurrbartspitzen („Es ist erreicht!“; es gibt auch noch einen protzigen Kronleuchter des Typs „Endlich erreicht!“) lustig, indem er den Redakteur Kannegießer mit einem Schnurrbart auftreten lässt, dessen „Enden der Zeitströmung gemäß senkrecht nach unten gerichtet“ sind. (Als „Kannegießer“ bezeichnet man nach dem Lustspiel Der politische Kannegießer des dänischen Dramatikers und Historikers Ludwig Holberg [1684–1754] übrigens einen politischen Schwätzer, einen Stammtischpolitiker.) Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Gestalt des Kapitäns Bernhard, der das Expeditionsschiff führt und einen Bart trägt, dessen Enden weder nach oben noch nach unten zeigen, sondern „neutral“ an den Wangen anliegen. Er hat seinen Bart „gewissermaßen den Strömungen der Zeit angepasst, mögen diese kommen, woher sie wollen, stets schmiegt sich mein so angelegter Bart nach denselben und bleibt tadellos in Ordnung.“ (S. 31). Kapitän Bernhard, der in der Erzählung eine sehr zurückhaltende und vorsichtig-diplomatische Rolle spielt, wenn es ernst wird, war vorher bei der in Schwierigkeiten geratenen „Zickzack-Linie“ angestellt. Zu Recht war Daiber wohl über die erfolglose „Zick zack“-Politik des damaligen Reichskanzlers (1900–1909) Bernhard (!) von Bülow (1849–1929) verärgert, die Deutschland mehr und mehr unglaubwürdig gemacht und in die Isolation geführt hat Am Schluss der Erzählung werden die Expeditionsteilnehmer nach ihrer Rückkehr nach Berlin mit Ehrungen überhäuft – obwohl sie eigentlich nichts geleistet haben, sondern nur Zuschauer waren. Durch die ausführliche Darstellung der mit lauter Floskeln verbundenen Ehrungen wollte Daiber mit Sicherheit deutlich machen, wie er selbst solche gesellschaftlichen Ereignisse verabscheut hat. In seinem Roman Die Weltensegler hat er dies im Kapitel „In der Heimat“ noch einmal deutlich zum Ausdruck gebracht. Wenn die Erzählung im Vergleich zu den Weltenseglern und den übrigen Erzählungen Daibers auch tatsächlich etliche Schwächen aufweist, so halte ich sie unter Berücksichtigung der dargelegten Gründe doch für wert, vor dem Vergessen bewahrt zu werden. Bibliografische Daten der beiden Marsromane Die Weltensegler und Vom Mars zur Erde Es konnte leider nicht genau ermittelt werden, wann die hier als Nachdrucke vorliegenden Romane Die Weltensegler. Drei Jahre auf dem Mars. Der reiferen Jugend erzählt und Vom Mars zur Erde. Eine Erzählung für die reifere Jugend (beide Stuttgart: Levy & Müller o. J.) verfasst und wann sie zum ersten Mal erschienen sind, denn weder das jeweilige Impressum noch die bibliographischen Verzeichnisse wie z. B. das Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums (GV) 1700–1910 (München u. a.: Saur 1981, Band 27, S. 45) und GV 1911–1965 (München: Verlag Dokumentation 1976, Band 25, S. 83) liefern hierzu eindeutige Angaben, sondern nennen in Klammern (also geschätzt) für die 2. Auflage der Weltensegler und für die 1. Auflage von Vom Mars zur Erde das Jahr 1910. Einige Indizien belegen allerdings, dass der Band Die Weltensegler spätestens 1909 erschienen ist, also nach dem ersten Chile-Aufenthalt Daibers: Herr Detlef Münch (Synergen-Verlag) ist nach einer Mitteilung vom 10. Januar 2018 im Besitz einer Weltensegler-Ausgabe mit Eintrag eines Namens und der Angabe „1909“. Weiter: Die Marsreisenden besteigen auf der Nordhalbkugel des Mars u. a. einen Berg vulkanischen Ursprungs, der einen der Reisenden, den vielgereisten Dubelmeier, an den Vulkan „Villarica“ (richtige Schreib weise: „Volcán Villarrica“) im südlichen Chile erinnert. Von diesem Berg aus beobachten die sieben schwäbischen Gelehrten den Nordpol des Mars: „Kein Zweifel, es ist der Nordpol. Wie wunderbar, dass unsere Augen auf einem andern Planeten das schauen dürfen, was auf der Erde bis jetzt, allen Versuchen zum Trotz, niemandem gelang“, sprach Herr Stiller (vgl. S. 166). Da die Nachrichten über die Entdeckung des Nordpols der Erde (unabhängig von der Streitfrage, ob am 21. April 1908 durch Frederik A. Cook oder am 6. April 1909 durch Robert Edwin Peary) erst ab Anfang September 1909 durch die internationale Presse verbreitet wurden (in Deutschland z. B. ausführlich in der Zeitschrift ‚Die Woche‘, Berlin, Scherl, Nr. 37 vom 11. September 1909, S. 1553ff), kann angenommen werden, dass Daiber das Manuskript beendet und abgesandt hatte, bevor er von dieser Nachricht erfahren konnte, also spätestens im Sommer 1909. Der schon zitierte Vulkan Villarrica ist etwa 180 km von Puerto Octay entfernt, liegt also, gemessen an der mit ca. 3900 km beträchtlichen Nord-Süd-Ausdehnung Chiles, ungeachtet des unwegsamen Geländes in relativer Nähe. Gleiches gilt für die Orte Lumaco (ca. 150 km vom Volcán Villarrica entfernt) und Angol (ca. 40 km von Lumaco entfernt). Zwar nicht Lumaco, aber doch, ähnlich klingend, „Lumata“ ist der regelmäßige Wohnort der „Weltensegler“ auf dem Mars, die Nachbarstadt „Angola“ ist Sitz des „Stammes der Weisen“ und Ort mehrerer feierlicher Begegnungen. Diese Namensähnlichkeiten und geografischen Zusammenhänge sprechen sehr dafür, dass Daiber sie in seiner Erzählung, ähnlich wie mehrfach „das liebe Schwabenland“, verarbeitet hat. Ob der Folgeband Vom Mars zur Erde (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Jugendbuch von Hans Rosenstengel, Stuttgart: Thienemanns 1931; Vorabdruck 1925 im gleichen Verlag im Deutschen Knabenbuch, Bd. 34) wirklich, wie im Gesamtverzeichnis angegeben, schon 1910 erschienen ist oder erst später, konnte nicht eindeutig geklärt werden: Claus Ritter spricht von „der kurz vor dem Weltkrieg erschienenen Fortsetzung“ und nennt in seinem Literaturverzeichnis als Erscheinungsjahr 1914. Ein Erscheinungsdatum nach 1910 erscheint realistischer als das Jahr 1910: Es kann angenommen werden, dass zwischen beiden Bänden ein längerer Zeitraum gelegen haben muss, denn in der am Ende des Buches enthaltenen Verlagswerbung findet sich auch ein Hinweis auf Die Weltensegler mit Auszügen aus in mehreren Zeitungen und Zeitschriften erschienenen Buchbesprechungen. Die Einleitung der Verlagsanzeige lässt ebenfalls auf einen größeren zeitlichen Abstand schließen. Die beiden Weltensegler-Erzählungen sind übrigens auch zusammen in einem Band veröffentlicht worden, und zwar unter dem Titel Im Luftschiff nach dem Mars. Die Weltensegler & Vom Mars zur Erde (Stuttgart: Levy & Müller o. J. [etwa 1927]). Ferner gab es eine von Catharina A. Visser übersetzte niederländische Ausgabe nur des Romans Die Weltensegler unter dem Titel Per luchtschip „De Argonaut“ naar Mars (Bussum: Sleeswijk o. J. [1909]) mit sechs Bildtafeln von André Cornelis Vlaanderen. Der Roman erschien nochmals um 1923 im Amsterdamer Verlag Johannes Müller, allerdings mit nur vier Bildtafeln. Es muss allerdings erwähnt werden, dass Vlaanderen keine eigenständigen Zeichnungen geschaffen, sondern lediglich Fritz Bergens Tondruckbilder in holzschnittartige Zeichnungen umgewandelt hat. Die Weltensegler Die „Weltensegler“, das sind sieben Professoren von der schwäbischen Universität Tübingen, die in der Mitte des 20. Jahrhunderts mit dem gleichnamigen Luftschiff eine Reise zum Mars unternehmen, wobei sie den Mond passieren und kurz vor der Landung noch den Marsmond Phobos streifen. Auf dem Mars, wo sie menschenähnliche Wesen (Marsiten) antreffen, die nach Kleidung und nach den von ihnen bewohnten Gebäuden an Menschen der Antike erinnern, verbringen die „Weltensegler“ zwei (nicht etwa drei; vgl. S. 330) Jahre, die sie nutzen, um die aus ihrer Sicht ideale Lebensweise der Marsiten zu studieren und den Planeten zu erkunden. Schließlich kehren sechs der Reisenden auf die Erde zurück, während einer von ihnen, der Professor der Ethik und Theologie Fridolin Frommherz, beschließt, auf dem Mars zu bleiben. Seine Erlebnisse und schließliche Rückkehr zur Erde sind Gegenstand des Fortsetzungsbandes Vom Mars zur Erde. Das für die „reifere Jugend“ bestimmte Buch ist, was die technischen und astronomischen Erkenntnisse angeht, schon seit langem überholt: Das Luftschiff war Anfang des 20. Jahrhunderts, besonders angesichts der spektakulären Flüge des Grafen Zeppelin (im Sommer 1909 flog er übrigens mit dem LZ III nach Berlin, wo er, wie übrigens auch schon früher über dem Cannstatter Wasen [!], von einer begeisterten Menschenmenge empfangen und vom Kaiser begrüßt wurde), zwar sehr populär, war und ist als Fahrzeug für eine Reise durch den Weltraum zu einem anderen Himmelskörper aber ebenso wenig geeignet wie ein sonstiges Flugzeug oder auch ein aus einer Riesenkanone abgeschossenes Projektil, wie es Jules Verne thematisierte. Man sollte dem Verfasser Albert Daiber aber zu Gute halten, dass die Kenntnisse über die Grundlagen der wissenschaftlichen Astronautik erst Anfang der 1920er Jahre publiziert worden sind: Konstantin E. Ziolkowskis Schrift Die Erforschung des Weltraums mit Reaktionsapparaten erschien erst 1903 in der Moskauer ‚Wissenschaftlichen Rundschau‘ und wurde — wie seine weiteren Schriften — erst wesentlich später und auch nur teilweise im Ausland bekannt, Robert H. Goddards Schrift A Method of Reaching Extreme Altitudes erschien erst 1919 als Institutsschrift und hatte nur eine geringe Verbreitung; erst Hermann Oberths grundlegendes Werk Die Rakete zu den Planetenräumen (München: R. Oldenbourg 1923) präsentierte eine in sich geschlossene und wissenschaftlich begründete Theorie der Astronautik, an der sich spätere Schriftsteller messen lassen mussten. Sieht man von diesen naturwissenschaftlich-technischen Rahmenbedingungen ab, so bietet das Buch auch heute noch ein unterhaltsames Lesevergnügen. Und Claus Ritter betont: „Vom gegenwärtigen Stand der Utopieforschung aus gesehen ist Dr. Albert Daiber der einzige Autor, welcher das im Württembergischen vom Grafen Zeppelin erfundene Starrluftschiff dazu benutzte, um die frohe Botschaft von einer unkriegerischen hochzivilisierten Menschheitsordnung den Erdenkindern einzufliegen.“ Daiber hat viel Herz und Gemüt in die Handlung gelegt, so schon zu Beginn, wenn er den Start des „Weltenseglers“ vom „Cannstatter Wasen“, einem Volksfestplatz am Neckar in Bad Cannstatt (heute Teil der Landeshauptstadt Stuttgart), erfolgen lässt, und auch ansonsten, wenn er die Hauptfigur des Romans, Dr. Siegfried Stiller, Professor an der Tübinger Landesuniversität, der ein Haus in Cannstatt bewohnt, mehrfach das „liebe Schwabenland“ loben lässt. Die Vor- und Nachnamen der sieben „Weltensegler“ (Wer denkt da nicht gleich an die „Sieben Schwaben“?) beginnen übrigens sämtlich mit jeweils gleichem Buchstaben: Es sind, außer dem geistigen Vater und Leiter der Expedition, Professor Dr. Siegfried Stiller (Astro no mie, Physik und Chemie), die Professoren Dres. Paracelsus Piller (Medizin und allgemeine Naturwissenschaft), David Dubelmeier (Juris prudenz), Bombastus Brummhuber (Philosophie), Hieronymus Hämmerle (Philologie), Theobald Thudium (Nationalökonomie) und schließlich Fridolin Frommherz (Ethik und Theologie). Der Untertitel lautet zwar „Drei Jahre auf dem Mars“, doch dauert der Aufenthalt nach dem Handlungsablauf nur zwei Jahre: Das Luftschiff startet an einem 7. Dezember. Der Rückflug wird zwei Jahre später, ebenfalls am 7. März („am zweiten Jahrestage ihrer Landung auf dem Mars“) angetreten und endet mit der Landung auf der Erde (übrigens auf Matupi, einer Insel des in deutschem Kolonialbesitz befindlichen Bismarck-Archipels, das Daiber 1900 selbst bereist hat, wo die Reisenden von einem schwäbischen Landsmann empfangen werden) am 31. August. Der Expeditionsleiter, Professor Stiller, spricht in einem Telegramm folgerichtig auch von zwei Jahren Aufenthalt. Die Reise insgesamt hat also zwei Jahre und neun Monate gedauert, also nahezu drei Jahre, der Aufenthalt auf dem Mars dagegen genau zwei Jahre. Dies bestätigt Daiber selbst, indem er auf der Originalseite 114 des Folgebandes Vom Mars zur Erde die Inschrift eines Gedenksteins auf dem Cannstatter Wasen zitiert: „Nach nahezu dreijähriger Abwesenheit und zweijährigem Aufenthalt auf dem Mars ...“ (siehe S. 288). Vom Mars zur Erde Während sechs der sieben „Weltensegler“ auf die Erde zurückgekehrt sind, ist einer von ihnen, der Professor der Ethik und Theologie Fridolin Frommherz, auf dem Mars geblieben. Seine Erlebnisse auf dem Mars und seine Rückkehr zur Erde nach fast 14 Jahren sind Gegenstand des Fortsetzungsbandes Vom Mars zur Erde. Daiber hat offenbar auch sich selbst gespiegelt, indem er den ein wenig verzagten Fridolin Frommherz auf dem Mars (in Chile?) innerlich wachsen lässt. Bei jeder Interpretation besteht die Gefahr, mehr in einen Text hinein zu „geheimnissen“, als der Verfasser – bewusst oder unbewusst – hinein gegeben hat. Dennoch ist es nicht nur ein unbestimmtes Gefühl, das in dem unvollkommenen, suchenden Fridolin Frommherz den von der Freimaurerei enttäuschten, aber (mit immerhin etwa 57 Jahren) noch immer suchenden Albert Daiber und im väterlich-weisen Professor Siegfried Stiller und dem weisen Marsiten Eran den verehrten und in der Heimat hoch geachteten Vater Karl Heinrich Daiber zu erkennen glaubt: Fridolin Frommherz und Albert Daiber haben beide am 26. September Geburtstag.