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In der Moderne dominierte der Glaube, die Welt ließe sich gestalten und der Fortschritt sorge quasi automatisch für ein besseres Morgen. Erderwärmung, Wachstumskrise und subjektive Überlastungen haben diesen Optimismus erschüttert. Heute geht es in erster Linie darum, die Katastrophe abzuschwächen. Und selbst wenn dies gelingen sollte, werden wir mit dem Wandel umgehen müssen. Fragen der Selbsterhaltung überlagern dann jene der individuellen und kollektiven Selbstentfaltung. Anpassung wird zum Leitmotiv der Gesellschaft.
Auch die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass wir im Angesicht der
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Produktbeschreibung
In der Moderne dominierte der Glaube, die Welt ließe sich gestalten und der Fortschritt sorge quasi automatisch für ein besseres Morgen. Erderwärmung, Wachstumskrise und subjektive Überlastungen haben diesen Optimismus erschüttert. Heute geht es in erster Linie darum, die Katastrophe abzuschwächen. Und selbst wenn dies gelingen sollte, werden wir mit dem Wandel umgehen müssen. Fragen der Selbsterhaltung überlagern dann jene der individuellen und kollektiven Selbstentfaltung. Anpassung wird zum Leitmotiv der Gesellschaft.

Auch die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass wir im Angesicht der Interdependenz und der ökologischen Gefahren nicht länger der grenzenlosen Emanzipation huldigen können. Stattdessen, so Philipp Staab, wird die nächste Gesellschaft vor allem mit der Stabilisierung einer prekär werdenden Ordnung befasst sein. Daraus resultiert allerdings eine Krise des Selbst- und Zeitverhältnisses, auf die auch die Linke eine Antwort finden muss.
Autorenporträt
Philipp Staab, geboren 1983, ist Professor für die Soziologie der Zukunft der Arbeit an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Uwe Justus Wenzel liest mit Interesse, wie Philipp Staab gesellschaftliche Leitideen umreißt. Für den Berliner Soziologen haben prominente Begriffe wie Fortschritt und Emanzipation ausgedient, statt Selbstentfaltung rücke angesichts multipler Krise die Selbsterhaltung in den Vordergrund. Dass Staab mit seinem "defensives Weltverhältnis" ausgerechnet die Anpassung in den Mittelpunkt seiner Überlegungen rückt, die Generationen von Soziologen als Freiheitsverzicht und Unterwerfung verschmähten, findet Rezensent Wenzel durchaus reizvoll, zumal Staab deutlich macht, dass es ihm weniger um eine Ablösung als um einen Ausgleich gehe. Allerdings wüsste der Rezensent noch gern, ob der Soziologe am Ende das Bedürfnis nach einer "protektiven Technokratie", die er bei Polizisten ebenso erkannt haben möchte wie bei Klimaaktivisten, auch in sich selbst erspürt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.10.2022

Ciao,
Fortschritt
Philipp Staab hat die Generation
Fridays for Future erforscht – und eine extrem
beunruhigende Entdeckung gemacht
u den absurderen Konstellationen der Gegenwart gehört, dass der Mineralölkonzern Shell seit knapp 70 Jahren eine viel zitierte Langzeitstudie zu den Ängsten, Werten und politischen Ziele junger Menschen fördert. Obwohl der Konzern einer Berechnung zufolge in den vergangenen 50 Jahren am Ausstoß von knapp 32 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent beteiligt war, fragen regelmäßig Soziologen und Jugendforscherinnen in seinem Namen deutsche Jugendliche, was sie sich von der Zukunft erhoffen. Eine interessante Information dazu findet man in Philipp Staabs neuem Buch „Anpassung. Leitmotiv der nächsten Gesellschaft“.
Seit Mitte der Achtziger ist die Antwort nämlich mehrheitlich „nicht viel“ gewesen; die Konsequenz war eine starke Gegenwartsbezogenheit junger Menschen. Schon damals, berichtet Staab, hätten politisch aktive Jugendliche nicht mehr das Gefühl gehabt, im größeren Stil etwas zum Besseren verändern zu können, sie hätten nur gehofft, das Schlimmste an einigen Stellen zu verhindern. In den Neunzigern und Nullerjahren verhärtet sich dieses mangelnde Wirksamkeitsgefühl zu einer hyperpragmatischen, tendenziell unpolitischen Mentalität, die sich stark auf Selbst-Verbesserung fokussierte. Erst seit 2015 richten sich Jugendliche wieder verstärkt auf die Zukunft aus, in dem Sinne, dass sie sich etwas von ihr erhoffen, aber zugleich in brennender Sorge um den zunehmend prekären Zustand des Planeten sind, auf dem sie weiter leben müssen.
Philipp Staab, an der Humboldt Universität Professor für die Soziologie der Arbeit, interessiert sich besonders für die Kohorte der klimabewegten jungen Menschen: In „Anpassung“ geht es ihm um die Frage, wie jene „nächste Gesellschaft“ sich selbst, ihre Ziele und ihre Motivationen definieren kann, wenn ihr „Fortschritt“ als Leitbegriff auf Grund der menschgemachten Probleme nicht mehr zur Verfügung steht. Insbesondere die Jungen, die sich im Rahmen von Fridays For Future und anderem Klimaschutz-Aktivismus engagieren, sieht er als „Generationen-Elite“ der Zukunft, vergleichbar mit den Achtundsechzigern oder der Wiederaufbau-Generation. Anders als diese verbinde die neue Generation jedoch weniger ein gemeinsamer Erfahrungskontext, als vielmehr „gemeinsame Zukunftsängste“, die „Erwartung von Selbsterhaltungsproblemen“ auf einem überhitzten, ausgelaugten Planeten.
Die kommende Gesellschaft sieht Staab als eine, die sich notwendigerweise vom Leitmotiv der „Selbstentfaltung“ zugunsten der „Selbsterhaltung“ verabschieden muss. Ökologisch und systemisch befänden wir uns an einem Punkt, so Staab, an dem das moderne Subjekt einsehen müsse, dass es „seine eigene Steuerungsfähigkeit massiv überschätzt“ hat: Nicht das Gestalten der Umstände, sondern das Zurechtkommen mit ihnen steht in ihrem Zentrum. Pandemie, Klimawandel, spätkapitalistische Verheerungen und jetzt auch noch Krieg in Europa machten es notwendig, den Blick auf das Wesentliche zu lenken: Wenn plötzlich kein Weizenmehl mehr im Supermarkt ist, wird interessant, woher das Weizenmehl eigentlich kommt. Dann folgt die Frage, ob und wie man mit weniger oder anderem Mehl zurechtkommt.
Womit wir bei der Anpassung wären. Anpassung ist ein außerordentlich gut gewählter Analyse-Gegenstand für die gegenwärtige soziopolitische Lage. In diesem Begriff schillern sämtliche (Über-)Forderungen der Gegenwart auf, und alle Facetten des modernen Selbstverständnisses: Angepasstes Unangepasstsein ist in der von Andreas Reckwitz ausgerufenen Singularitätsgesellschaft die Währung schlechthin; die wenigsten würden von sich sagen, dass sie sich gern anpassen, die meisten tun es trotzdem , aber selten aktiv: „Anpassung ist Normalzustand und Bedingung des beschleunigten Lebens“, schreibt Staab. Wir laden uns nun doch die App herunter, weil wir sonst nicht in den Laden kommen. Wir ziehen die Maske auf, weil man das jetzt eben so macht. Wir lernen das neue Content-Management-Programm, weil wir sonst unseren Job nicht machen können. Wir betreuen während der Arbeit die Kinder, weil alle Erzieherinnen krank sind.
An diesen Beispielen fällt nun sicherlich auf, dass sie alle eher negativ sind. Staab ist daran gelegen, genau diese Assoziation zu brechen, die er auch als Ergebnis ideologischer Soziologie sieht: „Ein aktualisiertes Verständnis von Anpassung skizziert (...) eine eigene Perspektive der Freiheit. Denn mit der Ablösung des kulturellen Primats der Selbstentfaltung können auch spätmoderne Selbstverwirklichungszumutungen in den Hintergrund treten“. Sprich: Wer nicht mehr glaubt, das meiste für sich herausholen zu können, der glaubt auch nicht mehr, es andauernd zu müssen.
Staab geht es allerdings in seinem Buch weniger darum, konkrete Szenarien zu entwerfen. Ihn interessiert vor allem die Umdeutung des Anpassungsbegriffs. Eine zentrale Fehlannahme von Freiheits- und Emanzipationssoziologie ist seiner Ansicht nach, dass die Idee von gesellschaftlichem Fortschritt in der Gesellschaft noch irgendeine relevante Rolle spiele. Der Fortschrittsgedanke fungiert nur mehr als analytische Krücke: „Sogar in der gesellschaftswissenschaftlichen Dystopie, einem äußerst beliebten Genre der kritischen Soziologie bleibt sie dem Programm des Fortschritts treu, denn Verluste und Rückfälle sind nur vor dem Hintergrund enttäuschter Erwartungen in der Lage, jene Empörung zu erzeugen, von der sich diese Strömung nährt.“
Fortschritt als übergeordnetes Ziel verliere aber in der Realität bei immer mehr Menschen, die sich in den stinknormalen Sphären des täglichen Rattenrennens bewegen, zunehmend an Strahlkraft. Das gleiche gilt, und das ist der wirklich ernüchternde Teil von Staabs Buch, allerdings auch für die Demokratie. Auch von ihr scheint sich der Teil der Gesellschaft, der schon längst mit dem Zurechtkommen befasst ist, immer weniger zu versprechen. Demokratie, mit ihren langen Prozessen, ihren irrationalen Elementen, ihrem Primat der Meinungsbildung im Gegensatz zur Expertise scheint einem wachsenden Teil gesellschaftlicher Generationeneliten nicht mehr anpassungsfähig genug zu sein.
Staab konstatiert eine zunehmende Orientierung an technokratischer Politik, die er unter anderem im Fridays-for-Future-Slogan „Believe science“ ausmacht: Die Wissenschaft werde als einen Art überpolitische Kraft begriffen, die mit ihren Modellen, Berechnungen und Erkenntnissen verlässlichere Grundlagen für den Überlebenskampf zu liefern verspreche, als es etwa die schnöde Interessenspolitik tue. Deutlich wird das im letzten, sehr erhellenden Teil des Buchs, für den Staab Interviews mit Beschäftigten der „systemrelevanten Berufe“ geführt hat, die am Arbeitsplatz zuletzt enorm hohe Anpassungsleistungen erbringen mussten.
Polizistinnen, Krankenpfleger und Erzieherinnen fragt er etwa nach ihrer Wahrnehmung der Pandemiepolitik und der gesellschaftlichen und politischen Reaktionen darauf. In ihren Antworten beklagen sie immer wieder, dass Entscheidungen zu lange gedauert hätten; dass zu viele Interessen und Sonderanliegen berücksichtigt worden seien; dass „der Staat“ nicht klarer und härter in seinen Maßnahmen gewesen sei. Und so wirft Staabs Buch am Ende eine noch viel größere, noch beunruhigendere Frage auf: Für wie systemrelevant wird die nächste Gesellschaft die Demokratie wohl halten?
MEREDITH HAAF
Das moderne Subjekt hat „seine
eigene Steuerungsfähigkeit
massiv überschätzt“
Die Dunkle Seite: Auch
die Demokratie verliert
an Strahlkraft
Philipp Staab:
Anpassung
– Leitmotiv der nächsten
Gesellschaft.
Suhrkamp, Berlin 2022. 240 Seiten, 18 Euro.
Was ist aus der Buchhandlung Ihrer Kindheit geworden, Edgar Selge?
Die Buchhandlung Wolf in Herford? Hat sich kaum verändert. Wenn ich in der Stadt mal zu Besuch bin, bleib ich vorm Schaufenster stehen. Wie früher. Denke dann,
dass ich dem Laden noch Geld schulde. Wegen der entwendeten Bücher.
Edgar Selge („Hast du uns endlich gefunden“) bei CoLibris in München
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.01.2023

Handreichung zum Weltbildwechsel
Überstehen ist alles: Philipp Staab stellt geläufige gesellschaftliche Leitideen außer Dienst

Talkshows - und das mag ihre Existenz sogar rechtfertigen - fungieren als Resonanzverstärker und bringen im televisionären Quasselmodus gelegentlich kollektive Gemütslagen zum Ausdruck. In einer solchen Unterhaltungssendung, in der es um militante Formen des Klimaprotests ging, musste sich vor einiger Zeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen eine Aktivistin der sogenannten "Letzten Generation" eine Gardinenpredigt des Talkmasters anhören. Der nicht eben moderate Moderator schüttelte den Kopf über das angeblich apokalyptische Menschenbild der jungen Frau und hielt ihr vor: "Sie müssten optimistisch sein und Vertrauen haben in die Fähigkeit zur Anpassung."

Wäre Philipp Staabs Buch "Anpassung" nicht schon vor jener Gesprächsrunde erschienen, könnte es gut mit der geschilderten Szene beginnen. Allerdings hatte der Talkmaster kaum diejenige Anpassung im Sinn, welche das Buch laut Untertitel als "Leitmotiv der nächsten Gesellschaft" in den Blick rückt. Viel eher schien sich da vor der Kamera ein gereizter Zweckoptimismus Luft zu machen, der die allzu menschliche Neigung zum Durchwursteln für die nötige Zukunftskompetenz zu halten bereit ist. Staab stellt ebensolches Irgendwie-doch-weiter-so-wie-bisher infrage; und die Zuversicht, die er vielleicht seinerseits hegt, wäre wohl eine reflexive zu nennen. Die titelgebende Anpassung müsste jedenfalls, so sie zum allgemeinen Betriebsmodus der Gesellschaft würde, das Selbstverständnis der Menschen wesentlich verändern.

Der Autor ist ein Soziologe, der sich von der kritischen Durchleuchtung kursierender Leitbegriffe und Leitvorstellungen gegenwartsanalytischen Aufschluss erwartet. Einige prominente wie "Fortschritt", "Individualisierung", "Emanzipation", "Demokratisierung" gehören in seiner Perspektive inzwischen zum Vokabular des Weiterwurstelns. Staab nennt es anders, er spricht von einer "modernen Semantik", die ins Leere laufe, wenn es zu erkennen gelte, was aus unserer Gesellschaft werden könnte - einer Lebensform, die in eine permanente "multiple Krise" geraten zu sein scheine. Die alten Großbegriffe, soll dies heißen, begreifen nicht mehr genug und eröffnen auch keine Handlungsmöglichkeiten, können mithin keine orientierenden Begriffe mehr sein. Insoweit darf der Leser sich an die auch nicht mehr ganz junge Erzählung vom Ende der "Großen Erzählungen" erinnert fühlen.

Anders als die damaligen philosophischen Protagonisten der Postmoderne scheint Staab nach einem doch auch eher großformatigen Ersatz sinnstiftender Narrative Ausschau zu halten und entsprechend vollmundiges Vokabular in Umlauf bringen zu wollen. Seine Eingangsthese einer Ablösung der diensthabenden Leitideen formuliert er als leicht suggestive Frage: Könnte es sein, dass "nicht Selbstentfaltung, sondern Anpassung, nicht Progression, sondern Selbsterhaltung" das "eigentliche Leitmotiv" unserer im Umbruch befindlichen Gesellschaft bilden?

Staab behauptet selbstredend nicht, es handle sich bei Anpassung um ein gänzlich neuartiges Phänomen. Im Gegenteil, sie stellt für ihn das "basale Problem von Gesellschaft schlechthin" dar, das sich nur verschärft, seit die menschliche Zivilisation ihre planetarischen Existenzvoraussetzungen zu zerstören begonnen hat - und sich als schlecht angepasst erweist. Politische und soziale Praktiken der Anpassung hätten als explizite Strategien indes längst Platz gegriffen, nicht nur angesichts der aufdringlicher werdenden Klimakatastrophe, auch mit der Finanzmarktkrise und vollends mit der Covid-Pandemie, die sich als "Generalprobe zukünftiger Adaptionskrisen" verstehen lasse. In die gleiche Richtung - diejenige einer Umstellung auf ein "defensives Weltverhältnis" - weise auch die Konjunktur des Begriffs "Resilienz", die bereits vor der Jahrtausendwende eingesetzt habe. Leider aber erkenne die "kritische Soziologie der Gegenwart" den Realitätsgewinn, den der Weltbildwechsel mit sich bringe, noch nicht so ganz an; in den Spuren der "klassischen Soziologien der Freiheit" denkend, schwanke sie "zwischen Ideologieverdacht und Trauerarbeit".

Manche Zunftkollegen, so Staab, kultivierten einen nachgerade "denunziatorischen Blick" und setzten Anpassungsfähigkeit mit Freiheitsverzicht und Unterwerfung unter ein Regime neoliberaler Biopolitik gleich (Stichwort "Selbstoptimierung"). Demgegenüber glaubt er, dass Anpassung als individuelle wie kollektive Strategie zwar opportunistisch, nicht aber konformistisch sein müsse: dass aus notwendig werdenden Anpassungspraktiken neue "Spielräume der Lebensführung" hervorgingen - wenn auch nicht ohne soziale Kämpfe um knappe Ressourcen aller Art und auch nicht ohne "Konflikte um Sinnbezüge".

Der Autor verabschiedet bei Licht besehen Freiheit und Selbstbestimmung als Orientierungsbegriffe nicht, er sammelt vielmehr Indizien, die für die Möglichkeit eines Ausgleichs oder Ineinandergreifens von Freiheit und Anpassung, Selbsterhaltung und Selbstentfaltung sprechen. ("Selbsterhaltung" erörtert Staab allerdings nicht näher, obgleich der Begriff einiges hergäbe; in der Philosophiegeschichte der Neuzeit spielt er eine bedeutende Rolle für die Konzeption eines mit Freiheit und Freiheitsrechten ausgestatteten Subjekts.) Zu den Indizien zählen auch Gesellschaftsbilder, die der Soziologe anhand von Interviews nachzeichnet, die während der Pandemie mit Beschäftigten im deutschen Gesundheits-, Erziehungs- und Sicherheitssektor geführt wurden. Es werden "kollektive Imaginationen" erkennbar, die einen beunruhigenden Fluchtpunkt besitzen. Staab glaubt die "Sehnsucht nach einer protektiven Technokratie" zu erspüren, nach einer im Grunde entpolitisierten Gesellschaft, die Expertenherrschaft und sinnstiftende individuelle Teilhabe an kollektiver Selbsterhaltung (einschließlich einer gewissen spielerischen Experimentierfreude) miteinander verbindet - und die, wer weiß, sogar "mit dem Selbstzweck der Kapitalakkumulation grundsätzlich bräche".

Das Buch hat mit der "protektiven Technokratie" einen veritablen zweiten Brennpunkt, der Stoff für ausführlichere Gedankengänge böte. Wenn Philipp Staab sie dereinst unternehmen sollte, wird vielleicht auch deutlicher, ob er die fragliche Sehnsucht nach protektiver Technokratie nicht nur erspürt, sondern auch als seine eigene verspürt. UWE JUSTUS WENZEL

Philipp Staab: "Anpassung". Leitmotiv der nächsten Gesellschaft.

Suhrkamp Verlag, Berlin 2022. 240 S., br., 18,- Euro.

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»Philipp Staab legt mit Anpassung Sonden in die Gesellschaft der Zeitenwende, die bei der Vorbereitung auf die Zukunft hilfreich sind - und deren gelegentlich überraschende Wendungen die Warnung enthalten, nicht mit ein paar großformatigen Konzepten schon begriffen zu haben, was vor uns liegt.« Mathias Greffrath Deutschlandfunk Kultur 20221112