Die Studie stellt - teils satirisch - eine Philosophie in Frage, die trotz aller kunstreichen Verbalität und schwierigen Gedankenführung letztendlich doch nur auf die Befriedung emotionalen Wollens: auf eine Wirklichkeit, eine Ewigkeit und eine erkennbare Ordnung, gerichtet und demzufolge in Illusion ist.
Der wollende Mensch ist zutiefst seinem archaisch-hedonistischen Erbe verpflichtet. Seine Vernunft steht ganz genau so im Dienste des Überlebenwollens wie der Verstand auch. Dieser zielt darauf, gewissermaßen die Anforderungen des täglichen Überlebens zu bewältigen, jene liefert sozusagen die abstrakten Überlebensentwürfe.
Der Philosophie ist vorzuwerfen, daß sie aus Unzufriedenheit mit dem, was ist, religionsgleich in eine zwar unbewiesene, jedoch inständig erhoffte Scheinwelt abhebt und außerhalb des real Wahrnehmbaren ein metaphysisch Transzendentes begründet, um in dessen grundsätzlicher Unerkennbarkeit allerhand Widersprüche und Problemfelder aufzuheben, womit der ohnehin vorhandene Hang, Schwierigkeiten zu verdrängen resp. illusionär zu behandeln, nur noch verstärkt wird.
Der Verfasser schlägt einen Bogen vom Ausspruch des altgriechischen Dichters Alkaios "Aus Nichts wird Nichts", der so gut ein Fundament der Philosophie hätte werden können, hin zu den Hypothesen des englischen Quantenphysikers Stephen Hawking, wonach die Gesamtenergiemenge - und damit auch die Gesamtmateriemenge - des Universums exakt gleich Null sei: Wenn aus Nichts nur Nichts wird, kann selbstverständlich auch diese unsere Welt nur in sich nichtig sein, und alles philosophische Fragen begönne in der Folge dieser Einsicht abermals ganz von vorn.
An die Stelle eines schöpferischen Überwesens, an die Stelle des aristotelischen ersten, selbst unbewegten Bewegers oder eines ersten Grundes träte für ein aus dem Quantenvakuum erwachsenes Weltengebilde schlicht Zufall.
Zufall, fortwirkend auf der tiefsten Ebene in quantenphysikalischen Ereignissen, hebt alle streng gültige Kausalität auf, läßt die Zukunft unbestimmt werden und entzieht so rückblickend der platonischen Lehre vom Eidos den Boden: Für ein endliches, in seiner Entwicklung unbestimmtes Universum kann es keine ewigen Urbilder geben.
Aufgehoben alle unveränderliche Substanz als Träger des Geschehens, aufgehoben auch der Kantsche Dualismus zwischen einer Welt als Erscheinung und einem Ding an sich: Über das hinaus, was jemandes Erscheinung werden kann, ist nur Nichts sonst noch: alle Transzendenz, deren einziger Zweck wäre, bloßes Nichts zu erzeugen, reines Wunschgebilde.
Hinfällig die Trennung von Leib und Seele, von Körper und Geist, die Einheit des Selbstbewußtseins im individuellen Ich als einem Singular ebenso Illusion wie der allwaltende Hegelsche Weltgeist; es gälte, unser Ich aus dem Plural der es repräsentierenden neuronalen Funktionen in evolutionshistorischer Sichtweise, in der die "reine Vernunft" eines Kant zu bloßer Fiktion wird, ganz neu zu begreifen.
Welch ungeahnte Möglichkeiten eröffneten sich der Philosophie, der man heutzutage nachsagt, sie sei durch Schwund und Auflösung gekennzeichnet; wir wären wieder hineinversetzt in die Zeit vorsokratischer Philosophie, in die Sturm- und Drangzeit des Beginnens, lange vor dem spätestens mit Platon einsetzenden Rückzug in einen mythischen Winterschlaf; abermals könnten wir den Versuch erneuern, den Mythos durch den Logos, hoffnungsgebundenes durch gezielt hoffnungsfreies Denken zu ersetzen.
Jedoch: Entziehen wir womöglich mit dem Postulat eines in sich nichtigen, endlichen, unbestimmten und zweckfreien Universums eben dieser leben wollenden Intention und damit auch uns selbst quasi den Boden und heben damit das auf, was uns im Innersten ausmacht?
Zum Autor/Herausgeber: Wilfried Kähler, geboren 1936, lebt als freischaffender Künstler in Kiel und leitet die Ortsvereinigung Kiel-Hamburg in der Schopenhauer-Gesellschaft. Buchpublikationen bei K&N: "Nichts", 1977.
Zielgruppe: Alle philosophisch interessierten Leser
Der wollende Mensch ist zutiefst seinem archaisch-hedonistischen Erbe verpflichtet. Seine Vernunft steht ganz genau so im Dienste des Überlebenwollens wie der Verstand auch. Dieser zielt darauf, gewissermaßen die Anforderungen des täglichen Überlebens zu bewältigen, jene liefert sozusagen die abstrakten Überlebensentwürfe.
Der Philosophie ist vorzuwerfen, daß sie aus Unzufriedenheit mit dem, was ist, religionsgleich in eine zwar unbewiesene, jedoch inständig erhoffte Scheinwelt abhebt und außerhalb des real Wahrnehmbaren ein metaphysisch Transzendentes begründet, um in dessen grundsätzlicher Unerkennbarkeit allerhand Widersprüche und Problemfelder aufzuheben, womit der ohnehin vorhandene Hang, Schwierigkeiten zu verdrängen resp. illusionär zu behandeln, nur noch verstärkt wird.
Der Verfasser schlägt einen Bogen vom Ausspruch des altgriechischen Dichters Alkaios "Aus Nichts wird Nichts", der so gut ein Fundament der Philosophie hätte werden können, hin zu den Hypothesen des englischen Quantenphysikers Stephen Hawking, wonach die Gesamtenergiemenge - und damit auch die Gesamtmateriemenge - des Universums exakt gleich Null sei: Wenn aus Nichts nur Nichts wird, kann selbstverständlich auch diese unsere Welt nur in sich nichtig sein, und alles philosophische Fragen begönne in der Folge dieser Einsicht abermals ganz von vorn.
An die Stelle eines schöpferischen Überwesens, an die Stelle des aristotelischen ersten, selbst unbewegten Bewegers oder eines ersten Grundes träte für ein aus dem Quantenvakuum erwachsenes Weltengebilde schlicht Zufall.
Zufall, fortwirkend auf der tiefsten Ebene in quantenphysikalischen Ereignissen, hebt alle streng gültige Kausalität auf, läßt die Zukunft unbestimmt werden und entzieht so rückblickend der platonischen Lehre vom Eidos den Boden: Für ein endliches, in seiner Entwicklung unbestimmtes Universum kann es keine ewigen Urbilder geben.
Aufgehoben alle unveränderliche Substanz als Träger des Geschehens, aufgehoben auch der Kantsche Dualismus zwischen einer Welt als Erscheinung und einem Ding an sich: Über das hinaus, was jemandes Erscheinung werden kann, ist nur Nichts sonst noch: alle Transzendenz, deren einziger Zweck wäre, bloßes Nichts zu erzeugen, reines Wunschgebilde.
Hinfällig die Trennung von Leib und Seele, von Körper und Geist, die Einheit des Selbstbewußtseins im individuellen Ich als einem Singular ebenso Illusion wie der allwaltende Hegelsche Weltgeist; es gälte, unser Ich aus dem Plural der es repräsentierenden neuronalen Funktionen in evolutionshistorischer Sichtweise, in der die "reine Vernunft" eines Kant zu bloßer Fiktion wird, ganz neu zu begreifen.
Welch ungeahnte Möglichkeiten eröffneten sich der Philosophie, der man heutzutage nachsagt, sie sei durch Schwund und Auflösung gekennzeichnet; wir wären wieder hineinversetzt in die Zeit vorsokratischer Philosophie, in die Sturm- und Drangzeit des Beginnens, lange vor dem spätestens mit Platon einsetzenden Rückzug in einen mythischen Winterschlaf; abermals könnten wir den Versuch erneuern, den Mythos durch den Logos, hoffnungsgebundenes durch gezielt hoffnungsfreies Denken zu ersetzen.
Jedoch: Entziehen wir womöglich mit dem Postulat eines in sich nichtigen, endlichen, unbestimmten und zweckfreien Universums eben dieser leben wollenden Intention und damit auch uns selbst quasi den Boden und heben damit das auf, was uns im Innersten ausmacht?
Zum Autor/Herausgeber: Wilfried Kähler, geboren 1936, lebt als freischaffender Künstler in Kiel und leitet die Ortsvereinigung Kiel-Hamburg in der Schopenhauer-Gesellschaft. Buchpublikationen bei K&N: "Nichts", 1977.
Zielgruppe: Alle philosophisch interessierten Leser