Conde, Ex-Polizist mit literarischen Ambitionen, ermittelt wieder, diesmal in seinem 10. Fall, der ihn quer durch alle Schichten Kubas führt: Neureiche, Intellektuelle, Künstler, Staatsfunktionäre, einfache Hausangestellte oder Menschen aus ärmlichsten Verhältnissen.
„Anständige Leute“ spielt zur
Zeit des Obama-Besuchs in Kuba, 2016, der Auftritt der Rolling Stones steht kurz bevor und das ganze…mehrConde, Ex-Polizist mit literarischen Ambitionen, ermittelt wieder, diesmal in seinem 10. Fall, der ihn quer durch alle Schichten Kubas führt: Neureiche, Intellektuelle, Künstler, Staatsfunktionäre, einfache Hausangestellte oder Menschen aus ärmlichsten Verhältnissen.
„Anständige Leute“ spielt zur Zeit des Obama-Besuchs in Kuba, 2016, der Auftritt der Rolling Stones steht kurz bevor und das ganze Land verfällt in eine Euphorie, die der desillusionierte Conde eher kritisch betrachtet.
Es geht um die Reichen und Mächtigen, denn ermordet wird gleich zu Beginn der alte Kulturfunktionär Quevedo, der es vielen Künstlern und Kulturschaffenden z.T. unmöglich gemacht hat, ihre Kunst zu veröffentlichen oder zu verkaufen. Er selbst hat sich an den Kunstwerken bereichert, sie für viel Geld illegal verkauft oder selbst in seinem Reich dargestellt. Die Künstler wurden mundtot gemacht, es gab Veröffentlichungsverbote, Berufsverbot oder Gefängnisaufenthalte, Suizidversuche, Depressionen. Ersichtlich wird auf den ersten Blick, dass es bei einer solchen Person des öffentlichen Lebens viele Geschädigte gibt, die möglicherweise Rachegelüste verspüren. Aber auch im privaten Leben geht es hoch her, so ist das zweite Mordopfer auch sein Schwiegersohn Marcel, der eigentlich in die USA ausgewandert ist, aber sich zufälligerweise gerade aus privaten Angelegenheiten in Kuba aufhält.
Ein zweiter Handlungsstrang führt uns in das Kuba der 1910-er Jahre, Tanz auf dem Vulkan, wieder geht es um die Welt der Reichen, Schönen und Mächtigen und Schauplatz sind immer wieder Edel-Bordelle, in denen die schönsten der Frauen aus aller Herren Länder für konkurrierende Clans anschaffen. Auch in diesem Erzählstrang, der sich mit dem der Gegenwart abwechselt, gibt es einen Mord im Rotlichtmilieu. Ermittler ist hier der junge, anständige Polizist Arturo Saborit, der voller Eifer und Ideale in seinem ersten Mordfall ermittelt. Gefiltert durch seine Perspektive erfahren wir von den Ereignissen und nehmen an den Ermittlungen sowie seinen Überlegungen zu Anstand und Moral teil. Und auch in diesem Teil gibt es einen einflussreichen, charismatischen und zwielichtigen Geschäftsmann, Alberto Yarini, eine reale Gestalt, die im Zentrum steht, der sowohl Männer als auch Frauen verfallen und die seinen Aufstieg als Politiker plant.
Zwei spannende, handlungsreiche Kriminalfälle wechseln sich ab, es geht z.T. blutrünstig und direkt zu, nichts für zartbesaitete Leser. Mario Conde selbst zieht Parallelen eher zu Tarantino als zu Hemingway, seinem literarischen Vorbild, dem er – sowie sein Alter Ego Padura - sich eigentlich verpflichtet fühlt.
Leonardo Padura schafft mit diesem Roman aber mehr als nur einen Kriminalfall: Kuba selbst ist Hauptfigur, Themen sind die Korruptheit, Doppelmoral der Regierung, Repressionen, Zensur von Kunst, die Armut, der Erfindungsreichtum der Einwohner, der Wunsch zum Wandel und Überwindung der desaströsen Verhältnisse, die Schönheit des Landes und die Vielfalt der Menschen.
Ein eindrückliches Werk, das an einzelnen Stellen den alternden Conde etwas zu lang über seine Eindrücke und philosophischen Erkenntnisse deklarieren und sinnieren lässt, aber insgesamt eine klare Empfehlung für einen starken Roman, in dessen Zentrum die Liebe zu Kuba als auch der Wunsch nach politisch-gesellschaftlichen Veränderungen steht.