In der süditalienischen Provinz ist das Leben einer Tochter aus gutem Haus von Anfang an vorbestimmt. Um sich dieser vorgefassten Zukunft zu entziehen, geht Clara nach London, wo sie reichen Menschen Italienischunterricht gibt und sich mit Online-Dating die Zeit vertreibt. Aber die Hochzeit ihrer wunderschönen Cousine Rossella, die die unzertrennliche Gefährtin ihrer Kindheit war und jetzt für Brautkleider modelt, holt sie zurück nach Caserta. So findet sich Clara genau in der Welt wieder, aus der sie geflüchtet ist: Beim Junggesellinnenabschied trifft sie ihre alten Schulfreundinnen wieder und in den folgenden Tagen auch Luca, den Bräutigam, mit dem sie früher eine geheime Freundschaft verbunden hat. Plötzlich jedoch verschwindet Rossella spurlos. Und Clara, die überzeugt ist, dass ihre Cousine etwas verschweigt, stößt in deren Tagebuch auf ein Geheimnis, das die strahlende Zukunft bedroht, welche Rossella stets verkörpert hat...Olga Campofreda lüftet den Schleier, der über dem Doppelleben und den verborgenen Sehnsüchten der "anständigen" Mädchen liegt. Dem traditionellen süditalienischen Frauenbild setzt Campofreda dieGeschichte einer jungen Frau entgegen, die sich gegen schon abgenutzte Träume und Gewohnheiten auflehnt, um einen neuen, ganz eigenen Weg zu gehen, den sie Tag für Tag ganz bewusst erringen muss.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
In Olga Campofreda hat Kritikerin Christiane Pöhlmann eine "kluge Erzählerin" gefunden: Ihre Protagonistin Clara, die viel mit der Autorin gemein hat, kehrt für die Hochzeit ihrer Cousine aus London zurück in das provinzielle Caserta. Zu diesem Anlass unterzieht sie sich einer Selbstbefragung: War es eine kluge Idee, das Studium abzubrechen, nach England zu gehen, ist das Patriarchat Schuld, ist es schlimm, sich Vollzeit der Familie zu widmen? Pöhlmann gefällt, wie Campofreda ihrer Figur verschiedene Überlegungen zutraut und sie ihre Möglichkeit austestet, sich "altmodisch" zu verhalten und doch noch zu Ende zu studieren. Wie das alles ausgeht, erfährt die Rezensentin nicht und freut sich über die erzählerische Offenheit.
© Perlentaucher Medien GmbH
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