Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 25,00 €
  • Gebundenes Buch

Immer wieder haben linke und rechte Bewegungen in Europa die USA zu ihrem Feindbild erkoren. Warum? Dieser Frage gehen die Autoren des Bandes von Jan C. Behrends, Árpád von Klimó und Patrice G. Poutrus nach. Erstmals vergleichen sie dabei Antiamerikanismus in West- und Osteuropa.
Was ist Antiamerikanismus? Zwischen 1917 und den 1970er Jahren trifft man dieses Phänomen in Deutschland, Russland, Polen, Ungarn, Frankreich und Italien an, unter Linken wie Konservativen. Die ideologischen und geopolitischen Zusammenhänge wechselten - der Gegner blieb derselbe. In 14 kurzen Studien untersuchen…mehr

Produktbeschreibung
Immer wieder haben linke und rechte Bewegungen in Europa die USA zu ihrem Feindbild erkoren. Warum? Dieser Frage gehen die Autoren des Bandes von Jan C. Behrends, Árpád von Klimó und Patrice G. Poutrus nach. Erstmals vergleichen sie dabei Antiamerikanismus in West- und Osteuropa.

Was ist Antiamerikanismus? Zwischen 1917 und den 1970er Jahren trifft man dieses Phänomen in Deutschland, Russland, Polen, Ungarn, Frankreich und Italien an, unter Linken wie Konservativen. Die ideologischen und geopolitischen Zusammenhänge wechselten - der Gegner blieb derselbe. In 14 kurzen Studien untersuchen Historiker aus Europa und den USA die unterschiedlichen Formen, Gründe und Protagonisten des Antiamerikanismus der "Alten Welt". Der Band schließt mit einem Ausblick auf die Amerikafeindlichkeit im 21. Jahrhundert.

Beiträge u. a. von Konrad H. Jarausch, Markus Urban, Thomas Linden-berger, David Feest, Gábor T. Rittersporn, Gyula Virág, Vanessa Conze, Wolfgang Mueller, Marcus M. Payk, Philipp Gassert, Richard Kuisel, David E. Ellwood und Andrei S. Markovits
Autorenporträt
Patrice G. Poutrus ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.02.2006

Hassliebe und Heuchelei
Eine detailverliebte Dokumentation des Anti-Amerikanismus
USA-Kritiker haben es leicht. Ob auf Partys oder Podiumsdiskussionen – kaum eine Gesinnung garantiert so viel Konsens wie der Antiamerikanismus. Er kommt bei Arbeitern wie bei Akademikern gut an, er verbindet die Linke wie die Rechte. „Der Antiamerikanismus gleicht einem Chamäleon, das sich vielen lokalen Umständen anzupassen vermag“, heißt es in der Einleitung des vorliegenden Buchs. Konservative verabscheuen die Massenkultur, die soziale Nivellierung, für sie sind die USA ein kulturloser Parvenü. Die Linksintellektuellen sehen dort die Inkarnation des Unsozialen, der wirtschaftlichen und politischen Übermacht. Was davon ist berechtigte Kritik, was bloße Polemik?
An Aufsätzen, Analysen und Debatten über den Antiamerikanismus herrscht, besonders seit dem September 2001, kein Mangel. Das zeigen allein die zahlreichen Fußnoten, die das Buch Seite um Seite garnieren. Insofern zeugt es entweder von Mut oder von Hybris, sich dieses Themas 350 Seiten lang noch einmal zu widmen. Es kommen 16 Politologen, Historiker und Soziologen, die in Europa sowie in den USA lehren, zu Wort. Ihre Vergleichsstudie will belegen, dass es sich bei der Kritik an Amerika um ein gesamteuropäisches Phänomen handelt. Keine bahnbrechende These, aber die Grundlage einer der bisher umfangreichsten Untersuchungen zu diesem Thema – und so zeichnet sie die Geschichte des Antiamerikanismus in Österreich, Ungarn, Polen, der Sowjetunion, Frankreich sowie im Nazi- und im Nachkriegsdeutschland nach, und das detail- und beispielverliebt.
Was also macht den kleinsten gemeinsamen Nenner des Antiamerikanismus aus? Für den Zeithistoriker Konrad Jarausch (University of North Carolina) ist es eine die eigene Gemeinschaft bedrohende Moderne, eine kulturpessimistische Angst vor dem Verlust von Traditionen. Die Kritik an der kapitalistischen Moderne verschmelze den Antiamerikanismus mit dem Antisemitismus, wie der Politologe Andrei Markovits (University of Michigan) in seinem Aufsatz treffend analysiert. Amerika und die Juden gälten als Synonyme dieser Moderne: geld- und profitgierig, urban, kosmopolitisch, individualistisch, mobil, wurzellos.
Als der Antisemitismus im Nachkriegsdeutschland zum Tabu wurde, schlüpfte er unter den Deckmantel des Antiamerikanismus: „Kerry ist auch Jude!“ lautete eine Schmiererei in einer Hamburger U-Bahn-Station, darunter ein David-Stern mit einem USA-Schriftzug. Der israelische Psychoanalytiker Zvi Rex hatte einst festgestellt: „Die Deutschen werden den Juden Auschwitz nie vergeben.“ Genauso hassen, so Markovits, manche Deutsche die Amerikaner dafür, dass sie ihnen dankbar sein müssen, von den Nazis befreit worden zu sein.
Von der Hassliebe ist es ein kleiner Schritt zur Heuchelei: Anti-USA-Demonstranten in Levis-Jeans und Nike-T-Shirts, egal, ob in Berlin oder in Gaza-Stadt. Auch deutsche Neo-Nazis wettern bevorzugt in amerikanischen Bomberjacken gegen den „US-Imperialismus“, und der Nachrichtensender al-Dschasira sieht sich zwar als der arabische Anti-CNN, orientiert sich aber ästhetisch an dem US-„Vorbild“.
Das sind ein paar der wenigen Thesen, die sich aus diesem Sammelband filtern lassen, und genau das ist sein Problem. So aufschlussreich einzelne Passagen auch sein mögen, so fehlen doch die klare Aussage und der rote Faden. Alles, was das Thema streift, scheint zusammengekehrt. Das Buch hüpft zwischen Länderstudien, westeuropäischem Konservatismus, der Bombardierung Dresdens und der Neuen Linken. Und es neigt zur Redundanz. Die Kapitel sind kaum aufeinander abgestimmt, jeder Autor tritt erst mal seine Thesen zur Geschichte des Antiamerikanismus breit, was die Lektüre entsprechend ermüdend macht.
Statt jeden anti-amerikanischen Vorfall im Wien der 50er Jahre und jede Propaganda-Aktion der polnischen Kommunisten aufzuzählen, wäre eine grenz- und ideologieüberschreitende Analyse hilfreicher gewesen. Was unterschied nun eigentlich den westeuropäischen vom osteuropäischen Antiamerikanismus? Warum konnte das Neue Europa so schnell vom kommunistischen Gegner zum treuen Verbündeten Washingtons werden, Beispiel Polen oder Ukraine? Gerade hier würde die Sicht der osteuropäischen Autoren interessieren, ihre Beiträge bleiben aber zu oft zu historisch.
Antiamerikanismus, heißt es zum Schluss, werde zunehmend Teil des europäischen Selbstverständnisses. Für Westeuropa mag das zutreffen, in Mittel-Osteuropa hat ein pragmatischer Pro-Amerikanismus erst begonnen – nicht zuletzt aus historischer Angst vor Deutschland und Russland.
VIOLA SCHENZ
JAN C. BEHRENDS, ARPAD VON KLIMO, PATRICE G. POUTRUS (Hg.): Antiamerikanismus im 20. Jahrhundert. Dietz-Verlag, Bonn. 368 Seiten, 36 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Angesichts der Flut von thematisch ähnlich gelagerten Schriften zeigen die Autoren dieser Studie zum Antiamerikanismus des letzten Jahrhunderts laut Viola Schenz weder "Mut" noch "Hybris". Immerhin sei es eine der "umfangreichsten" Arbeiten zum Thema, in der 16 Autoren die Geschichte des Antiamerikanismus in Österreich, Ungarn, Polen, der Sowjetunion, Frankreich und Deutschland "detail- und beispielverliebt" nachzeichnen. So interessant einzelne Aspekte auch seien, es stört Schenz, dass es in der Vergleichsstudie keinen "roten Faden" gibt. Stattdessen entstehe der Eindruck, die Autoren hätten alles, was irgendwie mit Antiamerikanismus zu tun hat, "zusammengekehrt", wodurch so unterschiedliche Themen wie die Bombardierung Dresdens und der westeuropäische Konservatismus unverbunden nebeneinander stehen. "Ermüdend" findet Schenz die vielen Wiederholungen, die entstehen, weil die einzelnen Abschnitte "kaum aufeinander abgestimmt" wurden. Vermisst hat sie eine "grenz- und ideologieüberschreitende Analyse", die sie der detailversessenen Auflistung aller antiamerikanischen Ereignisse in Europa entschieden vorgezogen hätte.

© Perlentaucher Medien GmbH