In jedem Antikenmuseum der Welt gibt es Nachschöpfungen antiker Werke. Manche wurden in eindeutiger Fälschungsabsicht hergestellt, andere sind dagegen künstlerische Verbeugungen späterer Meister vor den Leistungen der antiken Bildhauer und Bronzegießer oder auch offizielle Auftragsarbeiten, um
enzyklopädische Sammlungen zu komplettieren und Villen auszustatten. In allen Fällen werden die Objekte…mehrIn jedem Antikenmuseum der Welt gibt es Nachschöpfungen antiker Werke. Manche wurden in eindeutiger Fälschungsabsicht hergestellt, andere sind dagegen künstlerische Verbeugungen späterer Meister vor den Leistungen der antiken Bildhauer und Bronzegießer oder auch offizielle Auftragsarbeiten, um enzyklopädische Sammlungen zu komplettieren und Villen auszustatten. In allen Fällen werden die Objekte heute meist verschämt im Depot verwahrt, sind sie doch manchmal Zeugnis eines missglückten Ankaufs. Publiziert werden sie dagegen so gut wie nie, was in vieler Hinsicht ein Versäumnis ist: Zum einen sind viele dieser Stücke Kunstwerke eigener Art, technisch auf allerhöchstem Niveau und mittlerweile selber kostbare Antiquitäten. Zum anderen ist es von besonderem Interesse, die Unterscheidungsmerkmale herauszuarbeiten, die ein antikes Original von seiner Imitation unterscheidet. Da antike Originale häufig nachantik überarbeitet wurden, insbesondere, wenn der Fund länger als 200 Jahre zurückliegt, ist die Oberflächenpatina nicht immer ein sicheres Indiz. Oft sind es verarbeitungstechnische und stilistische Charakteristika, die entscheidende Hinweise geben.
Mit dem Band V des „Katalogs der antiken Bildwerke“ ist jetzt nach über 10 Jahren der gesamte Bestand der antiken Skulpturensammlung der Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden publiziert. Insgesamt enthält der letzte Band 79 nachantike Imitationen, zumeist aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die mit der gleichen Sorgfalt dokumentiert und analysiert werden, wie die Originale.
Die Provenienz der Dresdner Stücke ist ausgesprochen gut belegt. Besonders das Inventar von Wacker (1765) ist für seine Zeit ungewöhnlich detailliert und bildet immer noch ein wichtiges Element bei der Datierung, trotz gelegentlicher Fehlinterpretationen. Die Illustrationen legen besonderen Wert darauf, die typischen Merkmale zu zeigen, die auch im Text benannt sind, wobei Frontalansicht, sowie relevante Seiten- und Rückansichten dem Leser einen guten dreidimensionalen Raumeindruck geben. Die originalen antiken Vorbilder werden zwar nicht abgebildet, aber in nicht wenigen Fällen sind es allgemein bekannte Bildwerke. Bei den restlichen gibt es genügend Hinweise, um nach kurzer Recherche fündig zu werden. Die Quellenarbeit ist, wie schon in den vorangegangenen Bänden, mustergültig.
Insgesamt 12 Bildwerke wurden als Nachtrag zu den Bänden II (Idealskulptur der römischen Kaiserzeit) und III (Portraits) ergänzt. Ein eigener Anhang liefert weitere Nachträge und Corrigenda zur Provenienz, Restaurierung und Überarbeitung, die im Laufe der letzten 10 Jahre notwendig wurden. Da schon lange keine Neuerwerbungen mehr in die Sammlung gekommen sind und nicht damit zu rechnen ist, dass sich das in naher Zukunft ändert, wird dieser Gesamtkatalog für sehr lange Zeit die maßgebliche Referenz bleiben.
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)