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Die ständig wiederholte Behauptung von der 'Auschwitz-Lüge', neonazistische Aktivitäten aller Art, revisionistische Geschichtsschreibung - es gibt viele Indizien dafür, daß der Antisemitismus in Deutschland in alten und neuen Formen wiederaufgelebt ist. Im vorliegenden Band wird er als Bestandteil des politischen Alltags und des öffentlichen Diskurses in Deutschland dargestellt. Ausgangspunkt ist die politisch-kulturelle Tradition der Judenfeindschaft. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Zeit nach 1945 und der Gegenwart. Der Antisemitismus wird dabei nicht als isoliertes Problem betrachtet,…mehr

Produktbeschreibung
Die ständig wiederholte Behauptung von der 'Auschwitz-Lüge', neonazistische Aktivitäten aller Art, revisionistische Geschichtsschreibung - es gibt viele Indizien dafür, daß der Antisemitismus in Deutschland in alten und neuen Formen wiederaufgelebt ist. Im vorliegenden Band wird er als Bestandteil des politischen Alltags und des öffentlichen Diskurses in Deutschland dargestellt. Ausgangspunkt ist die politisch-kulturelle Tradition der Judenfeindschaft. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Zeit nach 1945 und der Gegenwart. Der Antisemitismus wird dabei nicht als isoliertes Problem betrachtet, sondern im Kontext sozialer Veränderungen und politischer Instrumentalisierungen gesehen, in der alten Bundesrepublik, in der DDR wie auch vor dem Hintergrund der Veränderungen des öffentlichen Bewußtseins im Verlauf der Vereinigungskrise.
Autorenporträt
Wolfgang Benz, geboren 1941, ist Mitgründer und Mitherausgeber der Dachauer Hefte und war von 1969 bis 1990 Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte in München. Er ist Prof. em. der Technischen Universität Berlin; Wolfgang Benz leitete bis März 2011 das Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin. 1992 erhielt er den Geschwister-Scholl-Preis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.08.1995

Antisemitismus in Deutschland
Der Vorwurf als Allzweckwaffe

Wolfgang Benz (Herausgeber): Antisemitismus in Deutschland. Zur Aktualität eines Vorurteils. dtv 4648. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1995. 235 Seiten, 19,90 Mark.

"Wenn Hitler die jüdischen Kapitalisten nicht enteignet hätte, so hätten wir es nach der Machtergreifung getan", tönte 1948 Walter Ulbricht. Wenige Jahre nach der Judenvernichtung entfesselte die SED gegen die "vom USA-Imperialismus befehligte" zionistische Bewegung eine Kampagne, die Lothar Mertens im Sammelband des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung beschreibt. Um jüdische Opfer nicht entschädigen zu müssen, erfanden die Kommunisten den Antizionismus, der auch nach dem Untergang der DDR an den Rändern des politischen Spektrums fortbesteht. Links- wie Rechtsradikale vergleichen heutzutage die Politik Israels in den besetzten Gebieten mit der nationalsozialistischen Ausrottungsstrategie. Während linke Kreise ihren Judenhaß hinter vollmundiger Parteinahme für die Palästinenser verbergen, brüten rechtsextreme Zirkel, denen Juliane Wetzel und der Herausgeber Wolfgang Benz viele Seiten widmen, über kruden Verschwörungstheorien. Solche Wahnvorstellungen finden allerdings nur noch wenig Anklang, wie Werner Bergmann und Rainer Erb nachweisen. Hegte in der Nachkriegszeit ein Drittel der Deutschen judenfeindliche Vorurteile, sind es jetzt fünfzehn Prozent in West- und sechs Prozent in Ostdeutschland. Dennoch kein Grund zur Gelassenheit, so Bergmann: Ihm graut vor "sekundärem Antisemitismus". Möchte jemand von den Untaten des Dritten Reiches nichts mehr hören, beschleicht den Autor ein unheilvoller Verdacht: Der Verstockte werde zwangsläufig Juden ablehnen, die an ihren Leidensweg erinnern. In diesem "Krieg der Erinnerungen" (Ernst Nolte) kennt der Autor nur einen Frontverlauf. Der Phalanx konservativer Vergangenheitsentsorger stehe ein aufrechtes Häuflein linksliberaler Mahner gegenüber.

Zu den guten Deutschen gehört Daniel Gerson. Das erlaubt ihm, die Bösen zu geißeln: Wer nicht bejubelt, daß sowjetische Truppen Deutschland von Hitler "befreien mußten", wünsche Juden Übles. Gerson pflegt "Antisemitismus genau an einer impliziten Gleichsetzung von Kommunismus und Nationalsozialismus festzumachen". Historikern, die derlei unternehmen, wirft er "unverblümten Revisionismus" vor. Die Unterstellung gewinnt an Niedertracht, hält man sich an die unstrittige Definition von Benz: Revisionisten versuchen, den NS-Staat von seinen Verbrechen reinzuwaschen. Daß Gerson jede Auffassung als antisemitisch brandmarkt, die ihm mißfällt, zeugt von demselben konditionierten Reflex, mit dem Antisemiten alles Unangenehme als jüdisch abstempeln: "Der ,Jude' dient als Joker, der sich immer ins Spiel bringen läßt, wenn die eigenen Karten schlecht sind."

Susanne Spülbeck beantwortet die "Frage nach der Tradierung von Antisemitismus ohne Juden" in Deutschland: Judentum sei eine Chiffre für Fremdartiges geblieben. Anteilnahme an jüdischer Geschichte und Gegenwart beschränkt sich auf routinierte Beileidsbezeugungen, und der Vorwurf des Antisemitismus wird als Allzweckwaffe gegen politische Gegner mißbraucht. OLIVER HEILWAGEN

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