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Auf ihrem Höhepunkt Anfang der 1950er Jahre erfuhren die stalinistischen Parteisäuberungen in Osteuropa eine kaum verhohlene antisemitische Ausrichtung.
Auch in der DDR wurden hohe Parteimitglieder öffentlich angeklagt, die Ausplünderung Deutschlands im Dienste des Zionismus und der US-Finanzoligarchie veranlasst zu haben.
Mit seiner Untersuchung belegt Thomas Haury, dass die Grundstrukturen des kommunistischen Weltbildes jenen des Antisemitismus sehr nahe sind.
Aufgrund der europäischen Tradition des Antisemitismus, war seine Integration im Zuge der Radikalisierung und
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Produktbeschreibung
Auf ihrem Höhepunkt Anfang der 1950er Jahre erfuhren die stalinistischen Parteisäuberungen in Osteuropa eine kaum verhohlene antisemitische Ausrichtung.

Auch in der DDR wurden hohe Parteimitglieder öffentlich angeklagt, die Ausplünderung Deutschlands im Dienste des Zionismus und der US-Finanzoligarchie veranlasst zu haben.

Mit seiner Untersuchung belegt Thomas Haury, dass die Grundstrukturen des kommunistischen Weltbildes jenen des Antisemitismus sehr nahe sind.

Aufgrund der europäischen Tradition des Antisemitismus, war seine Integration im Zuge der Radikalisierung und Nationalisierung des Kommunismus zwar keine zwingende, aber eine äußerst naheliegend Konsequenz.
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Autorenporträt
Thomas Haury, Dr. phil., ist in verschiedenen Bildungseinrichtungen tätig. 
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.06.2003

Volkseigener Antisemitismus
Warum das deutsche Wesen in der DDR antimodern und antisemitisch blieb

Thomas Haury: Antisemitismus von links. Kommunistische Ideologie, Nationalismus und Antizionismus in der frühen DDR. Hamburger Edition, Hamburg 2002. 527 Seiten, 30,- [Euro].

Die akademische Grundlagenforschung über die Schuld am Judenmord trat zur Herbstsaison des vergangenen Jahres mit beunruhigenden Thesen hervor. Das Neue Testament bedürfe wegen zahlreicher darin enthaltener antijüdischer Äußerungen dringend einer relativierenden Kommentierung, forderte Daniel Goldhagen in seiner Abrechnung mit dem Katholizismus. Nation und Nationalgeschichte seien eine Konstruktion, die nahezu zwangsläufig die Ideologie des Antisemitismus hervorbringen mußte, ist nun bei Thomas Haury zu lesen. Der Autor unterlegt seine Analyse des Antisemitismus mit einer eigenständigen Verschwörungstheorie, deren Darlegung den größeren Teil seiner Untersuchung über "kommunistische Ideologie, Nationalismus und Antizionismus in der frühen DDR" ausmacht.

Nationenbildung und die "Konstruktion" von Nationalgeschichte waren nach dieser Lesart die Ursachen allen Übels. Der "wichtigste Mechanismus zum Aufbau und zur Stabilisierung der Gemeinschaftsvorstellungen ,Nation' ist die Definition und die Ausgrenzung von ,anderen' sowie die Markierung von ,Feinden'". Der von Anfang an antimoderne Impetus der deutschen "Gemeinschaftsbehauptung" habe in den Juden eine im Inneren anwesende Fremdgruppe gesehen und ihnen eine Antiidentität zum deutschen Wesen zugeschrieben. Als Nation in der Nation und kosmopolitisches Gegenprinzip zum nationalen Gemeinschaftsgedanken gaben sie das ideales Feindbild für die "Konturierung der vorgestellten Gemeinschaft" Nation ab.

Seit 1945 veränderte sich "im nachfaschistischen Deutschland" zwar so manches, es blieb jedoch ein "nachnationalsozialistischer Antisemitismus" bestehen, dessen Hauptanliegen in der "Schuldabwehr" bestand. Zwar sei "der Anti-Antisemitismus zur Norm" geworden, offenen Antisemitismus leisteten sich nur noch randständige Gestalten im bundesdeutschen Parteiensystem, gleichwohl müßten noch immer rund fünfzehn Prozent der Bevölkerung als deutlich antisemitisch und ein Drittel als teilweise antisemitisch eingestuft werden. Der "sekundäre Antisemitismus" nach Auschwitz habe seine Wurzeln in einem verbreiteten "Schlußstrichbedürfnis" sowie in der Annahme, die Juden sorgten für das Wachhalten der Erinnerung an den nationalsozialistischen Judenmord und damit für das gebrochene Verhältnis der nachgeborenen Deutschen zu ihrem Vaterland.

Nach einhundertsechzig Seiten, angefüllt mit allgemeiner Theorie des Antisemitismus, arbeitet Haury die linken Säulenheiligen Marx und Lenin durch und bescheinigt ihnen ebenso wie der deutschen Sozialdemokratie des Kaiserreiches ein weitgehend politisch korrektes Weltbild. In den Schriften der altlinken Vordenker kommen Juden nie "als Urheber oder Drahtzieher" vor, wie auch die übrigen Merkmale antisemitischer Ideologie dort gänzlich fehlen. Das ausgeprägte Repertoire antijüdischer Schimpf- und Hohnwörter bei Marx - er titulierte beispielsweise Lassalle als "jüdischen Nigger" - läßt der Autor als das übliche, in gehobenen Kreisen verbreitete unideologische Alltagsvokabular durchgehen.

Erst seit die kommunistischen Parteien in Osteuropa zu herrschenden Parteien wurden und sich den stalinistischen Nationalismus zu eigen machten, traten sie antisemitisch auf. In der Agitation gegen die Ruhrbesetzung durch Frankreich ließ sich die KPD schon in den zwanziger Jahren wohl auf einen ethnischen Begriff vom deutschen Volk ein und schaffte es, Nationalismus und Klassenkampf miteinander zu verbinden; doch steckte dahinter noch kein systematisches Verständnis der Ausgrenzung jüdischer Bürger.

Judenmord als Nebensache

Nach dem Krieg dann sah die Mehrheit der deutschen Kommunisten in den überlebenden Juden zunächt Opfer zweiter Klasse. Die kommunistische Faschismusanalyse erklärte den nationalsozialistischen Judenmord zur Nebensache. Das Kernziel der Nationalsozialisten sei die Vernichtung der revolutionären Arbeiterbewegung gewesen und die Rassenpolitik nur ein ideologisches Ablenkungsmanöver von der eigentlichen Angriffsrichtung. "Kämpfer gegen den Faschismus" konnten demzufolge fast nur die Kommunisten gewesen sein. Diese anerkannten "Kämpfer" wurden schon in der frühen SBZ besser behandelt als normale "Verfolgte des Faschismus". Die SED-Ideologen standen nach Auffassung Haurys "dem Leiden der Juden erschreckend mitleidlos gegenüber". Noch am Ende der DDR, im Jahr 1989, zahlte die DDR einem ehemaligen kommunistischen KZ-Häftling eine Ehrenpension für alte "Kämpfer" in Höhe von 1800 Mark, während sein jüdischer Leidensgenosse als "Verfolgter" zweihundert Mark weniger erhielt.

Erst im letzten Drittel des Buches widmet Haury sich der schwierigen Frage, inwieweit die antizionistische Propaganda der SED antisemitisch war. In der strukturellen antisemitischen Entgegensetzung von Banken, Börsen und Parasiten versus Volk und Arbeit, in der Propaganda gegen die "Finanzhyänen", die "Raubtiere der Wall Street" oder die "amerikanischen Dollargeier" sei in neuem Gewand wieder das "gesunde deutsche Nationalgefühl" zutage getreten und die SED als wahrhafter "Vortrupp des deutschen Volkes". Die alte Verknüpfung Juden/Kapitalismus mutierte im Laufe der DDR-Geschichte "zu der neuen Verbindung Zionisten/Imperialismus".

In den frühen fünfziger Jahren bediente die SED mit den Phrasen von der Verteidigung der deutschen Kultur gegen das "Gift des Kosmopolitismus", gegen die "amerikanische Entseelung" Westdeutschlands und die "amerikanischen Kulturbarbarei" auf breitester Propagandafront nahezu alle von der Vorgängerdiktatur gegen die "jüdische Weltverschwörung" verbreiteten Vorurteilsphrasen. Insbesondere im Kontext des Slansky-Prozesses und der damit einhergehenden antisemitischen Agentenhysterie in höchsten SED-Kreisen flohen 1952/53 mehr als ein Viertel der in der DDR lebenden Mitglieder jüdischer Gemeinden in den Westen. Am 15. Januar 1953 ließ Walter Ulbricht den Vertrieb der jüdischen Zeitung "Der Weg" verbieten und ordnete eine Überprüfung der Parteiakten von SED-Mitgliedern jüdischer Abstammung an. Die SED-Zeitschrift "Einheit" schrieb in diesem Zusammenhang: "Ist es nicht eigenartig, wenn es heute noch Genossen gibt, die sich als Marxisten wähnen und die Mitglieder der jüdischen Kirche sind?"

Haury konstatiert am Ende seiner Untersuchung eine strukturelle, inhaltliche und funktionelle Affinität von marxistisch-leninistischem Weltbild und "antizionistischem" Antisemitismus. Nationalismus und eine manichäische Weltsicht der SED bildeten demnach die Grundlage eines staatsoffiziellen Resonanzbodens für die volkseigenen Vorurteile in der DDR.

JOCHEN STAADT

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Etwas irritiert stellt Klaus Harpprecht fest, dass der Autor in der Einleitung zu seiner Studie das Fehlen einer wissenschaftlichen Definition von Antisemitismus beklage. Wie auch, meint Harpprecht, wenn er doch von einer Vergiftung der Seele herrührt und sich rein pseudorationaler Argumente bedient? Insofern sehe sich der Autor auch nicht in der Lage, den Antisemitismus als "rein genuines Produkt des Marxismus-Leninismus" zu erklären. Ist das so schlimm, fragt Harpprecht weiter und meint, die Fakten sprächen für sich. Der Raijk-Prozess in Budapest, der Slanskij-Prozess in Prag und der Ärzte-Prozess in Moskau bezogen sich ausdrücklich auf antizionistische und antisemitische Parolen; der DDR blieb ein solcher Schauprozess nur aufgrund von Stalins Tod erspart. Ansonsten wurde auch dort in den 50er Jahren wie in den anderen Staaten des Ostblocks mithilfe nationalistischer Propaganda der Antisemitismus angekurbelt. Antifaschismus, Antizionismus, Antiimperialismus und Nationalismus ergaben dabei ein explosives Gemisch, stellt Harprecht fest. Bedauerlich scheint ihm bloß, dass der Autor seine Untersuchungen nicht auch auf die bundesdeutsche Nachkriegs-Linke ausgestreckt hat.

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