This is the story of how Facebook devolved from an innocent social site hacked together by Harvard students into a force that, while it may make personal life just a little more pleasurable, makes democracy a lot more challenging. It's an indictment of how "social media" has fostered the deterioration of democratic culture around the world, from facilitating Russian meddling in support of Trump's election to the exploitation of it by murderous authoritarians in Burma and the Philippines.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.08.2018Das Problem mit Facebook ist Facebook
Hilfe aus Europa? Siva Vaidhyanathan erklärt, warum der Internetriese sich nicht von selbst reformieren wird
Kritische Bücher und Artikel zu Facebook gibt es zuhauf. Viele sind einseitig und apokalyptisch in ihren Prophezeiungen, nicht wenige schlecht recherchiert oder ihre Thesen wissenschaftlich kaum haltbar. Der Blick für das große Ganze geht in der Flut schnell verloren. Mit "Antisocial Media: How Facebook Disconnects Us and Undermines Democracy" hat Siva Vaidhyanathan, Professor für Medienwissenschaft an der Universität von Virginia, jetzt ein Buch vorgelegt, das es besser macht.
Was Vaidhyanathans Buch von anderen unterscheidet, ist nicht nur die Tiefe seiner wissenschaftlichen Recherche; es ist der Umstand, dass er Facebook in einen größeren sozialen, geschichtlichen und politischen Kontext setzt und so eine der umfangreichsten und systematischen Analysen des Unternehmens der letzten Jahre liefert. "Antisocial Media" ist im Kern die Geschichte einer Beziehung, die von falschen Erwartungen und Hoffnungen auf der einen und naiven Vorstellungen in Verbindung mit knallhartem Geschäftsinteresse auf der anderen Seite geprägt war - und unweigerlich schiefgehen musste.
Vaidhyanathan erläutert detailreich, wie sich Facebook innerhalb weniger Jahre von einer vermeintlich unschuldigen sozialen Website, die von Harvard-Studenten zusammengebaut wurde, zu einer globalen Kraft entwickelt hat, die zwar unser Privatleben ein wenig angenehmer macht, aber - so seine Behauptung - letztendlich die Demokratie bedroht. Da Letzteres möglich ist, liege vor allem an den Kommunikationsbedingungen, die das kalifornische Unternehmen kreiert hat - einem System, in dem Emotionen, nicht Argumente am besten gediehen. Eine Umgebung, die Populisten und Demagogen begünstige.
Traurige Belege: die Erfolge von Donald Trump, Narendra Modi oder Rodrigo Duerte. Noch schlimmer werde es dadurch, dass Facebook die Werbekampagnen von politischen Kandidaten auf der eigenen Plattform weltweit beratend unterstützte - und bei der demokratischen Gesinnung gerne einmal wegsehe. Wenn es darum geht, zum führenden sozialen Netzwerk weltweit zu werden, darf man sich mit Kleinigkeiten nicht aufhalten. Vaidhyanathans Kritik in dieser Hinsicht ist scharf, aber gerecht. So entlarvt er einige der extremeren Behauptungen über den vermeintlich erheblichen Einfluss von sozialen Medien auf die öffentliche Meinung und der Manipulation der Massen beim Brexit und der Trump-Wahl als den wissenschaftlich unfundierten Unsinn, der sie sind.
Auch versucht er sich nicht an Argumenten wie jenen des Philosophen James Williams, der kürzlich argumentiert hatte, dass soziale Medien und das Internet ein System geschaffen hätten, das durch gezielte Ablenkung unseren freien Willen sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene nachhaltig schädige - wofür der empirische Beweis bisher fehlt.
Zwar spürt man bisweilen den Geist Neil Postmans - Vaidhyanathans Mentor - durch das Buch wehen, doch gelingt es dem Autor, nie in einen fundamentalen Technikpessimismus abzugleiten. Stattdessen beschreibt er das "Biest" Facebook und dessen "Leistungen" in all seinen Facetten. Facebooks negativer Einfluss auf den Journalismus, dem das Unternehmen zusammen mit Google die Lebensgrundlage in Form von Werbegeldern entzieht, wird ebenso beleuchtet wie die Normalisierung von ubiquitärem Datensammeln und die damit einhergehende Entstehung einer beispiellosen Überwachungsmaschine; der blinde Glaube an die positive Macht von Algorithmen; die Verehrung von beinahe grenzenloser Toleranz für Dissens und ultimativer Konnektivität als Kräfte des Guten. Mark Zuckerberg? Für Vaidhyanathan ein Mann, der zwar gute Absichten habe, doch dem das "Verständnis für Nuancen, Komplexität, Kontingenz oder gar Schwierigkeiten" vollkommen abgehe.
"Antisocial Media" ist kein hoffnungsvolles Buch. Vaidhyanathan glaubt nicht, dass Facebook von innen heraus reformiert werden kann. Die Firma werde immer wieder versagen und uns anschließend um Verzeihung bitten. Dementsprechend skeptisch ist der Autor, was eine Lösung der Malaise betrifft. Zumindest aus den Vereinigten Staaten werde sie fürs Erste nicht kommen - zu sehr ist Facebook dort auch politisch verwurzelt. Höchstens Europa könne noch als Vorbild dienen. Für das kalifornische Unternehmen ist die Europäische Union in der Tat ein heißes Pflaster.
Einige seiner wichtigsten Gegner - der österreichische Anwalt und Aktivist Max Schrems, die NGOs Privacy International und Big Brother Watch - sitzen in der EU, und die europäische Datenschutzverordnung hat Facebook nicht verschont. So empfiehlt Vaidhyanathan, ähnliche Verordnungen weltweit einzuführen. Europäisches Wettbewerbsrecht sei theoretisch besser geeignet, um Unternehmen wie Facebook in den Griff zu bekommen.
Am Ende ist das Buch ein Plädoyer dafür, dass wir von Facebook und ähnlichen Firmen nicht erwarten dürfen, dass sie sich erfolgreich selbst regulieren werden - auch wenn von Unternehmensseite hart daran gearbeitet wird, dies der Öffentlichkeit und Politik einzureden. Facebook ist eben keine demokratische Organisation, sondern ein Konzern, dessen Ziele nicht zwingend im Einklang mit dem Wohlergehen der Bevölkerung stehen.
FELIX SIMON
Siva Vaidhyanathan: "Antisocial Media". How Facebook Disconnects Us And Undermines Democracy.
Oxford University Press, Oxford / New York 2018. 288 S., geb., 21,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hilfe aus Europa? Siva Vaidhyanathan erklärt, warum der Internetriese sich nicht von selbst reformieren wird
Kritische Bücher und Artikel zu Facebook gibt es zuhauf. Viele sind einseitig und apokalyptisch in ihren Prophezeiungen, nicht wenige schlecht recherchiert oder ihre Thesen wissenschaftlich kaum haltbar. Der Blick für das große Ganze geht in der Flut schnell verloren. Mit "Antisocial Media: How Facebook Disconnects Us and Undermines Democracy" hat Siva Vaidhyanathan, Professor für Medienwissenschaft an der Universität von Virginia, jetzt ein Buch vorgelegt, das es besser macht.
Was Vaidhyanathans Buch von anderen unterscheidet, ist nicht nur die Tiefe seiner wissenschaftlichen Recherche; es ist der Umstand, dass er Facebook in einen größeren sozialen, geschichtlichen und politischen Kontext setzt und so eine der umfangreichsten und systematischen Analysen des Unternehmens der letzten Jahre liefert. "Antisocial Media" ist im Kern die Geschichte einer Beziehung, die von falschen Erwartungen und Hoffnungen auf der einen und naiven Vorstellungen in Verbindung mit knallhartem Geschäftsinteresse auf der anderen Seite geprägt war - und unweigerlich schiefgehen musste.
Vaidhyanathan erläutert detailreich, wie sich Facebook innerhalb weniger Jahre von einer vermeintlich unschuldigen sozialen Website, die von Harvard-Studenten zusammengebaut wurde, zu einer globalen Kraft entwickelt hat, die zwar unser Privatleben ein wenig angenehmer macht, aber - so seine Behauptung - letztendlich die Demokratie bedroht. Da Letzteres möglich ist, liege vor allem an den Kommunikationsbedingungen, die das kalifornische Unternehmen kreiert hat - einem System, in dem Emotionen, nicht Argumente am besten gediehen. Eine Umgebung, die Populisten und Demagogen begünstige.
Traurige Belege: die Erfolge von Donald Trump, Narendra Modi oder Rodrigo Duerte. Noch schlimmer werde es dadurch, dass Facebook die Werbekampagnen von politischen Kandidaten auf der eigenen Plattform weltweit beratend unterstützte - und bei der demokratischen Gesinnung gerne einmal wegsehe. Wenn es darum geht, zum führenden sozialen Netzwerk weltweit zu werden, darf man sich mit Kleinigkeiten nicht aufhalten. Vaidhyanathans Kritik in dieser Hinsicht ist scharf, aber gerecht. So entlarvt er einige der extremeren Behauptungen über den vermeintlich erheblichen Einfluss von sozialen Medien auf die öffentliche Meinung und der Manipulation der Massen beim Brexit und der Trump-Wahl als den wissenschaftlich unfundierten Unsinn, der sie sind.
Auch versucht er sich nicht an Argumenten wie jenen des Philosophen James Williams, der kürzlich argumentiert hatte, dass soziale Medien und das Internet ein System geschaffen hätten, das durch gezielte Ablenkung unseren freien Willen sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene nachhaltig schädige - wofür der empirische Beweis bisher fehlt.
Zwar spürt man bisweilen den Geist Neil Postmans - Vaidhyanathans Mentor - durch das Buch wehen, doch gelingt es dem Autor, nie in einen fundamentalen Technikpessimismus abzugleiten. Stattdessen beschreibt er das "Biest" Facebook und dessen "Leistungen" in all seinen Facetten. Facebooks negativer Einfluss auf den Journalismus, dem das Unternehmen zusammen mit Google die Lebensgrundlage in Form von Werbegeldern entzieht, wird ebenso beleuchtet wie die Normalisierung von ubiquitärem Datensammeln und die damit einhergehende Entstehung einer beispiellosen Überwachungsmaschine; der blinde Glaube an die positive Macht von Algorithmen; die Verehrung von beinahe grenzenloser Toleranz für Dissens und ultimativer Konnektivität als Kräfte des Guten. Mark Zuckerberg? Für Vaidhyanathan ein Mann, der zwar gute Absichten habe, doch dem das "Verständnis für Nuancen, Komplexität, Kontingenz oder gar Schwierigkeiten" vollkommen abgehe.
"Antisocial Media" ist kein hoffnungsvolles Buch. Vaidhyanathan glaubt nicht, dass Facebook von innen heraus reformiert werden kann. Die Firma werde immer wieder versagen und uns anschließend um Verzeihung bitten. Dementsprechend skeptisch ist der Autor, was eine Lösung der Malaise betrifft. Zumindest aus den Vereinigten Staaten werde sie fürs Erste nicht kommen - zu sehr ist Facebook dort auch politisch verwurzelt. Höchstens Europa könne noch als Vorbild dienen. Für das kalifornische Unternehmen ist die Europäische Union in der Tat ein heißes Pflaster.
Einige seiner wichtigsten Gegner - der österreichische Anwalt und Aktivist Max Schrems, die NGOs Privacy International und Big Brother Watch - sitzen in der EU, und die europäische Datenschutzverordnung hat Facebook nicht verschont. So empfiehlt Vaidhyanathan, ähnliche Verordnungen weltweit einzuführen. Europäisches Wettbewerbsrecht sei theoretisch besser geeignet, um Unternehmen wie Facebook in den Griff zu bekommen.
Am Ende ist das Buch ein Plädoyer dafür, dass wir von Facebook und ähnlichen Firmen nicht erwarten dürfen, dass sie sich erfolgreich selbst regulieren werden - auch wenn von Unternehmensseite hart daran gearbeitet wird, dies der Öffentlichkeit und Politik einzureden. Facebook ist eben keine demokratische Organisation, sondern ein Konzern, dessen Ziele nicht zwingend im Einklang mit dem Wohlergehen der Bevölkerung stehen.
FELIX SIMON
Siva Vaidhyanathan: "Antisocial Media". How Facebook Disconnects Us And Undermines Democracy.
Oxford University Press, Oxford / New York 2018. 288 S., geb., 21,- [Euro].
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