Als sich Anton Bruckner im Alter von fünfzig Jahren auf eine Kapellmeisterstelle in Wien bewarb, schrieb er stolz, er sei "bei der Kirchenmusik aufgewachsen".Kaum ein sinfonisches Konzerthaus, in dem die f-Moll-Messe oder das "Te Deum" noch nicht erklungen wären, kaum ein Kirchenchor, der nicht das "Ave Maria", das "Christus factus est" oder das "Locus iste" im Programm hätte. Aber ein Großteil seines geistlichen Werkes ist unbekannt. Wer weiß schon, dass Bruckner das "Ave Maria" und das "Christus factus est" je drei Mal vertonte, in unterschiedlichen Lebensphasen und in verschiedenen Stilen? Wer kennt Bruckners deutschsprachige Chöre für Trauungen, Beisetzungen und Namenstage?Seine Musik liegt bis auf den heutigen Tag verschüttet unter Klischees - dem vom ,frommen' und ,tiefgläubigen' Organisten oder jenem vom komponierenden Professor, der mit seinem Katholizismus aus Zeit und Welt gefallen scheint.Dieser Werkführer bietet erstmals fundierte Informationen zu Bruckners geistlichem Gesamtwerk, kritisch und mit einem frischen Blick. Sämtliche Werke werden vor ihrem sozialen, religiösen und liturgischen Hintergrund geschildert, verbunden mit aufführungspraktischen Hinweisen