Die historische Geschichte und die Liebesbeziehung um den römischen Heerführer Marcus Antonius und die ägyptische Königin Kleopatra verarbeitete William Shakespeare (1564-1616) in seiner Tragödie „Antonius und Kleopatra“, die wahrscheinlich Anfang 1608 ent-standen ist.
Nach „Othello“ und
„Macbeth“ steht wieder ein Mann-Frau-Konflikt im Mittelpunkt des Geschehens. Geht der ehrliche Othello an…mehrDie historische Geschichte und die Liebesbeziehung um den römischen Heerführer Marcus Antonius und die ägyptische Königin Kleopatra verarbeitete William Shakespeare (1564-1616) in seiner Tragödie „Antonius und Kleopatra“, die wahrscheinlich Anfang 1608 ent-standen ist.
Nach „Othello“ und „Macbeth“ steht wieder ein Mann-Frau-Konflikt im Mittelpunkt des Geschehens. Geht der ehrliche Othello an seiner Eifersucht zugrunde und unterliegt der tapfere Macbeth seiner ehrgeizigen Frau, so verliert Antonius in seiner blinden Leidenschaft die halbe Welt. Mit „Antonius und Kleopatra“ ist Shakespeare zum weltgeschichtlichen Drama zurückgekehrt. Hauptquelle für seinen Stoff und für das Gerüst der Handlung sind die „Biografien berühmter Römer und Griechen“ des griechischen Schriftstellers Plutarch, wobei sich Shakespeare nicht scheut, ganze Stellen zu übernehmen.
Das Drama behandelt also einen spannenden Aspekt der römischen Geschichte. Die Geschicke Roms lenkt das zweite Triumvirat: der Heerführer Marcus Antonius, der ziemlich bedeutungslose Politiker Lepidus und der gewandte Staatsmann Octavius Cäsar (der spätere Kaiser Augustus). Bereits in der Anfangsszene beklagen Freunde des Antonius dessen Liebeswahnsinn zu Kleopatra. Seit langem weilt der Heerführer schon in Ägypten, doch dann rufen ihn Streitigkeiten im Triumvirat nach Rom zurück. Zur Festigung der Partnerschaft hei-ratet Antonius die verwitwete Schwester des Octavius, was natürlich Kleopatra rasend eifersüchtig macht.
Zunächst regiert Antonius mit seiner neuen Gemahlin von Athen aus den Ostteil des römischen Imperiums, doch bald kommt es wieder zu einem Zerwürfnis mit Octavius. Antonius reist nach Ägypten zu Kleopatra. Damit kommt es zum Krieg zwischen den beiden Kontrahenten. Entgegen dem Rat seiner Offiziere lässt sich Antonius auf eine Seeschlacht ein, in der Octavius siegt, weil Kleopatra mit ihrer ägyptischen Flotte die Flucht ergreift und Antonius ihr blind folgt. Octavius folgt dem fliehenden Antonius nach Alexandria und fügt ihm dort die zweite entscheidende Niederlage bei. Antonius und Cleopatra begehen schließlich Selbstmord und so endet das als Historiendrama angelegte Werk als Liebestragödie.
Auf den heutigen Theaterbühnen ist das Stück nur noch selten zu finden - zu groß ist der Handlungszeitraum, ebenso die Anzahl der Szenen (verbunden mit häufigen Schauplatzwechseln), außerdem werden viele Aktionen (wie die Schlachten) nur verbal berichtet. „Antonius und Kleopatra“ wurde erstmals von Christoph Martin Wieland (1764) ins Deutsche übersetzt, später von Ludwig Tieck / Wolf Graf Baudissin. Die zweisprachige (engl./dt.) dtv-Ausgabe bringt eine gegenwartsnahe, aber doch originaltreue Übersetzung von Frank Günther. Er hat versucht, wie er auch in „Aus der Übersetzerwerkstatt“ berichtet, die komischen Akzente der Tragödie herauszuarbeiten, denn so traurig die Geschichte auch ist, wirkliche Trauer (wie bei „Romeo und Julia“) will sich beim Zuschauer nicht einstellen. Günther sieht Shakespeares Alterswerk als „Anfang der Moderne“.
Der Literaturwissenschaftler Bernhard Klein untersucht in dem Essay „Die unendliche Vielfalt der Welt: Antony und Cleopatra“ die Komplexität des Dramas und seiner Hauptfiguren. Komplettiert wird die dtv-Ausgabe von ausführlichen Anmerkungen zum Text (Günther), Literaturhinweisen (Klein) und einem Abdruck der „Lebensbeschreibung des Antonius“ von Plutarch.