Produktdetails
- Verlag: bebra
- ISBN-13: 9783930863419
- ISBN-10: 3930863413
- Artikelnr.: 07690315
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.04.1999Weitere Angaben
ANWÄLTE. Der Deutsche Anwaltverein fordert Zulassungsbeschränkungen für den Anwaltsberuf, zugleich eine gesonderte Ausbildungslinie. Für und Wider sollen hier nicht erörtert werden, aber es ist interessant zu wissen, daß der DAV schon einmal, nämlich 1928, Zulassungsbeschränkungen verlangte. Auch in der Weimarer Republik strebten nämlich mehr und mehr Juristen in den Anwaltsberuf. Das gefährdete das Ideal des Anwalts als das von "einem Manne mit breiter, behaglicher Lebensführung" - wie es das Vorstandsmitglied der Berliner Rechtsanwaltskammer Rudolf Dix auf dem Anwaltstag 1927 in einer (umstrittenen) Rede formulierte. 1933 gab es unter den Berliner Rechtsanwälten knapp 2000 jüdischer Herkunft. Das Klischee vom jüdischen Advokaten reproduzierte sich selbst, denn der Weg in den Staatsdienst oder zum Richteramt war Juden - nicht de jure, aber de facto - im Deutschland jener Jahre praktisch versperrt. Was aus den jüdischen Berliner Rechtsanwälten der Weimarer Republik geworden ist, beschreibt Simone Ladwig-Winters, indem sie Früchte fleißiger Forschung vorlegt. Das Buch erläutert in einer informativen rechtsgeschichtlichen Einleitung die Zeitbezüge, wenn auch leider mitunter in exklusiv linksgewirkter Terminologie, die in einer wissenschaftlich geprägten Abhandlung nichts verloren hat; dem folgen, teils bebilderte, Kurzbiographien. Viele enden mit dem Vermerk "Verschollen", zuvor wird der Transport nach Auschwitz oder Theresienstadt lapidar notiert. Einem Teil der Unglücklichen gelang die Flucht ins Ausland. Eine Handvoll spielte im Rechtswesen der Bundesrepublik noch eine Rolle, an prominentester Stelle der von den Nationalsozialisten als "Halbjude" eingestufte spätere Sozialdemokrat Adolf Arndt. Von anderen weiß man kaum mehr etwas: Das Foto gehörte zu Rechtsanwalt Walter Loewe, am 1. Oktober 1903 in Berlin geboren, Berufsverbot zum 26. Mai 1933, "keine weiteren Angaben". (Simone Ladwig-Winters: Anwalt ohne Recht. Das Schicksal jüdischer Rechtsanwälte in Berlin nach 1933. Herausgegeben von der Rechtsanwaltskammer Berlin. be. bra. Verlag, Berlin 1998. 240 Seiten, 30 Abbildungen, 59,90Mark.)
V.Z.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
ANWÄLTE. Der Deutsche Anwaltverein fordert Zulassungsbeschränkungen für den Anwaltsberuf, zugleich eine gesonderte Ausbildungslinie. Für und Wider sollen hier nicht erörtert werden, aber es ist interessant zu wissen, daß der DAV schon einmal, nämlich 1928, Zulassungsbeschränkungen verlangte. Auch in der Weimarer Republik strebten nämlich mehr und mehr Juristen in den Anwaltsberuf. Das gefährdete das Ideal des Anwalts als das von "einem Manne mit breiter, behaglicher Lebensführung" - wie es das Vorstandsmitglied der Berliner Rechtsanwaltskammer Rudolf Dix auf dem Anwaltstag 1927 in einer (umstrittenen) Rede formulierte. 1933 gab es unter den Berliner Rechtsanwälten knapp 2000 jüdischer Herkunft. Das Klischee vom jüdischen Advokaten reproduzierte sich selbst, denn der Weg in den Staatsdienst oder zum Richteramt war Juden - nicht de jure, aber de facto - im Deutschland jener Jahre praktisch versperrt. Was aus den jüdischen Berliner Rechtsanwälten der Weimarer Republik geworden ist, beschreibt Simone Ladwig-Winters, indem sie Früchte fleißiger Forschung vorlegt. Das Buch erläutert in einer informativen rechtsgeschichtlichen Einleitung die Zeitbezüge, wenn auch leider mitunter in exklusiv linksgewirkter Terminologie, die in einer wissenschaftlich geprägten Abhandlung nichts verloren hat; dem folgen, teils bebilderte, Kurzbiographien. Viele enden mit dem Vermerk "Verschollen", zuvor wird der Transport nach Auschwitz oder Theresienstadt lapidar notiert. Einem Teil der Unglücklichen gelang die Flucht ins Ausland. Eine Handvoll spielte im Rechtswesen der Bundesrepublik noch eine Rolle, an prominentester Stelle der von den Nationalsozialisten als "Halbjude" eingestufte spätere Sozialdemokrat Adolf Arndt. Von anderen weiß man kaum mehr etwas: Das Foto gehörte zu Rechtsanwalt Walter Loewe, am 1. Oktober 1903 in Berlin geboren, Berufsverbot zum 26. Mai 1933, "keine weiteren Angaben". (Simone Ladwig-Winters: Anwalt ohne Recht. Das Schicksal jüdischer Rechtsanwälte in Berlin nach 1933. Herausgegeben von der Rechtsanwaltskammer Berlin. be. bra. Verlag, Berlin 1998. 240 Seiten, 30 Abbildungen, 59,90Mark.)
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