Apollo 11 - die unmögliche Mission
In der Nacht vor seinem Flug zum Mond rechnete Neil Armstrong die Chancen aus, die er, Buzz Aldrin und Michael Collins hatten, um lebend zur Erde zurückzukehren. Fifty-Fifty, dachte er. Andere Experten hingegen, darunter auch Wissenschaftler und Techniker der NASA, sahen die Sache weitaus weniger optimistisch: 5 zu 1, sagten sie, dass die Männer nicht zurückkommen. Oder sogar 10 zu 1.
Apollo 11 war die unmögliche Mission, ihr Scheitern wahrscheinlicher als ihr Erfolg. Pünktlich zum Jahrestag erzählt der Journalist und Historiker James Donovan die Geschichte der Mondlandung in allen spannenden Details noch einmal neu und legt dabei auch viel Gewicht auf die menschliche Seite. Entstanden ist ein mitreißendes und reich bebildertes Sachbuch.
Ausstattung: mit zahlreichen Abbildungen
In der Nacht vor seinem Flug zum Mond rechnete Neil Armstrong die Chancen aus, die er, Buzz Aldrin und Michael Collins hatten, um lebend zur Erde zurückzukehren. Fifty-Fifty, dachte er. Andere Experten hingegen, darunter auch Wissenschaftler und Techniker der NASA, sahen die Sache weitaus weniger optimistisch: 5 zu 1, sagten sie, dass die Männer nicht zurückkommen. Oder sogar 10 zu 1.
Apollo 11 war die unmögliche Mission, ihr Scheitern wahrscheinlicher als ihr Erfolg. Pünktlich zum Jahrestag erzählt der Journalist und Historiker James Donovan die Geschichte der Mondlandung in allen spannenden Details noch einmal neu und legt dabei auch viel Gewicht auf die menschliche Seite. Entstanden ist ein mitreißendes und reich bebildertes Sachbuch.
Ausstattung: mit zahlreichen Abbildungen
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.07.2019Ausflugsziele für Mondtouristen
Vor fünfzig Jahren tat Neil Armstrong seinen kleinen Schritt, der ein großer für die Menschheit sein sollte: Über Bücher aus Anlass des bevorstehenden runden Jahrestags der Mondlandung.
Der Mond hat sich als "Friedhof der Gelehrten" einen Namen gemacht - wegen all der Krater, die nach verstorbenen Entdeckern und Gelehrten benannt worden sind. Nach dem altgriechischen Philosophen Demokrit beispielsweise, dem schwedischen Entdeckungsreisenden Sven Hedin, dem österreichischen Physiker Christian Doppler, dem Weltbürger Albert Einstein, dem deutschen Physiker Max Born oder dem ersten Menschen auf dem Mond, Neil Armstrong. Lange hat auf diesem Friedhof tatsächlich Friedhofsruhe geherrscht - bis von Menschen gefertigte Objekte entweder hart auf dem Mond aufschlugen oder vergleichsweise sanft auf ihm landeten und dort blieben.
Zu diesen Objekten gehört auch die amerikanische Flagge, die Neil Armstrong und Buzz Aldrin vor fünfzig Jahren im Mare Tranquillitatis - dem Meer der Ruhe - hissten, ebenso die Startplattform, von der aus die Mondlandefähre von Apollo 11 zur Mondumlaufbahn zurückkehrte, so dass Armstrong und Aldrin zusammen mit Mike Collins den Rückweg zur Erde antreten konnten.
Die Relikte von Apollo 11 werden vielleicht einmal zu Ausflugszielen zukünftiger Mondtouristen. Doch sie waren längst nicht die ersten Artefakte, die den Erdtrabanten erreichten. Fünfzig Jahre nach der ersten Landung von Menschen auf dem Begleiter der Erde verknüpfen diese Hinterlassenschaften die Helden von gestern mit der Neugierde wohlhabender Leute, die es sich eines Tages nicht nehmen lassen werden, dieser Vergangenheit als astronautische Touristen nachzuspüren.
Zur Architektur, so schreibt Paul Meuser in einem originellen "Architekturführer Mond", der anlässlich des fünfzigsten Jahrestages der ersten bemannten Mondlandung am 20. Juli 1969 erschienen ist - der Ausstieg aus der Mondlandefähre erfolgte nach europäischer Zeit in den frühen Morgenstunden des 21. Juli -, gehörten im weiteren Sinne nicht nur Gebäude. Man könne alle Objekte dazuzählen, die erstens aus der Werkstatt von Ingenieuren stammen und als räumliche Gebilde nach statischen Gesetzen konstruiert, (mehr oder weniger) nach ästhetischen Prinzipien gestaltet und deren Standorte zudem kartiert sind.
Und es sind erstaunlich viele architektonische Relikte in diesem Sinn, die der Mond zu bieten hat - Messgeräte, die von Astronauten aufgestellt wurden, das chinesische Roboterfahrzeug Jadehase 2 auf der Rückseite des Mondes oder die zahlreichen Mondorbiter, die gezielt zum Absturz gebracht wurden. Meuser stellt diese Fülle von Objekten auch mit zahlreichen Fotos und Grafiken vor. Das Buch ist eine Fundgrube auf einem Gebiet, das bisher ein Schattendasein geführt hat.
Wegen der strengen Beschränkung auf die Mondarchitektur hat der Autor auch einige der denkwürdigen Stationen des Apollo-Programms übersprungen, die auf dem Mond keine Spuren hinterlassen haben. Apollo 8 gehört dazu - die erste Umrundung des Erdtrabanten durch Astronauten; und dass die Astronauten von Apollo 13 nach der Explosion eines Tanks tagelang um ihre sichere Rückkehr zur Erde bangen mussten, ist für das Buch unerheblich. Der Autor beschränkt sich darauf zu erwähnen, dass die dritte Stufe der Saturn-Trägerrakete damals nach Plan auf den Mond stürzte. Ein Objekt mehr.
Die Mission von Apollo 11 schildert James Donovan in seinem lesenswerten Buch. Ausführlich stellt er die vielen Beiträge dar, die zu ihrem Gelingen führten, geht auch auf die menschliche Seite der Astronauten ein. Auf ein paar Details rein privater Natur, die seinerzeit die Zeitschriften füllten, hätte Donovan allerdings besser verzichtet. Gelegentlich fällt eine auch von anderen Darstellungen geläufige "amerikanische Sicht" der Ereignisse auf. Für viele Amerikaner war es damals offenbar undenkbar, dass Moskau in einer (nicht militärischen) Zukunftstechnik wie der Raumfahrt den Vereinigten Staaten voraus war. Eine der Folgen war der "Sputnikschock" von 1957, als der erste künstliche Erdsatellit in der Sowjetunion und nicht in Amerika gestartet worden war. Er wiederholte sich, als die Sowjetunion 1961 mit Juri Gagarin den ersten Raumfahrer stellte. Als John Glenn 1962 die Erde gleich dreimal umkreiste, bedeutete das laut Donovan, dass Washington in der Raumfahrt schon näher an die Sowjetunion heranrückte. Da hatte aber German Titow die Erde bereits innerhalb von vierundzwanzig Stunden siebzehn Mal umkreist, und von einem Aufholen durch die Amerikaner konnte gar keine Rede sein.
Donavans Buch steht in Konkurrenz zum Klassiker der Apollo-11-Literatur, dem immer wieder neu aufgelegten und jetzt zum Jubiläum der Mondlandung in einer besonders preiswerten Sonderausgabe erschienenen "Moonfire - Die legendäre Reise der Apollo 11" von Norman Mailer. Der Schriftsteller hatte das Geschehen seinerzeit im Auftrag des Magazins "Life" verfolgt, und auf der Grundlage seiner Artikel ist später das reich bebilderte Buch entstanden.
Eine Faktensammlung zum bemannten Mondflug liefert dagegen das Buch von Zack Scott. Dessen erster Teil besteht aus einfachen Skizzen und Grundrissen von technischen Bestandteilen der Apollo-Missionen mit erklärenden Beschriftungen, die etwa zeigen, wie das tragbare Lebenserhaltungssystem der Astronauten aufgebaut ist oder der riesige Crawler, der die Saturn-Raketen von der Montagehalle zum Startturm transportierte. Ergänzend werden die Apollo- und die Nach-Apollo-Missionen beschrieben, bei denen Saturn-Raketen verwendet wurden, auch die Astronauten anhand ihrer Lebensläufe dargestellt. Interessante Details etwa zum "Wetter" in der Montagehalle oder zum Speiseplan der Raumfahrer runden das Buch ab.
Dieser Menüplan könnte wegen einiger Bestandteile - kanadischer Schinken, Hummercremesuppe oder Krabbencocktail - einen gewissen Luxus an Bord suggerieren. Doch relativiert sich die Vorstellung, wenn man weiß, dass es in der Landefähre weder einen Sitz- noch einen Liegeplatz gab. Wegen der geringen Schwerkraft auf dem Mond wurden Armstrong und Aldrin rund einundzwanzig Stunden auf dem Erdtrabanten in stehender Position zugemutet. Ein Zuckerschlecken sind die Flüge damals gewiss nicht gewesen. Wie es früher auch die großen Entdeckungsreisen von Christoph Kolumbus, James Cook oder Sven Hedin, die alle ihre Einträge auf der Mondkarte erhielten, nicht gewesen waren.
GÜNTER PAUL
Paul Meuser: "Architekturführer Mond".
DOM publishers, Berlin 2019. 368 S., Abb., br., 38,- [Euro].
James Donovan: "Apollo 11". Der Wettlauf zum Mond und der Erfolg einer fast unmöglichen Mission.
Aus dem Englischen von Hainer Kober. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2019. 544 S., Abb., 28,- [Euro].
Zack Scott: "Apollo". Der Wettlauf zum Mond.
Aus dem Englischen von Thomas Pfeiffer und Violeta Topalova. Droemer Verlag, München 2018. 168 S., Abb., geb., 28,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Vor fünfzig Jahren tat Neil Armstrong seinen kleinen Schritt, der ein großer für die Menschheit sein sollte: Über Bücher aus Anlass des bevorstehenden runden Jahrestags der Mondlandung.
Der Mond hat sich als "Friedhof der Gelehrten" einen Namen gemacht - wegen all der Krater, die nach verstorbenen Entdeckern und Gelehrten benannt worden sind. Nach dem altgriechischen Philosophen Demokrit beispielsweise, dem schwedischen Entdeckungsreisenden Sven Hedin, dem österreichischen Physiker Christian Doppler, dem Weltbürger Albert Einstein, dem deutschen Physiker Max Born oder dem ersten Menschen auf dem Mond, Neil Armstrong. Lange hat auf diesem Friedhof tatsächlich Friedhofsruhe geherrscht - bis von Menschen gefertigte Objekte entweder hart auf dem Mond aufschlugen oder vergleichsweise sanft auf ihm landeten und dort blieben.
Zu diesen Objekten gehört auch die amerikanische Flagge, die Neil Armstrong und Buzz Aldrin vor fünfzig Jahren im Mare Tranquillitatis - dem Meer der Ruhe - hissten, ebenso die Startplattform, von der aus die Mondlandefähre von Apollo 11 zur Mondumlaufbahn zurückkehrte, so dass Armstrong und Aldrin zusammen mit Mike Collins den Rückweg zur Erde antreten konnten.
Die Relikte von Apollo 11 werden vielleicht einmal zu Ausflugszielen zukünftiger Mondtouristen. Doch sie waren längst nicht die ersten Artefakte, die den Erdtrabanten erreichten. Fünfzig Jahre nach der ersten Landung von Menschen auf dem Begleiter der Erde verknüpfen diese Hinterlassenschaften die Helden von gestern mit der Neugierde wohlhabender Leute, die es sich eines Tages nicht nehmen lassen werden, dieser Vergangenheit als astronautische Touristen nachzuspüren.
Zur Architektur, so schreibt Paul Meuser in einem originellen "Architekturführer Mond", der anlässlich des fünfzigsten Jahrestages der ersten bemannten Mondlandung am 20. Juli 1969 erschienen ist - der Ausstieg aus der Mondlandefähre erfolgte nach europäischer Zeit in den frühen Morgenstunden des 21. Juli -, gehörten im weiteren Sinne nicht nur Gebäude. Man könne alle Objekte dazuzählen, die erstens aus der Werkstatt von Ingenieuren stammen und als räumliche Gebilde nach statischen Gesetzen konstruiert, (mehr oder weniger) nach ästhetischen Prinzipien gestaltet und deren Standorte zudem kartiert sind.
Und es sind erstaunlich viele architektonische Relikte in diesem Sinn, die der Mond zu bieten hat - Messgeräte, die von Astronauten aufgestellt wurden, das chinesische Roboterfahrzeug Jadehase 2 auf der Rückseite des Mondes oder die zahlreichen Mondorbiter, die gezielt zum Absturz gebracht wurden. Meuser stellt diese Fülle von Objekten auch mit zahlreichen Fotos und Grafiken vor. Das Buch ist eine Fundgrube auf einem Gebiet, das bisher ein Schattendasein geführt hat.
Wegen der strengen Beschränkung auf die Mondarchitektur hat der Autor auch einige der denkwürdigen Stationen des Apollo-Programms übersprungen, die auf dem Mond keine Spuren hinterlassen haben. Apollo 8 gehört dazu - die erste Umrundung des Erdtrabanten durch Astronauten; und dass die Astronauten von Apollo 13 nach der Explosion eines Tanks tagelang um ihre sichere Rückkehr zur Erde bangen mussten, ist für das Buch unerheblich. Der Autor beschränkt sich darauf zu erwähnen, dass die dritte Stufe der Saturn-Trägerrakete damals nach Plan auf den Mond stürzte. Ein Objekt mehr.
Die Mission von Apollo 11 schildert James Donovan in seinem lesenswerten Buch. Ausführlich stellt er die vielen Beiträge dar, die zu ihrem Gelingen führten, geht auch auf die menschliche Seite der Astronauten ein. Auf ein paar Details rein privater Natur, die seinerzeit die Zeitschriften füllten, hätte Donovan allerdings besser verzichtet. Gelegentlich fällt eine auch von anderen Darstellungen geläufige "amerikanische Sicht" der Ereignisse auf. Für viele Amerikaner war es damals offenbar undenkbar, dass Moskau in einer (nicht militärischen) Zukunftstechnik wie der Raumfahrt den Vereinigten Staaten voraus war. Eine der Folgen war der "Sputnikschock" von 1957, als der erste künstliche Erdsatellit in der Sowjetunion und nicht in Amerika gestartet worden war. Er wiederholte sich, als die Sowjetunion 1961 mit Juri Gagarin den ersten Raumfahrer stellte. Als John Glenn 1962 die Erde gleich dreimal umkreiste, bedeutete das laut Donovan, dass Washington in der Raumfahrt schon näher an die Sowjetunion heranrückte. Da hatte aber German Titow die Erde bereits innerhalb von vierundzwanzig Stunden siebzehn Mal umkreist, und von einem Aufholen durch die Amerikaner konnte gar keine Rede sein.
Donavans Buch steht in Konkurrenz zum Klassiker der Apollo-11-Literatur, dem immer wieder neu aufgelegten und jetzt zum Jubiläum der Mondlandung in einer besonders preiswerten Sonderausgabe erschienenen "Moonfire - Die legendäre Reise der Apollo 11" von Norman Mailer. Der Schriftsteller hatte das Geschehen seinerzeit im Auftrag des Magazins "Life" verfolgt, und auf der Grundlage seiner Artikel ist später das reich bebilderte Buch entstanden.
Eine Faktensammlung zum bemannten Mondflug liefert dagegen das Buch von Zack Scott. Dessen erster Teil besteht aus einfachen Skizzen und Grundrissen von technischen Bestandteilen der Apollo-Missionen mit erklärenden Beschriftungen, die etwa zeigen, wie das tragbare Lebenserhaltungssystem der Astronauten aufgebaut ist oder der riesige Crawler, der die Saturn-Raketen von der Montagehalle zum Startturm transportierte. Ergänzend werden die Apollo- und die Nach-Apollo-Missionen beschrieben, bei denen Saturn-Raketen verwendet wurden, auch die Astronauten anhand ihrer Lebensläufe dargestellt. Interessante Details etwa zum "Wetter" in der Montagehalle oder zum Speiseplan der Raumfahrer runden das Buch ab.
Dieser Menüplan könnte wegen einiger Bestandteile - kanadischer Schinken, Hummercremesuppe oder Krabbencocktail - einen gewissen Luxus an Bord suggerieren. Doch relativiert sich die Vorstellung, wenn man weiß, dass es in der Landefähre weder einen Sitz- noch einen Liegeplatz gab. Wegen der geringen Schwerkraft auf dem Mond wurden Armstrong und Aldrin rund einundzwanzig Stunden auf dem Erdtrabanten in stehender Position zugemutet. Ein Zuckerschlecken sind die Flüge damals gewiss nicht gewesen. Wie es früher auch die großen Entdeckungsreisen von Christoph Kolumbus, James Cook oder Sven Hedin, die alle ihre Einträge auf der Mondkarte erhielten, nicht gewesen waren.
GÜNTER PAUL
Paul Meuser: "Architekturführer Mond".
DOM publishers, Berlin 2019. 368 S., Abb., br., 38,- [Euro].
James Donovan: "Apollo 11". Der Wettlauf zum Mond und der Erfolg einer fast unmöglichen Mission.
Aus dem Englischen von Hainer Kober. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2019. 544 S., Abb., 28,- [Euro].
Zack Scott: "Apollo". Der Wettlauf zum Mond.
Aus dem Englischen von Thomas Pfeiffer und Violeta Topalova. Droemer Verlag, München 2018. 168 S., Abb., geb., 28,- [Euro].
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»Beim Lesen fühlt der Leser sich, als säße er selbst in der Rakete!« HÖRZU