Produktdetails
- Verlag: Stekovics, J
- ISBN-13: 9783899230475
- ISBN-10: 3899230477
- Artikelnr.: 12430806
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.05.2004Eine sanfte Therapie für Deutschland
Grundkurs in Arbeitsökonomie
Ronnie Schöb/Joachim Weimann: Arbeit ist machbar - Die neue Beschäftigungsformel. Verlag Janos Stekovics, Dößel 2003, 193 Seiten, 16,80 Euro.
Die Debatte flammt regelmäßig auf. Deutschland braucht einen Niedriglohnsektor, um endlich nicht nur über Arbeitslosigkeit zu klagen, sondern sie zu reduzieren. Wie dieser Niedriglohnsektor ausgestaltet werden sollte, darüber gibt es verschiedene Theorien, über die gern und heftig gestritten wird. Ronnie Schöb und Joachim Weimann, Volkswirtschaftsprofessoren an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, haben einen interessanten neuen Vorschlag in die Debatte geworfen: die "Magdeburger Alternative". Ihr haben sie ihr 193 Seiten starkes Buch mit dem ehrgeizigen Titel "Arbeit ist machbar" gewidmet.
Das Buch ist jedoch weit davon entfernt, eine pure Abhandlung über eine einzelne Theorie zu sein. Vielmehr wird dem Leser ein leicht verständlicher und geradezu vergnüglich zu lesender Grundkurs in Arbeitsökonomie offeriert. Gewürzt mit klaren Graphiken und anschaulichen Beispielen, lernen Einsteiger das Rüstzeug für arbeitsmarktpolitische Diskussionen jeglicher Art. Der Fortgeschrittene erhält die Möglichkeit, sein Wissen auf angenehme Art wiederaufzufrischen.
"Der deutsche Arbeitsmarkt ist krank", lautet die Eingangsthese der beiden Wissenschaftler. Fast wie zwei Mediziner diagnostizieren sie im ersten Kapitel den Krankheitsverlauf, berichten im zweiten Kapitel dann von gescheiterten Behandlungsversuchen, um im dritten Kapitel ihren eigenen Lösungsvorschlag vorzustellen.
Zunächst erfährt der Leser in einer Rückschau auf die vergangenen 30 Jahre, warum sich die Arbeitslosigkeit in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern verfestigt hat. Es wird das Phänomen struktureller Arbeitslosigkeit als Folge von Überregulierung, verkrusteter Arbeitsmärkte und generöser Sozialpolitik erklärt. Zum Schmunzeln regt ein Brief an Oskar Lafontaine an, in dem in wenigen Sätzen die Kaufkrafttheorie ad absurdum geführt wird. Am Ende des ersten Kapitels ist dem Leser klar, woran der Arbeitsmarkt krankt: an der Chancenlosigkeit der Geringqualifizierten, die durch Tarifpolitik, Globalisierung und die Konkurrenz von Schwarzarbeit sowie geringfügiger Beschäftigung an den Rand gedrängt werden und ein immer größeres Heer von Langzeitarbeitslosen bilden.
Ausgehend von dieser Diagnose, handeln die beiden Ökonomen nicht minder schwungvoll die gängigen ¿Therapieformen in der Arbeitsmarktpolitik ab. Der Leser erfährt, weshalb Arbeitszeitverkürzung eine Milchmädchenrechnung ist, wieso das Bündnis für Arbeit in Deutschland nichts bewirken kann, weshalb Personal-Service-Agenturen und Minijobs aus dem Hartz-Konzept enttäuscht haben und warum die Agenda 2010 nur begrenzten Erfolg haben wird.
Am Ende bleiben zwei Therapien übrig, darunter der Weg nach Thatcherschem Vorbild, der eine Senkung der Löhne und herbe Einschnitte in die Sozialleistungen vorsieht, um so wieder mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Schöb und Weimann lehnen diesen Weg jedoch als nicht realisierbar ab. Er würde eine vollständige Liberalisierung des Arbeitsmarktes und die weitgehende Aufgabe der Tarifautonomie voraussetzen.
Ihr eigener Vorschlag beinhaltet die sanftere Therapie über Lohnkostenzuschüsse. Im Unterschied zu dem mittlerweile gescheiterten Versuch des Mainzer Modells setzen sie dabei an beiden Seiten des Marktes an: Den Arbeitgebern soll mit Zuschüssen die Einstellung zusätzlicher Mitarbeiter schmackhaft gemacht werden. Gleichzeitig steigern verschärfte Zumutbarkeitskriterien sowie staatliche Hilfen zur Arbeit die Arbeitsanreize. In einer Gewinn-und-Verlust-Rechnung bekommt der Leser vorgerechnet, daß der Staat in diesem Modell sogar noch Geld spart. Das Mainzer Modell dagegen ist vor allem wegen der immens hohen Kosten aufgegeben worden.
Die Erklärungen von Schöb und Weimann sind so einleuchtend, daß sich der Leser fragt, weshalb ein solcher Ansatz nicht häufiger in der Debatte um Niedriglohnsektoren auftaucht - oder warum er nicht schon längst angewendet wird. Ein paar Zweifel freilich bleiben, vor allem mit Blick auf die erstaunlichen Ergebnisse der Gewinn-und-Verlust-Rechnungen am Ende des Buches. Ob es sich bei dem Modell tatsächlich um eine neue Beschäftigungsformel handelt, wie die Autoren in der Unterzeile des Buches angeben, sei dahingestellt. Als kurzweilige Anregung für die politische Debatte lohnt sich die Lektüre jedoch in jedem Fall.
CLAUDIA BRÖLL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Grundkurs in Arbeitsökonomie
Ronnie Schöb/Joachim Weimann: Arbeit ist machbar - Die neue Beschäftigungsformel. Verlag Janos Stekovics, Dößel 2003, 193 Seiten, 16,80 Euro.
Die Debatte flammt regelmäßig auf. Deutschland braucht einen Niedriglohnsektor, um endlich nicht nur über Arbeitslosigkeit zu klagen, sondern sie zu reduzieren. Wie dieser Niedriglohnsektor ausgestaltet werden sollte, darüber gibt es verschiedene Theorien, über die gern und heftig gestritten wird. Ronnie Schöb und Joachim Weimann, Volkswirtschaftsprofessoren an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, haben einen interessanten neuen Vorschlag in die Debatte geworfen: die "Magdeburger Alternative". Ihr haben sie ihr 193 Seiten starkes Buch mit dem ehrgeizigen Titel "Arbeit ist machbar" gewidmet.
Das Buch ist jedoch weit davon entfernt, eine pure Abhandlung über eine einzelne Theorie zu sein. Vielmehr wird dem Leser ein leicht verständlicher und geradezu vergnüglich zu lesender Grundkurs in Arbeitsökonomie offeriert. Gewürzt mit klaren Graphiken und anschaulichen Beispielen, lernen Einsteiger das Rüstzeug für arbeitsmarktpolitische Diskussionen jeglicher Art. Der Fortgeschrittene erhält die Möglichkeit, sein Wissen auf angenehme Art wiederaufzufrischen.
"Der deutsche Arbeitsmarkt ist krank", lautet die Eingangsthese der beiden Wissenschaftler. Fast wie zwei Mediziner diagnostizieren sie im ersten Kapitel den Krankheitsverlauf, berichten im zweiten Kapitel dann von gescheiterten Behandlungsversuchen, um im dritten Kapitel ihren eigenen Lösungsvorschlag vorzustellen.
Zunächst erfährt der Leser in einer Rückschau auf die vergangenen 30 Jahre, warum sich die Arbeitslosigkeit in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern verfestigt hat. Es wird das Phänomen struktureller Arbeitslosigkeit als Folge von Überregulierung, verkrusteter Arbeitsmärkte und generöser Sozialpolitik erklärt. Zum Schmunzeln regt ein Brief an Oskar Lafontaine an, in dem in wenigen Sätzen die Kaufkrafttheorie ad absurdum geführt wird. Am Ende des ersten Kapitels ist dem Leser klar, woran der Arbeitsmarkt krankt: an der Chancenlosigkeit der Geringqualifizierten, die durch Tarifpolitik, Globalisierung und die Konkurrenz von Schwarzarbeit sowie geringfügiger Beschäftigung an den Rand gedrängt werden und ein immer größeres Heer von Langzeitarbeitslosen bilden.
Ausgehend von dieser Diagnose, handeln die beiden Ökonomen nicht minder schwungvoll die gängigen ¿Therapieformen in der Arbeitsmarktpolitik ab. Der Leser erfährt, weshalb Arbeitszeitverkürzung eine Milchmädchenrechnung ist, wieso das Bündnis für Arbeit in Deutschland nichts bewirken kann, weshalb Personal-Service-Agenturen und Minijobs aus dem Hartz-Konzept enttäuscht haben und warum die Agenda 2010 nur begrenzten Erfolg haben wird.
Am Ende bleiben zwei Therapien übrig, darunter der Weg nach Thatcherschem Vorbild, der eine Senkung der Löhne und herbe Einschnitte in die Sozialleistungen vorsieht, um so wieder mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Schöb und Weimann lehnen diesen Weg jedoch als nicht realisierbar ab. Er würde eine vollständige Liberalisierung des Arbeitsmarktes und die weitgehende Aufgabe der Tarifautonomie voraussetzen.
Ihr eigener Vorschlag beinhaltet die sanftere Therapie über Lohnkostenzuschüsse. Im Unterschied zu dem mittlerweile gescheiterten Versuch des Mainzer Modells setzen sie dabei an beiden Seiten des Marktes an: Den Arbeitgebern soll mit Zuschüssen die Einstellung zusätzlicher Mitarbeiter schmackhaft gemacht werden. Gleichzeitig steigern verschärfte Zumutbarkeitskriterien sowie staatliche Hilfen zur Arbeit die Arbeitsanreize. In einer Gewinn-und-Verlust-Rechnung bekommt der Leser vorgerechnet, daß der Staat in diesem Modell sogar noch Geld spart. Das Mainzer Modell dagegen ist vor allem wegen der immens hohen Kosten aufgegeben worden.
Die Erklärungen von Schöb und Weimann sind so einleuchtend, daß sich der Leser fragt, weshalb ein solcher Ansatz nicht häufiger in der Debatte um Niedriglohnsektoren auftaucht - oder warum er nicht schon längst angewendet wird. Ein paar Zweifel freilich bleiben, vor allem mit Blick auf die erstaunlichen Ergebnisse der Gewinn-und-Verlust-Rechnungen am Ende des Buches. Ob es sich bei dem Modell tatsächlich um eine neue Beschäftigungsformel handelt, wie die Autoren in der Unterzeile des Buches angeben, sei dahingestellt. Als kurzweilige Anregung für die politische Debatte lohnt sich die Lektüre jedoch in jedem Fall.
CLAUDIA BRÖLL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Claudia Bröll ist von diesem Buch der beiden Wirtschaftsprofessoren aus Magdeburg, Ronnie Schöb und Joachim Weimann, nahezu hundertprozentig überzeugt. Sehr gelungen findet sie ihre Diagnose des deutschen Arbeitsmarkts, der an Überregulierung, verkrusteten Strukturen und einer zu generösen Sozialpolitik kranke. Kaum glauben mag die Rezensenten, wie die Autoren es auch noch schaffen, nebenbei einen verständlichen und geradezu vergnüglichen Grundkurs in Arbeitsökonomie mitzuliefern. Absolut einleuchtend findet sie auch die von Schöb und Weimann unterbreiteten Therapie-Vorschläge, so dass sie sich fragt, warum sie nicht schon längst angewendet werden. Im Kern geht es ihnen darum, den Patienten Arbeitsmarkt durch die sanfte Therapie der Lohnkostenzuschüsse zu heilen. Im Unterschied zum Mainzer Modells jedoch sollen jedoch verschärfte Zumutbarkeitsregelungen und staatliche Hilfen den Arbeitsanreiz erhöhen. Zweifel meldet sie allein an der Gewinn-und-Verlust-Rechnung zum Schluss des Buches an.
© Perlentaucher Medien GmbH
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