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Die Auseinandersetzung um den Arbiter, den politischen Schiedsrichter, besaß in der Frühen Neuzeit große Bedeutung. Es entsprach einer verbreiteten Erwartung, dass die Anerkennung eines geeigneten Herrschers als Arbiter der beste Weg sei, die kriegerischen Konflikte in der christlichen Staatenwelt zugunsten einer dauerhaften Friedensordnung zu beenden.
Grundlegend untersucht der Verfasser - auf der Basis der gelehrten Traktatliteratur, vor allem aber umfangreichen, bislang nur wenig beachteten publizistischen Quellenmaterials aus zahlreichen europäischen Bibliotheken und Archiven - die
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Produktbeschreibung
Die Auseinandersetzung um den Arbiter, den politischen Schiedsrichter, besaß in der Frühen Neuzeit große Bedeutung. Es entsprach einer verbreiteten Erwartung, dass die Anerkennung eines geeigneten Herrschers als Arbiter der beste Weg sei, die kriegerischen Konflikte in der christlichen Staatenwelt zugunsten einer dauerhaften Friedensordnung zu beenden.

Grundlegend untersucht der Verfasser - auf der Basis der gelehrten Traktatliteratur, vor allem aber umfangreichen, bislang nur wenig beachteten publizistischen Quellenmaterials aus zahlreichen europäischen Bibliotheken und Archiven - die Herkunft und die oftmals widerstreitende politische Verwendung der Vorstellung vom Arbiter zwischen dem 16. und dem 18. Jh. Dabei beschreibt er anschaulich , wie die Leitvorstellung des friedensstiftenden Schiedsrichters, die besonders für die (Selbst-) Darstellung der französischen und englischen Monarchie Bedeutung erlangte, auch die konkrete Gestaltung der Staatenpolitik beeinflusst hat. Die Auseinandersetzung um den friedensstiftenden Arbiter wurde so selbst zu einem konfliktträchtigen Faktor in der zwischenstaatlichen Politik im Europa der Frühen Neuzeit.
Autorenporträt
Christoph Kampmann, PD Dr. phil. habil., geb. 1961, Studium von Geschichte, Philosophie, Philologie und Staatsrecht in Bonn, Köln und Oxford. Promotion Bonn 1991, Habilitation in Bayreuth aufgrund vorliegender Arbeit; z. Z. Lehrstuhlvertretung an der Universität Bonn.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.10.2002

Schiedsrichter ans Megaphon
Schon in der frühen Neuzeit ging es darum, wer den Ton angab

Im Jahr 192 vor Christus, kurz vor seiner Ermordung, ließ Kaiser Commodus eine Münze mit der unerhörten Aufschrift "Pacificator orbis", Befrieder des Erdkreises, prägen. Dieser Titel hat die Damnatio memoriae seines Erfinders überlebt und ist in der frühen Neuzeit, dem bellizistischen Zeitalter schlechthin, zu einem Schlüsselbegriff internationaler Politik geworden. Der Blütezeit der Diskussion um den "politischen Arbiter" hat der Bayreuther Neuhistoriker Christoph Kampmann seine Habilitationsschrift gewidmet. Schauplatz des Streits ist die vorbürgerliche Öffentlichkeit, durchwegs als "politische" gedeutet; ihre Quellen fließen als Hunderte von zeitgenössischen Flugschriften und Memoranden, die seit etwa dreißig Jahren in besonderer Weise das Interesse der Forschung erregen.

Personen spielen in dieser Untersuchung nur als Anlässe eine Rolle, ebenso Ereignisse oder theoretische Konzeptionen: Man hat also eine Diskursgeschichte vor sich. Anonyme Autoren, halbvergessene Publizisten und Räte finden sich über Zeiten und Räume hinweg in die Fragen vertieft, was ein politischer Schiedsrichter ist und wer dies aus welchen Gründen sein sollte.

Die Kernbotschaft dieser Studie lautet: Der Schiedsrichtertitel fällt wie ein Wanderpreis immer demjenigen in der europäischen Politik zu, dem man unter den Bedingungen des Gleichgewichtes die Herstellung und Bewahrung eines gerechten Friedens zutraut. Arbiter zu sein vereint die älteren Herrschertugenden mit moderner Staatsräson, da hier mit gänzlich legitimen Mitteln ein Primat erreicht wird, dessen Ursprung national oder regional ist, dessen Wirkung aber universal ausfällt.

Derartige Konsequenzen zu ziehen bleibt in der Regel dem Leser überlassen. Politik- und begriffsgeschichtliche Reflexion findet bei Kampmann ausschließlich diskursbezogen statt. Fragen der Macht und des internationalen politischen Systems bleiben, weil im Diskurs nicht direkt thematisiert, ebenso in der Studie marginal. Auch Untertitel und Ausrichtung der Untersuchung können nicht vollkommen überzeugen. Wo "Europa in der frühen Neuzeit" draufsteht, sollten auch Spanien und Italien vertreten sein. In Kampmanns prachtvoller Bibliographie existiert Italien nur als päpstliche Provinz. Versucht man den Fokus präzis zu fassen, dann beschäftigt er sich fast nur mit der Entstehungsgeschichte der bourbonischen Selbstdefinition als Schiedsrichter Europas und ihrem Übergang an die englische Krone.

Und doch sollte man dem Historiker des Schiedsrichterdiskurses dankbar sein. Die Diskussion über die Stellung der Vereinigten Staaten in der Weltpolitik kreist um ihre Schiedsrichterrolle. Hat sie Leibniz nicht geradezu prophetisch beschrieben? "Ins gemein nennet man MONARCHIAM UNIVERSALEN, wenn ein König mit einem gewaltigen Heer ein Land nach dem andern angreifft, überweltiget, und sich endtlich zum Meister der bekandten welt macht, auf guth Alexandrinisch, Caesarisch oder Türkisch." Bei Kampmann holt man sich die tröstliche Gewißheit, daß dieses Schauspiel in vergänglichen Konstellationen gespielt wird.

MARKUS VÖLKEL

Christoph Kampmann: "Arbiter und Friedensstiftung". Die Auseinandersetzung um den politischen Schiedsrichter im Europa der frühen Neuzeit. Schöningh Verlag, Paderborn 2001. 394 S., br., 46,40 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Markus Völkel ist von dieser Studie über die Frage, was ein politischer Schiedsrichter in der frühen Neuzeit darstellte, nicht recht überzeugt. Zunächst bemängelt der Rezensent, dass im Gegensatz zur Ankündigung im Untertitel, der einen Blick auf Europa verspricht, in der Untersuchung Spanien und Italien ausgespart wurden. Außerdem findet er es schade, dass der Autor eigentlich lediglich "Diskursgeschichte" bietet, jedoch keine gedanklichen Konsequenzen aus seinen Überlegungen zieht. Trotzdem ist Völkel dem Autor "dankbar", dass er das Thema aufgegriffen hat, weil mit den Ausführungen zur politischen "Schiedsrichterrolle" eine sehr aktuelle Frage angesprochen wird, wie er meint.

© Perlentaucher Medien GmbH