Irritierend, komisch, geheimnisvoll. Das ist die nachdenkenswerte Bildwelt des bekannten Berliner Malers Michael Sowa, der mit seinen ganz eigenen Kunstgeschichts-Zitaten unseren Sehgewohnheiten ein Schnippchen schlägt. Mit "Arche Sowa" taucht der Betrachter ein in sati(e)risch Menschliches wie zwischenmenschlich Tierisches. Ganz gleich, ob in hopperscher Manier Hund und Katze einsam-melancholisch aus dem Fenster blicken oder die Arche mitnimmt, was bei Noah draußen bleiben musste: Sowa macht Lust auf den Blick dahinter. Die Idylle trügt. Es lebe die andere Sicht auf die Welt!
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.06.1996König Schwein - Bilder von der Arche Sowa
Sowas Schweine sind Fatalisten. Schicksalsergeben, von Gleichmut erfüllt, steht Michael Sowas Schwein auf einem winzigen Floß, inmitten einer bedrohlich aufgewühlten See. Kein Land in Sicht. Am Horizont, dicht über den Wellen, ziehen schwere Gewitterwolken heran. Die Wogen tragen kleine Schaumkronen, Zeichen schwerer Dünung und Vorboten kommender Unwetter. Kann das Schwein den Stürmen trotzen? Der Titel, den der Maler diesem tragischen, meisterlich ausgeführten Marinestück aus dem Jahr 1982 gegeben hat, klingt zynisch angesichts der Aussichtslosigkeit der Lage: "Überfahrt" (unsere Abbildung).
Sowas Schweine sind Lebenskünstler. Vom sommerlichen Bad im kühlen Weiher erfrischt, steht eine Ente auf dem gestreiften Badetuch, in einen flauschigen Bademantel gehüllt, die blaue Badehaube noch auf dem Entenschopf. Der Blick der Ente gilt dem Gefährten, der, nach schnellem Anlauf, gerade vom Badesteg abgesprungen ist und nun, ganz Körperbeherrschung, gestreckte Eleganz bis in die Hufspitzen, für einen Augenblick über dem Wasser steht, bevor er, mit dem unnachahmlich leisen Plitsch des Turmspringers, in die Fluten eintaucht. Kein Sommer läßt sich denken, der so sorglos, kein Weiher, der idyllischer wäre als der von Sowas Schwein und seiner Ente ("Köhlers Schwein", 1986).
Sowas Schweine sind Ferkel. Unbekümmert, ohne das geringste Anzeichen eines schlechten Gewissens, steht Sowas Schwein in einem Suppenteller ("Suppenschwein", 1987). Es steht ganz still, die wärmende Suppe reicht bis an den Bauch, doch sprechen die Flecken auf dem Tischleinen eine andere Sprache: Hier haben wir ein Schwein, das wohl der Hafer sticht. Sogar die Serviette ist beschmutzt. Der Blick des Schweins ist frohgemut und herausfordernd. Ihr, scheint das Schwein zu denken, könnt mir gar nichts. Und es hat recht.
Denn den Schweinen Michael Sowas sind wir ausgeliefert. Sie rühren uns, sie stimmen uns nachdenklich, wir zollen ihnen Bewunderung. Das Schwein ist der König der Tiere in der "Arche Sowa", einem neuen Band mit leider überwiegend bereits bekannten Bildern des Berliner Malers und Karikaturisten Michael Sowa. Die Liebhaber seiner klassischen, an Caspar David Friedrich und manche Niederländer erinnernden Landschaftsbilder, seiner luziden Seestücke und skurrilen Tierporträts, darunter auch Studien von Dackeln, Bären, Motten und niederem Getier, werden sich ein wenig grämen, denn Neues wird hier kaum geboten. Alle anderen werden dankbar sein. Denn ein solches Kompendium mit Werken dieses Künstlers, gut im Druck, von handlichem Format, wohlfeil und mit einer Geschichte Gerhard Polts versehen, hat es bislang noch nicht gegeben. (Michael Sowa: "Arche Sowa". Mit einer Geschichte von Gerhard Polt. Haffmans Verlag, Zürich 1996. 71 S., Abb., geb., 29,80 DM.)
HUBERT SPIEGEL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sowas Schweine sind Fatalisten. Schicksalsergeben, von Gleichmut erfüllt, steht Michael Sowas Schwein auf einem winzigen Floß, inmitten einer bedrohlich aufgewühlten See. Kein Land in Sicht. Am Horizont, dicht über den Wellen, ziehen schwere Gewitterwolken heran. Die Wogen tragen kleine Schaumkronen, Zeichen schwerer Dünung und Vorboten kommender Unwetter. Kann das Schwein den Stürmen trotzen? Der Titel, den der Maler diesem tragischen, meisterlich ausgeführten Marinestück aus dem Jahr 1982 gegeben hat, klingt zynisch angesichts der Aussichtslosigkeit der Lage: "Überfahrt" (unsere Abbildung).
Sowas Schweine sind Lebenskünstler. Vom sommerlichen Bad im kühlen Weiher erfrischt, steht eine Ente auf dem gestreiften Badetuch, in einen flauschigen Bademantel gehüllt, die blaue Badehaube noch auf dem Entenschopf. Der Blick der Ente gilt dem Gefährten, der, nach schnellem Anlauf, gerade vom Badesteg abgesprungen ist und nun, ganz Körperbeherrschung, gestreckte Eleganz bis in die Hufspitzen, für einen Augenblick über dem Wasser steht, bevor er, mit dem unnachahmlich leisen Plitsch des Turmspringers, in die Fluten eintaucht. Kein Sommer läßt sich denken, der so sorglos, kein Weiher, der idyllischer wäre als der von Sowas Schwein und seiner Ente ("Köhlers Schwein", 1986).
Sowas Schweine sind Ferkel. Unbekümmert, ohne das geringste Anzeichen eines schlechten Gewissens, steht Sowas Schwein in einem Suppenteller ("Suppenschwein", 1987). Es steht ganz still, die wärmende Suppe reicht bis an den Bauch, doch sprechen die Flecken auf dem Tischleinen eine andere Sprache: Hier haben wir ein Schwein, das wohl der Hafer sticht. Sogar die Serviette ist beschmutzt. Der Blick des Schweins ist frohgemut und herausfordernd. Ihr, scheint das Schwein zu denken, könnt mir gar nichts. Und es hat recht.
Denn den Schweinen Michael Sowas sind wir ausgeliefert. Sie rühren uns, sie stimmen uns nachdenklich, wir zollen ihnen Bewunderung. Das Schwein ist der König der Tiere in der "Arche Sowa", einem neuen Band mit leider überwiegend bereits bekannten Bildern des Berliner Malers und Karikaturisten Michael Sowa. Die Liebhaber seiner klassischen, an Caspar David Friedrich und manche Niederländer erinnernden Landschaftsbilder, seiner luziden Seestücke und skurrilen Tierporträts, darunter auch Studien von Dackeln, Bären, Motten und niederem Getier, werden sich ein wenig grämen, denn Neues wird hier kaum geboten. Alle anderen werden dankbar sein. Denn ein solches Kompendium mit Werken dieses Künstlers, gut im Druck, von handlichem Format, wohlfeil und mit einer Geschichte Gerhard Polts versehen, hat es bislang noch nicht gegeben. (Michael Sowa: "Arche Sowa". Mit einer Geschichte von Gerhard Polt. Haffmans Verlag, Zürich 1996. 71 S., Abb., geb., 29,80 DM.)
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