Mit Textvarianten und Dokumenten zur Wirkungsgeschichte
Wilhelms Heinses 1787 - zunächst anonym - erschienenes Werk 'Ardinghello und die glückseligen Inseln' gilt als der erste deutsche Künstler- und Renaissanceroman. Mit seinem berühmt-berüchtigten Briefroman, in dem Lust und Utopie ineinander übergehen, sicherte sich Heinse einen Namen unter den Romanciers der Goethezeit. Die Handlung um den Helden Ardinghello Frescobaldi, ein Florentiner Edelmann und Inbegriff des Renaissance-Menschen, die sich zwischen Venedig, Genua, Rom und griechischen Inseln abspielt, ist eine Verknüpfung bunter Episoden: Ardinghello wird wegen einer Familienfehde zum Mörder. Auf seiner Flucht verwickelt und verstrickt er sich in Entführungen, Raubüberfälle, Liebesverhältnisse und Staatsgeschäfte. Zusammen mit der gebildeten und geistreichen Fiordimona gründet er schließlich auf den Kykladen-Inseln Paros und Naxos eine Republik der Freiheit, der Liebe und des Genusses der Schönheiten von Natur und Kunst. Kritische Studienausgabe. Mit 32 Bildtafeln, Textvarianten, Dokumenten zur Wirkungsgeschichte, Anmerkungen und einem Nachwort von Max L. Baeumer.
Wilhelms Heinses 1787 - zunächst anonym - erschienenes Werk 'Ardinghello und die glückseligen Inseln' gilt als der erste deutsche Künstler- und Renaissanceroman. Mit seinem berühmt-berüchtigten Briefroman, in dem Lust und Utopie ineinander übergehen, sicherte sich Heinse einen Namen unter den Romanciers der Goethezeit. Die Handlung um den Helden Ardinghello Frescobaldi, ein Florentiner Edelmann und Inbegriff des Renaissance-Menschen, die sich zwischen Venedig, Genua, Rom und griechischen Inseln abspielt, ist eine Verknüpfung bunter Episoden: Ardinghello wird wegen einer Familienfehde zum Mörder. Auf seiner Flucht verwickelt und verstrickt er sich in Entführungen, Raubüberfälle, Liebesverhältnisse und Staatsgeschäfte. Zusammen mit der gebildeten und geistreichen Fiordimona gründet er schließlich auf den Kykladen-Inseln Paros und Naxos eine Republik der Freiheit, der Liebe und des Genusses der Schönheiten von Natur und Kunst. Kritische Studienausgabe. Mit 32 Bildtafeln, Textvarianten, Dokumenten zur Wirkungsgeschichte, Anmerkungen und einem Nachwort von Max L. Baeumer.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.02.19981787
Wilhelm Heinse "Ardinghello"
Das Land der Griechen mit der Seele suchen: schön und gut. Aber was ist mit dem Rest der Sehnsucht, der Lust, die die Nerven wollen, die Sinne? Und da ist nun Wilhelm Heinse groß (jener, dem Hölderlin, auch einer mit viel Seele, dann "Brot und Wein" widmete, dieses schönste aller Gedichte). Heinse wurde 1746 geboren, ein frühreifer Dichter, Wieland mochte und förderte ihn, den kessen jungen Griechinnenliebhaber. Aber irgendwann dann, spätestens 1787, verscherzte sich Heinse fast alles, nämlich als er ganz genau das schrieb, was er schon die ganze Zeit über schreiben wollte: sein großes Buch über jenes Italien, das er nun wollte mit weit mehr als bloß der Seele, er wollte es jetzt mit Nerven und Sinnen: das Italien der Renaissance, das Land der freien Künste, der Liebe, des Glücks. Wunderbar doch auch schon der Titel seines Romans: "Ardinghello und die glückseligen Inseln" - ach, wer da sein könnte, nicht wahr? Auf dem nächtlichen Dach des Pantheons unterreden sie sich über die Kunst, in Venedig und am leuchtenden Gardasee lieben sie sich, große Kunst und Taten jenseits aller kleinen Moral und losstürmende Liebe machen aus dem Leben das glühende Abenteuer, das doch mit dem Leben eigentlich gemeint sein muß, wenn man die Größe bedenkt, zu der es in Kunst und freiem Wollen der Mensch bringen kann, wenn ihn kein nebliger Norden und keine trübe Moral dämpfen und fesseln. Am Ende des Buchs gibt es dann, unter Künstlern und andern freien Menschen und Menschinnen namentlich (denn diese sind ja die Freiheit), eine glänzende Orgie - ein Kinderding womöglich nur, aber schon das Schwärmen davon tut gut. Vielleicht nicht in die Wirklichkeit, und was in ihr geht, aber in das, was die Sinne und Nerven wollen, war Heinse wirklich eingeweiht, und nur leicht versteckt zwischen den Zeilen (manchmal enthüllt er's entwaffnend in seinen Tagebuchnotizen) steht vieles, das einen Wieland damals empören mußte, das uns aber klar und schön vorkommt und klüger und genauer und erfrischender als das meiste sonst in den Seelen jener älteren Zeiten, die oft um die Grenzen der Freiheit und Lust besorgter waren als um die Freiheit und gar die Lust selbst. (Wilhelm Heinse: "Ardinghello und die glückseligen Inseln". Mit Bildtafeln, Textvarianten, Dokumenten und Anmerkungen herausgegeben von Max L. Baeumer. Reclam Verlag, Stuttgart 1975. 718 S., br., 29,- DM.) R.V.
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Wilhelm Heinse "Ardinghello"
Das Land der Griechen mit der Seele suchen: schön und gut. Aber was ist mit dem Rest der Sehnsucht, der Lust, die die Nerven wollen, die Sinne? Und da ist nun Wilhelm Heinse groß (jener, dem Hölderlin, auch einer mit viel Seele, dann "Brot und Wein" widmete, dieses schönste aller Gedichte). Heinse wurde 1746 geboren, ein frühreifer Dichter, Wieland mochte und förderte ihn, den kessen jungen Griechinnenliebhaber. Aber irgendwann dann, spätestens 1787, verscherzte sich Heinse fast alles, nämlich als er ganz genau das schrieb, was er schon die ganze Zeit über schreiben wollte: sein großes Buch über jenes Italien, das er nun wollte mit weit mehr als bloß der Seele, er wollte es jetzt mit Nerven und Sinnen: das Italien der Renaissance, das Land der freien Künste, der Liebe, des Glücks. Wunderbar doch auch schon der Titel seines Romans: "Ardinghello und die glückseligen Inseln" - ach, wer da sein könnte, nicht wahr? Auf dem nächtlichen Dach des Pantheons unterreden sie sich über die Kunst, in Venedig und am leuchtenden Gardasee lieben sie sich, große Kunst und Taten jenseits aller kleinen Moral und losstürmende Liebe machen aus dem Leben das glühende Abenteuer, das doch mit dem Leben eigentlich gemeint sein muß, wenn man die Größe bedenkt, zu der es in Kunst und freiem Wollen der Mensch bringen kann, wenn ihn kein nebliger Norden und keine trübe Moral dämpfen und fesseln. Am Ende des Buchs gibt es dann, unter Künstlern und andern freien Menschen und Menschinnen namentlich (denn diese sind ja die Freiheit), eine glänzende Orgie - ein Kinderding womöglich nur, aber schon das Schwärmen davon tut gut. Vielleicht nicht in die Wirklichkeit, und was in ihr geht, aber in das, was die Sinne und Nerven wollen, war Heinse wirklich eingeweiht, und nur leicht versteckt zwischen den Zeilen (manchmal enthüllt er's entwaffnend in seinen Tagebuchnotizen) steht vieles, das einen Wieland damals empören mußte, das uns aber klar und schön vorkommt und klüger und genauer und erfrischender als das meiste sonst in den Seelen jener älteren Zeiten, die oft um die Grenzen der Freiheit und Lust besorgter waren als um die Freiheit und gar die Lust selbst. (Wilhelm Heinse: "Ardinghello und die glückseligen Inseln". Mit Bildtafeln, Textvarianten, Dokumenten und Anmerkungen herausgegeben von Max L. Baeumer. Reclam Verlag, Stuttgart 1975. 718 S., br., 29,- DM.) R.V.
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