Dieser große Reportage-Essay dokumentiert William T. Vollmanns Begegnungen mit armen Menschen - von Kambodscha bis Afghanistan, von Japan bis in den Kongo, von Irland bis in den Jemen. Der Autor ist ein Insektenforscher unter den Menschenjägern, macht aus Zufallsbegegnungen ein Forschungsprojekt, stellt bohrende Fragen, wägt ab, bewertet. Er baut aus einem Kaleidoskop mikroskopisch genauer Betrachtungen seine ganz eigene Theorie der Armut, reich illustriert mit seinen eigenen Fotos.
Arme Leute ist eine einzigartige Erkundung unserer Welt. Vor allem aber ist dieses Buch eine Reise in den Kopf eines der eigenwilligsten Schriftsteller unserer Zeit, der sich das Universum der Armut zu eigen macht.
Arme Leute ist eine einzigartige Erkundung unserer Welt. Vor allem aber ist dieses Buch eine Reise in den Kopf eines der eigenwilligsten Schriftsteller unserer Zeit, der sich das Universum der Armut zu eigen macht.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.10.2018Der heilige Narr von Sacramento
Für seinen Reportagen-Band „Arme Leute“ ist William T. Vollmann um die Welt gereist – und ratlos zurückgekommen
„Armut ist nie politisch.“ Diese Behauptung lässt William T. Vollmann nebenbei in seine Betrachtungen über das Leben eines Fischers in Jemen einfließen, der an guten Tagen umgerechnet 18 Dollar verdient. Wer Probleme mit diesem lapidaren Satz hat, wird als Leser von Vollmanns Reportagensammlung „Arme Leute“ noch ein paarmal schlucken müssen. Das Buch bietet weniger Welterklärung als den für diesen Autor typischen Mix aus Milieuschilderungen – unter anderem aus Thailand, Mexiko, Afghanistan, Kolumbien, Russland, Kenia, China und Japan – und dem Abgleich zutiefst persönlicher Erfahrungen und Empfindungen mit gesellschaftsphilosophischen Theorien, die teils bestätigt, teils ad absurdum geführt werden.
Vollmanns Arbeitsethos gleicht dem der anglo-amerikanischen Vielschreiber des 19. Jahrhunderts, die wie er zwischen Literatur und Journalismus pendelten. Der 59-Jährige hat bis dato mehr als 25 Romane, Kurzgeschichtensammlungen und Sachbücher geschrieben, die meisten von ihnen extrem umfangreich, etwa sein Magnum Opus „Europe Central“. Er war als Kriegsberichterstatter in Afghanistan, später in Bosnien, wo er knapp den Kugeln eines Scharfschützen entging, und hat zuletzt eine zweibändige Abhandlung über den Klimawandel veröffentlicht. Bekannt machten ihn nicht zuletzt die Romane seiner sogenannten „Prostituierten-Trilogie“, die zwischen 1994 und 2000 erschien.
Seine Armutsrecherchen führten ihn wieder in dieses Milieu, zum Beispiel in Mexiko: „Die Straßendirne Angelica in Mexicali, die nach getaner nächtlicher Arbeit zu mir aufs Zimmer kam und nach Urin und Schweiß stank, versicherte mir: Ich bin nicht arm, denn ich kann arbeiten.“ Trotz der seltsam zwielichtigen Situation – wieso kommt die „Straßendirne“ zu Vollmann aufs Zimmer? – respektiert er die Menschen, die er trifft (und fotografiert, die Porträts findet man im Anhang). Er erzählt ihre Geschichten unsentimental, ohne je den Eindruck zu erwecken, ihre Existenz sei etwas anderes als bedrückend.
Da ist Sunee, eine alkoholkranke Frau aus Bangkok, die Vollmann im Slum von Khlong Toei kennenlernt. Sie geht manchmal putzen, ihre Tochter übernachtet oft bei der Großmutter, die ein paar Möbel mehr besitzt als die Mutter. Er steckt dem Mädchen Geld zu, aber seine Übersetzerin warnt ihn, ihr nicht zu viel zu geben, da Sunee es ihr sonst wegnehmen und es versaufen werde. Da ist die ukrainische Bettlerin Oksana, die er in Moskau trifft, und deren ganze Familie unter den Folgen der Tschernobyl-Katastrophe leidet. Da ist der „unterwürfige“ Carty in Hanoi, der darauf besteht, Vollmann mit „Sir“ anzureden, und immer nach Kot stinkt.
Vollmann gibt nie vor, Antworten auf die Frage zu haben, die er wieder und wieder stellt: „Warum bist du arm?“ Die Antworten der Armen selbst fallen höchst unterschiedlich aus: Die Armut ist eine Strafe für schlechtes Verhalten in einer früheren Inkarnation. Gott will es so. Im Kommunismus wussten wir nicht, dass wir arm waren, weil das die Norm war. Vollmann referiert all diese fatalistischen oder rationalisierenden Erklärungen, dreht und wendet sie, betrachtet alle als gleichwertig. Er enthält sich jedes moralischen Urteils.
Doch diese dokumentarische Distanz ist natürlich nur Schein. Erstens interveniert Vollmann permanent, vor allem finanziell – teils, um sein Gegenüber gesprächsbereit zu machen, teils, um eine unmittelbare Notsituation zu lindern. Zweitens kommt er unvermittelt immer wieder zu Schlussfolgerungen wie dieser: „Welch Glück, in die Arbeit auf dem Reisfeld hineingeboren zu werden, statt erst ein reicheres Leben zu leben und dann abzusteigen! – Aber diese Denkungsart impliziert: Viel besser wäre es nie geboren zu sein.“ Spricht aus solchen Schlussfolgerungen der Wille zur Provokation? Oder die Anspielung auf Gesellschaftsbeobachter wie Montaigne, der glaubte, die Angst vor Verarmung sei schlimmer als die Armut selbst? Oder einfach Erste-Welt-Hybris?
Vollmann ist sich des Eigentumsgefälles zwischen sich selbst und den Menschen, mit denen er redet, bewusst, ja, er gesteht sogar ein, als „kleinbürgerlicher Immobilienbesitzer“ manchmal Angst vor Armen zu haben. In einer Episode berichtet er von schwarzen Jugendlichen in seinem Wohnort Sacramento, die ihn nach einem Einkauf zur Herausgabe seiner Tüten auffordern. Er weigert sich und geht einfach weg.
Ein paar Tage später findet er sich neben einem dieser Jungen an einer Haltestelle wieder. Der Junge holt aus, um ihn zu schlagen, nur die Intervention eines anderen Fahrgastes verhindert Schlimmeres. „Aber das waren keine armen Leute, oder?“, bemerkt Vollmann. „Das waren einfach Rowdys auf der schiefen Bahn.“ Wieder bleibt offen, ob wir es mit Ironie oder tatsächlich mit dem halbherzigen Versuch einer Kategorisierung in „gute“ und „schlechte“ Arme zu tun haben.
Die Journalistin Hillary Johnson hat Vollmann den „Heiligen Narren“ der amerikanischen Literatur genannt, der den Mächtigen die Wahrheit sage. Doch daran hat der Autor zumindest in diesem Buch kein Interesse. Objektive Wahrheit existiert für ihn nicht, allenfalls eine zutiefst subjektive, durch eine gegenteilige Meinung widerlegbare. Darum kleidet er mögliche Auswege in Fragen: „Was hätte ich tun sollen, wem habe ich geholfen, wem geschadet, und was soll ich jetzt tun? Ist mehr Hilfe, und das gezielter die Antwort? Was mich angeht, wie könnte sie es nicht sein? Aber wie kann ich gezielter helfen?“
Grundsätzlich ist es ein leserfreundlicher Ansatz, sich dem universellen Problem der Armut mit persönlichen Erfahrungen statt mit Statistiken oder vorgefassten Theorien zu nähern. Doch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser Materialanhäufung eine weniger unfokussierte Auseinandersetzung mit dem Thema gutgetan hätte. Aber es ist einfach nicht Vollmanns Stil, zugunsten einer rigoroseren Analyse mehr Ordnung in das Recherchierte zu bringen.
„Arme Leute“ erschien im Original bereits 2007, also vor der globalen Finanzkrise. Seitdem ist die Verteilung von Wohlstand noch ungerechter, der Abstand zwischen wenigen Superreichen und Milliarden Armen noch obszöner geworden. Das macht die Frage, warum Armut Vollmann zufolge „nie politisch“ ist, noch interessanter. Wie zu erwarten, gibt er keine Antwort. Was man aus der Lektüre allerdings lernt, ist, dass man sich als reicher Westler dem Phänomen der Armut nicht nähern kann, ohne selbst immer wieder zu jenen Strukturen und Mechanismen beizutragen, in denen diese Armut wurzelt.
ALEXANDER MENDEN
William T. Vollmann: Arme Leute. Reportagen. Aus dem Englischen von Robin Detje. Mit Fotografien des Autors. Suhrkamp Verlag, Berlin 2018. 281 Seiten, 22,70 Euro.
Welch Glück, in die
Arbeit auf dem
Reisfeld hineingeboren
zu werden, statt
erst ein reicheres
Leben zu leben
und dann abzusteigen!“
WILLIAM T. VOLLMANN
Zwei Jungen 2001 in der Altstadt von Atyrau, Kasachstan: Ihr Haus sollte wenig später abgerissen werden.
Foto: William Vollmann / Suhrkamp Verlag
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Für seinen Reportagen-Band „Arme Leute“ ist William T. Vollmann um die Welt gereist – und ratlos zurückgekommen
„Armut ist nie politisch.“ Diese Behauptung lässt William T. Vollmann nebenbei in seine Betrachtungen über das Leben eines Fischers in Jemen einfließen, der an guten Tagen umgerechnet 18 Dollar verdient. Wer Probleme mit diesem lapidaren Satz hat, wird als Leser von Vollmanns Reportagensammlung „Arme Leute“ noch ein paarmal schlucken müssen. Das Buch bietet weniger Welterklärung als den für diesen Autor typischen Mix aus Milieuschilderungen – unter anderem aus Thailand, Mexiko, Afghanistan, Kolumbien, Russland, Kenia, China und Japan – und dem Abgleich zutiefst persönlicher Erfahrungen und Empfindungen mit gesellschaftsphilosophischen Theorien, die teils bestätigt, teils ad absurdum geführt werden.
Vollmanns Arbeitsethos gleicht dem der anglo-amerikanischen Vielschreiber des 19. Jahrhunderts, die wie er zwischen Literatur und Journalismus pendelten. Der 59-Jährige hat bis dato mehr als 25 Romane, Kurzgeschichtensammlungen und Sachbücher geschrieben, die meisten von ihnen extrem umfangreich, etwa sein Magnum Opus „Europe Central“. Er war als Kriegsberichterstatter in Afghanistan, später in Bosnien, wo er knapp den Kugeln eines Scharfschützen entging, und hat zuletzt eine zweibändige Abhandlung über den Klimawandel veröffentlicht. Bekannt machten ihn nicht zuletzt die Romane seiner sogenannten „Prostituierten-Trilogie“, die zwischen 1994 und 2000 erschien.
Seine Armutsrecherchen führten ihn wieder in dieses Milieu, zum Beispiel in Mexiko: „Die Straßendirne Angelica in Mexicali, die nach getaner nächtlicher Arbeit zu mir aufs Zimmer kam und nach Urin und Schweiß stank, versicherte mir: Ich bin nicht arm, denn ich kann arbeiten.“ Trotz der seltsam zwielichtigen Situation – wieso kommt die „Straßendirne“ zu Vollmann aufs Zimmer? – respektiert er die Menschen, die er trifft (und fotografiert, die Porträts findet man im Anhang). Er erzählt ihre Geschichten unsentimental, ohne je den Eindruck zu erwecken, ihre Existenz sei etwas anderes als bedrückend.
Da ist Sunee, eine alkoholkranke Frau aus Bangkok, die Vollmann im Slum von Khlong Toei kennenlernt. Sie geht manchmal putzen, ihre Tochter übernachtet oft bei der Großmutter, die ein paar Möbel mehr besitzt als die Mutter. Er steckt dem Mädchen Geld zu, aber seine Übersetzerin warnt ihn, ihr nicht zu viel zu geben, da Sunee es ihr sonst wegnehmen und es versaufen werde. Da ist die ukrainische Bettlerin Oksana, die er in Moskau trifft, und deren ganze Familie unter den Folgen der Tschernobyl-Katastrophe leidet. Da ist der „unterwürfige“ Carty in Hanoi, der darauf besteht, Vollmann mit „Sir“ anzureden, und immer nach Kot stinkt.
Vollmann gibt nie vor, Antworten auf die Frage zu haben, die er wieder und wieder stellt: „Warum bist du arm?“ Die Antworten der Armen selbst fallen höchst unterschiedlich aus: Die Armut ist eine Strafe für schlechtes Verhalten in einer früheren Inkarnation. Gott will es so. Im Kommunismus wussten wir nicht, dass wir arm waren, weil das die Norm war. Vollmann referiert all diese fatalistischen oder rationalisierenden Erklärungen, dreht und wendet sie, betrachtet alle als gleichwertig. Er enthält sich jedes moralischen Urteils.
Doch diese dokumentarische Distanz ist natürlich nur Schein. Erstens interveniert Vollmann permanent, vor allem finanziell – teils, um sein Gegenüber gesprächsbereit zu machen, teils, um eine unmittelbare Notsituation zu lindern. Zweitens kommt er unvermittelt immer wieder zu Schlussfolgerungen wie dieser: „Welch Glück, in die Arbeit auf dem Reisfeld hineingeboren zu werden, statt erst ein reicheres Leben zu leben und dann abzusteigen! – Aber diese Denkungsart impliziert: Viel besser wäre es nie geboren zu sein.“ Spricht aus solchen Schlussfolgerungen der Wille zur Provokation? Oder die Anspielung auf Gesellschaftsbeobachter wie Montaigne, der glaubte, die Angst vor Verarmung sei schlimmer als die Armut selbst? Oder einfach Erste-Welt-Hybris?
Vollmann ist sich des Eigentumsgefälles zwischen sich selbst und den Menschen, mit denen er redet, bewusst, ja, er gesteht sogar ein, als „kleinbürgerlicher Immobilienbesitzer“ manchmal Angst vor Armen zu haben. In einer Episode berichtet er von schwarzen Jugendlichen in seinem Wohnort Sacramento, die ihn nach einem Einkauf zur Herausgabe seiner Tüten auffordern. Er weigert sich und geht einfach weg.
Ein paar Tage später findet er sich neben einem dieser Jungen an einer Haltestelle wieder. Der Junge holt aus, um ihn zu schlagen, nur die Intervention eines anderen Fahrgastes verhindert Schlimmeres. „Aber das waren keine armen Leute, oder?“, bemerkt Vollmann. „Das waren einfach Rowdys auf der schiefen Bahn.“ Wieder bleibt offen, ob wir es mit Ironie oder tatsächlich mit dem halbherzigen Versuch einer Kategorisierung in „gute“ und „schlechte“ Arme zu tun haben.
Die Journalistin Hillary Johnson hat Vollmann den „Heiligen Narren“ der amerikanischen Literatur genannt, der den Mächtigen die Wahrheit sage. Doch daran hat der Autor zumindest in diesem Buch kein Interesse. Objektive Wahrheit existiert für ihn nicht, allenfalls eine zutiefst subjektive, durch eine gegenteilige Meinung widerlegbare. Darum kleidet er mögliche Auswege in Fragen: „Was hätte ich tun sollen, wem habe ich geholfen, wem geschadet, und was soll ich jetzt tun? Ist mehr Hilfe, und das gezielter die Antwort? Was mich angeht, wie könnte sie es nicht sein? Aber wie kann ich gezielter helfen?“
Grundsätzlich ist es ein leserfreundlicher Ansatz, sich dem universellen Problem der Armut mit persönlichen Erfahrungen statt mit Statistiken oder vorgefassten Theorien zu nähern. Doch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser Materialanhäufung eine weniger unfokussierte Auseinandersetzung mit dem Thema gutgetan hätte. Aber es ist einfach nicht Vollmanns Stil, zugunsten einer rigoroseren Analyse mehr Ordnung in das Recherchierte zu bringen.
„Arme Leute“ erschien im Original bereits 2007, also vor der globalen Finanzkrise. Seitdem ist die Verteilung von Wohlstand noch ungerechter, der Abstand zwischen wenigen Superreichen und Milliarden Armen noch obszöner geworden. Das macht die Frage, warum Armut Vollmann zufolge „nie politisch“ ist, noch interessanter. Wie zu erwarten, gibt er keine Antwort. Was man aus der Lektüre allerdings lernt, ist, dass man sich als reicher Westler dem Phänomen der Armut nicht nähern kann, ohne selbst immer wieder zu jenen Strukturen und Mechanismen beizutragen, in denen diese Armut wurzelt.
ALEXANDER MENDEN
William T. Vollmann: Arme Leute. Reportagen. Aus dem Englischen von Robin Detje. Mit Fotografien des Autors. Suhrkamp Verlag, Berlin 2018. 281 Seiten, 22,70 Euro.
Welch Glück, in die
Arbeit auf dem
Reisfeld hineingeboren
zu werden, statt
erst ein reicheres
Leben zu leben
und dann abzusteigen!“
WILLIAM T. VOLLMANN
Zwei Jungen 2001 in der Altstadt von Atyrau, Kasachstan: Ihr Haus sollte wenig später abgerissen werden.
Foto: William Vollmann / Suhrkamp Verlag
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensentin Angela Schader hat sich von dem amerikanischen Schrifsteller und Journalisten William T. Vollmann gern in einen "Steinbruch stoßen" lassen. Genauso "rau, ungeschliffen", bisweilen auch unentschieden erscheinen ihr die hier versammelten Reportagen, für die Vollmann quer durch die Welt reiste, um Menschen auf dem ganzen Globus in Nahaufnahme, aber ohne Sentimentalitäten zu ihrem Leben in Armut zu befragen. Wenn der Autor mit einer alleinerziehenden Reinigungskraft in Thailand spricht, die ihren Kummer im Alkohol ertränkt, in Japan auf "Großer Berg" und "kleiner Berg" trifft, die vor kurzem noch "Salarymen", nun auf der Straße leben oder im kasachischen Sarykamy erlebt, wie die Bewohner an den Emissionen der nahen Erdölraffinierie elendig sterben, lernt die Kritikerin: Armut ist mehr Erfahrung denn "ökonomisch bezifferbarer Zustand". Wenn Vollmann verschiedene Erscheinungen von Armutserfahrungen, etwa Abhängigkeit, Entfremdung oder Schmerz, in Unterkapiteln zu fassen versucht, gerät das Schader zwar zu wenig konkret. Zahlreiche Denkanregungen verdankt sie diesem, wie sie findet, "klugen" Buch aber in jedem Fall.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Statt den Lesern Tränen über das harte Leben der Frauen aus den Augen zu locken, zeigt Vollmann seine Protagonistinnen als ambivalente Menschen ... Und das ist erfrischend anders.« Elisa von Hof SPIEGEL ONLINE 20181008