Sie sind jung, verliebt und unterwegs ans Meer, Kate und Fabien, Fabien und Kate, sie drehen das Autoradio lauter, stemmen die Füße gegen die Armaturen und schließen beim Fahren die Augen. So fangen sommerliche Roadmovies an, manchmal auch abgründige Psychodramen, Armor ist beides auf einmal und einer der seltenen deutschsprachigen Romane, die das Schwerelose und Komische zur literarischen Tugend erheben. Vielleicht, weil so vieles an ihm französisch ist: die Figuren, die Atlantikküste und diese elegante Art, fatale Verwicklungen als Spiel von Anziehung und Abstoßung zu inszenieren. Was eben so passiert, wenn eine Handvoll Menschen an einem entlegenen Ort aufeinandertrifft: Kate und Fabien, arrogant in ihrer Unschuld, die schöne Isabelle und ihr undurchschaubarer Mann Jacques, außerdem das Mädchen Marie. Eine malerische Bucht wird mehrmals aufgesucht, der Verzehr von Schalentieren bleibt nicht ohne Folgen, les femmes sont très fatales, und das Meer - man kann darin auf einen Seeigel treten, man kann darin umkommen. Marcus Braun ist ein Meister reduzierter Szenen und Dialoge, die vieles unausgesprochen lassen und noch mehr vorstellbar machen. In Armor inszeniert er lakonisch leicht ein raffiniertes erotisches Spiel, das an die Filme der Nouvelle Vague erinnert. Man denke an Jean Seberg und den jungen Belmondo.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Christoph Schröder will eigentlich nichts Böses sagen über diesen Roman, den vierten von Marcus Braun. Also sagt er, dass die Geschichte die hier erzählt wird, sowohl das "komische Talent" des Autors verrate wie auch seine Fähigkeit, die "unterschiedlichsten Stillagen" auf engem Raum durchaus überzeugend zu versammeln. Überschaubar ist das Personal: Fabien und Kate (ein junges Paar) sowie Isabell und ihr Ehemann Jacques. Man begegnet einander durch Zufall, man ist versammelt im "Land am Meer" (so die deutsche Übersetzung des keltischen Titels "ar mor") und im Spiel sind Sex und Begierde und das Meer und vor allem das "Irgendwie". Im Vagen nämlich bleibt vieles, so Schröder, zu vieles vielleicht, und überdies bleibe die Tonlage auch "komplett cool". Der Rezensent will gar nicht abstreiten, dass der Autor die Vagheit will, die er bietet, und auch nicht, dass er das kann, was er will. Als "Versuchsanordnung" sei der Roman darum durchaus gelungen, aber gerade aufregend oder unvergesslich sei er nicht.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH