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Der Präfekt der Glaubenskongregation der Katholischen Kirche war von 1988 bis 2002 jeden Sommer mehrere Wochen in verschiedenen südamerikanischen Ländern seelsorgerisch tätig. Dabei kritisierte er nicht nur die dortigen Lebensverhältnisse der verarmten Bevölkerung und die herrschenden sozialen Unterschiede, sondern auch die Untätigkeit und das mangelnde Engagement in Teilen des örtlichen Klerus. Er plädiert in diesem Zusammenhang für einen kompromisslosen Einsatz gegen Armut und Unrecht ("Theologie der Befreiung"). Ausgehend von diesen sehr persönlichen Erfahrungen, widmet sich Müller, der zu…mehr

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Produktbeschreibung
Der Präfekt der Glaubenskongregation der Katholischen Kirche war von 1988 bis 2002 jeden Sommer mehrere Wochen in verschiedenen südamerikanischen Ländern seelsorgerisch tätig. Dabei kritisierte er nicht nur die dortigen Lebensverhältnisse der verarmten Bevölkerung und die herrschenden sozialen Unterschiede, sondern auch die Untätigkeit und das mangelnde Engagement in Teilen des örtlichen Klerus. Er plädiert in diesem Zusammenhang für einen kompromisslosen Einsatz gegen Armut und Unrecht ("Theologie der Befreiung"). Ausgehend von diesen sehr persönlichen Erfahrungen, widmet sich Müller, der zu den wichtigsten Kardinälen in Rom zählt, dem Thema Armut. Auch Papst Franziskus hat auf seinen ersten Reisen nach Lampedusa und zum Weltjugendtag nach Brasilien und bei zahlreichen anderen Veranstaltungen das Thema "Armut" immer wieder in den Mittelpunkt seiner Predigten gestellt. Im Sinne der Katholischen Soziallehre spricht sich Müller für eine solidarische, gerechte und mitmenschliche Gesellschaft aus und beleuchtet, welche Konsequenzen sich dadurch für die Weltkirche ergeben.

Im Sinne der "Theologie der Befreiung"
Das neue Programm im Vatikan
Kardinal Müller berichtet erstmals von seinen persönlichen Erfahrungen in Lateinamerika
Autorenporträt
Gerhard Ludwig Kardinal Müller, geb. 1947, ist Kurienkardinal und emeritierter Bischof von Regensburg (2002-2012). Im Juli 2012 wurde er von Papst Benedikt XVI. zum Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre ernannt. 2014 erhob ihn Papst Franziskus in den Kardinalsstand.

Müller studierte Philosophie und Theologie. Er promovierte und habilitierte bei Prof. Dr. Karl Lehmann. 1986 erhielt er den Ruf auf den Lehrstuhl für Katholische Dogmatik der Ludwig-Maximilians-Universität in München, wo er bis heute Honorarprofessor ist.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.07.2014

Ende eines Missverständnisses
Kardinal Müller erhebt die Befreiungstheologie zum "klassischen" Teil des Dogmas

Die südamerikanische Befreiungstheologie sei mittlerweile ein "klassischer" Teil des katholischen Dogmas. Die Kritik der Kongregation für die Glaubenslehre aus den neunziger Jahren habe entweder auf Missverständnissen im Vatikan beruht oder hänge damit zusammen, dass die zwei Dokumente der Kongregation dazu falsch gelesen wurden; denn eigentlich ist ihr Autor, der damalige Präfekt und spätere Papst Benedikt XVI. ein Pate für die Befreiungstheologie. Das ergibt die Lektüre des Buches vom heutigen Präfekten Gerhard Kardinal Müller.

"Armut" heißt das Werk und enthält ein ausführliches Vorwort von Papst Franziskus, Müllers Darstellung der Lehre, Erinnerungen an seine Aufenthalte in Südamerika sowie Reminiszenzen des Theologen Josef Sayer, der als Hauptgeschäftsführer des bischöflichen Hilfswerkes Misereor Müller mit dem "Vater" der Befreiungstheologie, Gustavo Gutiérrez, zusammenbrachte. Sayer begründete damit eine Freundschaft, die Gutiérrez in dem Buch nicht nur mit eigenen Texten bezeugt, sondern auch mit der Buchvorstellung in Rom, bei der Müller, Sayer und Gutiérrez gemeinsam die italienische Fassung mit dem besser passenden Titel "Povera per i Poveri" präsentierten; bei diesem Buchtitel wird die Mission der Kirche klarer, nämlich "arm für die Armen" zu sein.

Mit Gutiérrez lernte Müller Ende der neunziger Jahre in Südamerika eine Generation von Theologen kennen, die es wie der Autor der "Teología de la Liberación" nicht mehr mit den Eliten und ihren Regimen hielt, sondern das Evangelium als Ausführung des Gleichnisses vom barmherzigen Samariter las. Wer da Jesu Ruf zur Nachfolge entsprechen wolle, müsse "für alle Leidenden der Nächste" sein und so handeln wie Jesus, sagte Gutiérrez. Dem folgte zeitweise auch Müller und lehrte nicht nur in São Paulo oder Cusco im Hochland Perus, sondern arbeitete in den Ferien in den Slums von Lima oder mit den Campesinos einer Pfarrei beim Titicaca-See.

Gemeinhin gilt Müller als der Dogmatiker; doch bei der Befreiungstheologie geht er den anderen Weg. Der theologische Ansatz der "Teología de la Liberación" sei nicht ein theoretisches Konstrukt, schreibt Müller, sondern beginne beim Leben der Millionen Ausgebeuteten, die vor allem in Südamerika unter dem neoliberalen Kapitalismus litten, der "Schande unserer Zeit". In dieser Region stehe Kapitalismus "für das zum alleinigen Prinzip menschlichen Handelns erhobene schrankenlose Streben nach persönlichem Reichtum", hält Müller fest. Dies habe nichts mit dem freien Unternehmertum in Europa zu tun, wo Menschen ihre Arbeit und Fähigkeiten einbrächten, nichts mit der sozialen Marktwirtschaft. Aber überall auf der Welt, wo Menschen im Elend und verachtet leben müssten, bleibe die Befreiungstheologie aktuell.

Es sei "pikant", schreibt Sayer, dass Müller mit Zitaten seines Vorvorgängers Josef Kardinal Ratzinger die Befreiungstheologie in die Glaubenslehre einreiht, habe doch gerade dessen Kritik an dieser Theologie dazu geführt, dass einst die peruanische Bischofskonferenz eigens nach Rom reiste, um mit Ratzinger in einer Krisensitzung die Ideen von Gutiérrez zu debattieren. Aber Ratzingers Kritik sei schnell auch dadurch abgemildert worden, dass er Gutiérrez persönlich schätzen lernte. Im Rückblick sagt Müller, die Kurie habe damals die "Befreiungstheologien" über jene von Gutiérrez hinaus nur davor bewahren wollen, "zu politischen Ideologien zu werden und damit ihren eigenen Charakter als Theologie zu verlieren". Zum Schluss ist Ratzinger bei Müller selbst fast ein Vertreter der Befreiungstheologie, denn auch für ihn sei das Evangelium "aus sich selbst eine Botschaft der Freiheit und Befreiung", die sich die Kirche zu eigen machen müsse.

In Marxismusverdacht sei die Befreiungstheologie vor allem durch Präsident Ronald Reagan geraten. Dabei sei für diese Theologie der Marxismus genauso wenig Lösung wie der Kapitalismus; denn beide verbinde ein Menschenbild, bei dem Gott und Christus keine Rolle dabei hätten, dem Einzelnen seine Würde und Freiheit zu geben, stellt Müller fest.

JÖRG BREMER

Kardinal Gerhard Ludwig Müller: "Armut. Die Herausforderung für den Glauben. Mit einem Geleitwort von Papst Franziskus". Kösel, 176 Seiten, 17,99 Euro

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