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Die Menschheit erlebt aktuell die größte Völkerwanderung ihrer Geschichte.
Ein Drittel der Weltbevölkerung zieht über Provinzen, Länder, Kontinente hinweg vom Land in die Städte. In unserer Zeit leben zum ersten Mal mehr Menschen in der Stadt als auf dem Land. Die These, dass diese radikale, unumkehrbare Entwicklung eine positive ist sowohl für die Migranten als auch für die Städte, in denen sie ankommen , setzt Saunders Buch von gern beschworenen Untergangsszenarien ab. Ob Migration funktioniert oder nicht, hat wenig mit kulturellen Klüften oder religiösen Gegensätzen zu tun. Die Ziele der…mehr

Produktbeschreibung
Die Menschheit erlebt aktuell die größte Völkerwanderung ihrer Geschichte.

Ein Drittel der Weltbevölkerung zieht über Provinzen, Länder, Kontinente hinweg vom Land in die Städte. In unserer Zeit leben zum ersten Mal mehr Menschen in der Stadt als auf dem Land. Die These, dass diese radikale, unumkehrbare Entwicklung eine positive ist sowohl für die Migranten als auch für die Städte, in denen sie ankommen , setzt Saunders Buch von gern beschworenen Untergangsszenarien ab. Ob Migration funktioniert oder nicht, hat wenig mit kulturellen Klüften oder religiösen Gegensätzen zu tun. Die Ziele der Neuankömmlinge sind egal aus welchem Land sie stammen oder in welche Stadt sie gehen die gleichen. Doch ob sie Arbeit finden, soziale Netzwerke aufbauen, ihren Kindern Schulbildung und eine Zukunft ermöglichen können, hängt stark davon ab, ob die Stadt auf sie vorbereitet ist.

Drei Jahre lang hat Saunders in Berlin-Kreuzberg, im Londoner East End und den Banlieues von Paris, in den Favelas von Rio de Janeiro und den Barrios in Los Angeles mit Menschen über ihre Lebenspläne und -wirklichkeiten gesprochen. Über zwanzig solcher Viertel, Rand- und Außenbezirke, diese Orte der Ankunft Arrival Citys , porträtiert Saunders in seinem Buch. Sein Fazit: Scheitert die Arrival City, wird sie zum sozialen Brennpunkt, zur Brutstätte von Kriminalität und hybridem Extremismus, zum Elendsviertel. Blüht sie auf, wird die Arrival City zur Geburtsstätte der neuen Mittelschicht, der stabilen Wirtschaft und des sozialen Friedens einer Stadt.

Autorenporträt
Doug Saunders, Jahrgang 1967, ist kanadisch-britischer Autor und Journalist. Für seine Reportagen und Kolumnen wurde er bislang vier Mal mit dem National Newspaper Award ausgezeichnet, dem kanadischen Pendant des Pulitzers. Saunders leitet derzeit das Europabüro der zweitgrößten kanadischen Tageszeitung Globe and Mail in London.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.12.2011

Eine Reise in unsere Zukunft
Ankunftsstädte sind keine Endstationen

Auf beeindruckende Art und Weise berichtet der kanadisch-britische Journalist Doug Saunders über die "Ankunftsstädte" dieser Welt. Hunderte Millionen Menschen ziehen vom Land in die Randgebiete, Außensiedlungen oder Banlieues. Hier haben in der Vergangenheit bedeutende Entwicklungen begonnen: die Französische Revolution, der Sturz des letzten Schahs, der Aufstieg von Recep Tayyip Erdogans Partei und der Erfolg eines Hugo Chávez. Und hier wird in Zukunft noch weit mehr geschehen. Diese Orte werden über unseren Wohlstand entscheiden - vor allem in Europa.

Saunders beschreibt nicht nur real "angekommene" Menschen mit ihren Situationen, Hoffnungen und Plänen - die er allesamt während einer dreijährigen Reise besucht hat -, er leitet daraus auch Forderungen ab. Einer seiner Schlüsse, "der wohl weder den Ideologen der sozialistischen Linken noch den rechten Marktradikalen gefallen wird", lautet: "Will man den armen Migranten vom Land soziale Mobilität und Zugang zur Mittelschicht ermöglichen, braucht man sowohl einen freien Markt mit breit gestreutem Privateigentum als auch eine starke und durchsetzungsfähige Regierung, die bereit ist, massiv in diesen Übergang zu investieren." Das gelte für alle "Ankunftsstädte" dieser Welt. Aber in den letzten Jahrzehnten wurden Fehler gemacht.

"Zonierung und Flächennutzungspläne sind den Stadtplanern bis heute sehr wichtig. Sie glauben häufig immer noch, dass Städte streng in Wohn-, Geschäfts- und Leichtindustriebereiche unterteilt werden sollten - mit geringen Überschneidungen. Aber die erfolgreichsten Stadtviertel der Welt sind Bezirke, die eine extrem hohe Nutzungsdichte mit einer stark gemischten Nutzung verbinden." In der Tat fallen dem Leser Beispiele ein: die Londoner Stadtteile Kensington und Chelsea oder das 6. und 7. Arrondissement von Paris. "Die erfolgreiche Ankunftsstadt muss Raum für Spontaneität bieten. Ein bestimmtes Stück Land muss in einer Gemeinschaft von neu eingetroffenen Migranten von Zeit zu Zeit vielleicht als Wohnung, Laden, kleine Fabrik, Versammlungsort, Kirche oder für irgendeine Verbindung dieser Nutzungsarten dienen können, und es muss sich verändern und entwickeln."

Saunders Werk wird als Meilenstein in das Genre der Sachbuchgeschichte eingehen. Es zeigt, wie lebendig und leidenschaftlich ein Werk geschrieben werden kann, das die Erlebnisse realer Menschen mit der Auswertung wissenschaftlicher Analysen und einer Formulierung politischer Forderungen verbindet. Saunders kommt zu ähnlichen Schlüssen wie Edward Glaeser von der Harvard Universität, der vor wenigen Monaten dargelegt hatte, dass uns Städte "reicher, intelligenter, grüner, gesünder und glücklicher" machen (F.A.Z. vom 6. Juni 2011). Beide Autoren profitierten vom Weltentwicklungsbericht 2009, der die Wirtschaftsgeographie wieder in das öffentliche Bewusstsein zurückgebracht hat. Zentral in dieser von der Weltbank publizierten Studie war die Schlussfolgerung, dass die Politik Marktwirkungen, die qualifizierte Arbeitskräfte zusammenführen, nicht bekämpfen sollte (F.A.Z. vom 12. Oktober 2009).

"Dies war das erste umfassende amtliche Eingeständnis, dass die Ankunftsstädte in der Zukunft der Welt eine zentrale Rolle spielen." Die Einstellung der Behörden sei jedoch vielerorts eine andere. Fast drei Viertel der Regierungen in Entwicklungsländern wollten die Abwanderung vom Land in die Stadt einschränken. Dabei sei der wirksamste Weg zur Verringerung von Armut wirtschaftliches Treiben in der Stadt. Dafür müssen die Migranten kleine Geschäfte öffnen, verbrieftes Grundeigentum erwerben und ihre Kinder auf sichere Schulen schicken können. Saunders zeigt: Ist all dies gegeben, entsteht eine Generation später eine prosperierende Mittelschicht. Und: Die Städter senden viel Geld in ihre Ursprungsdörfer zurück. Viele Daheimgebliebenen können nur noch deswegen überleben.

Saunders Schlussfolgerungen sind nachvollziehbar und manchmal unbequem. Er widerlegt Karl Marx, verwirft den sozialen Wohnungsbau in Europa und zeigt negative wirtschaftliche Auswirkungen des australisch-kanadischen "Punktesystems" für Einwanderungen auf. Sanders ist davon überzeugt, dass die Ankunftsstadt eine Maschine ist, die die Menschen verändert. "Außerdem ist sie, wenn man sie gedeihen lässt, das Instrument, das eine nachhaltig lebende und wirtschaftende Welt hervorbringen wird." Auf den Leser wartet ein außergewöhnliches, visionäres und faszinierendes Buch.

JOCHEN ZENTHÖFER.

Doug Saunders: Arrival City.

Blessing Verlag, München 2011, 576 Seiten, 22,95 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Ich möchte hinweisen auf ein Buch aus der Feder eines kanadischen Publizisten, Doug Saunders, Arrival City, ein Buch das erst vor wenigen Tagen auf dem deutschen Markt erschienen ist, in seiner Gattung eine wahre Sensation, denn Sie machen hier auf 500 Seiten eine Weltreise, von der Sie verändert zurückkehren. Der Autor hat drei Jahre lang an den Brennpunkten der Migrationsbewegung in der Welt [geforscht], von Kreuzberg in Berlin über Slotervaart in Amsterdam bis zu den Slums von Mumbai und von Caracas eine eindrucksvolle Recherchentour zurückgelegt, und er demonstriert in diesem Buch etwas, woran man schon lange nicht mehr geglaubt hat, er zeigt tatsächlich, dass es so etwas wie politisches oder soziales Lernen gibt, dass man aus gescheiterter und aus geglückter Urbanisierung von ehemaligen Slums Folgerungen ziehen kann für die Kunst, [für] solche großen neuwachsenden Gemeinwesen zu sorgen, und es ist ein Buch, das wirklich auf den Tisch jedes Politikers gehört in der alten Welt und in der neuen Welt erst recht. Ich möchte mit großem Nachdruck auf dieses ganz ungewöhnliche Werk hinweisen." -- Peter Sloterdijk, ZDF, Philosophisches Quartett

"Dieses Buch ist imstande, den Blick auf jene Elendssiedlungen am Rande der Großstädte zu verändern ... Doug Saunders spricht sie hier programmatisch als "Arrival Cities" an, als Ankunftsstädte, Tore zu einem besseren Leben. Er behandelt sie, anders als so viele der Studien über "informelle Siedlungen", nicht als ein Krisenphänomen, sondern als das Zukunftsthema schlechthin. ... Dass es ... notwendig ist, Migration auch politisch radikal auf ihre Chancen hin neu zu denken, der Gedanke will einem nach der Lektüre von Arrival City nicht mehr aus dem Kopf." -- Gerhard Vinken, Frankfurter Allgemeine Zeitung

"Saunders großes Verdienst liegt in dem Perspektivwechsel, der Migration zu einem positiven Zukunftsthema macht. Sein Buch ist ein Appell an Politik und Gesellschaft, "die lästigen Ansiedlungen am Stadtrand" nicht länger zu ignorieren. Ohne Zuwanderung, so seine Warnung, verlieren Städte in aller Welt ihre Lebendigkeit." -- Claudia Ehrenstein, Die Welt
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Beeindruckt zeigt sich Rezensent Michael Mönniger von Doug Saunders' großer Reportage "Arrival City". Er liest das Buch, für das der kanadische Journalist Slums von 30 Mega-Citys besucht hat, als "ermutigendes Gegenstück" zu Mike Davis' apokalyptischem Buch "Planet der Slums". Die Dynamik, die Saunders in den Slums, Shanty-towns und Favelas am Rand der Mega-Städte erkennt, scheint ihm durchaus hoffnungsvoll. Diese Siedlungen verstehe der Autor als Ankunftsstädte und Übergangsstationen. Saunders' Ausführungen basieren laut Mönniger nicht nur auf Stadtforschungen und Entwicklungsexpertisen, sondern auch auf auf zahllosen Interviews, Lebensbeschreibungen, sozialpolitischen Analysen und Kommentaren. Allerdings findet er die Weltreise in die Slums hin und wieder auch ein wenig redundant, vor allem weil Saunders die Lebensverhältnisse in den Slums für seinen Geschmack journalistisch zu breit schildert. Zudem hätte er sich eine etwas tiefergehende begriffliche Durchdringung der Entwicklungsdynamik gewünscht. Nichtsdestoweniger hat er "Arrival City" mit Gewinn gelesen.

© Perlentaucher Medien GmbH