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Adele Sandrock hatte als komische Alte Filmgeschichte gemacht - doch um die Jahrhundertwende spielt sie erst einmal an den berühmtesten Bühnen Theater. Die Journalisten reißen sich um sie wegen ihrer respektlosen Bemerkungen und ihres skandalumwitterten Privatlebens. Als bekannt wird, daß ihr neuester Schwarm der noch unbekannte Arthur Schnitzler ist, junger Arzt aus angesehener Familie, reagiert die Öffentlichkeit ähnlich neugierig und leicht konsterniert wie später bei Merilyn Monroe und Arthur Miller: man findet das Paar zu ungleich. Aber die extrovertierte Schauspielerin und der…mehr

Produktbeschreibung
Adele Sandrock hatte als komische Alte Filmgeschichte gemacht - doch um die Jahrhundertwende spielt sie erst einmal an den berühmtesten Bühnen Theater. Die Journalisten reißen sich um sie wegen ihrer respektlosen Bemerkungen und ihres skandalumwitterten Privatlebens. Als bekannt wird, daß ihr neuester Schwarm der noch unbekannte Arthur Schnitzler ist, junger Arzt aus angesehener Familie, reagiert die Öffentlichkeit ähnlich neugierig und leicht konsterniert wie später bei Merilyn Monroe und Arthur Miller: man findet das Paar zu ungleich. Aber die extrovertierte Schauspielerin und der zurückhaltende, unbestechliche Schriftsteller durchleben eine stürmische Geschichte mit allem, was dazu gehört: Eifersüchten, Stimmungswechsel, Mißverständnissen und Versöhnungen. Die Sandrock ist, ungewöhnlich genug, die Werbende in diesem Spiel - und findet sich doch als "Choristin" oder gar "süßes Mädel" behandelt. Schnitzler dagegen stört sich an der routinierten Sinnlichkeit einer erfahrenen Frau, die womöglich nicht ihm allein gehört.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.04.1997

Poet für den Privatgebrauch
Die Diva und ihr Dichter: Adele Sandrock und Arthur Schnitzler

An Literatur zum Thema herrscht wahrlich kein Mangel. Vor allem Renate Wagner hat das seltsame Paar Adele Sandrock und Arthur Schnitzler bereits ausführlich beschrieben, obendrein die einschlägigen Quellen ediert. Trotzdem werden selbst Kenner Friedrich Rothes Band mit dem Untertitel "Theater über Theater" gerne und nicht ohne Gewinn lesen. Zweifellos ist's eine ernsthafte Arbeit, die das vertrackte Verhältnis zwischen der Diva und dem Dramatiker nie der Lächerlichkeit preisgibt.

Die Einwände gegen Details von Rothes Darstellung vorneweg: In Wien-Josefstadt gab es kein "Viertel ostjüdischer Einwanderer" (hier liegt eine Verwechslung mit der Leopoldstadt vor). Auch pflegte Julius Schnitzler nicht "samstags in der jüdischen Loge Bn'ai Bbrith [!] mit Sigmund Freud Tarock" zu spielen, die traditionsreiche Kartenrunde Freuds versammelte sich in der Wohnung eines Freundes, in der Berggasse oder im Café. Der Schriftsteller Otto "Stoessel" wiederum schrieb sich korrekt Stoessl. Und Arthur Schnitzler "etwas bigott" zu nennen wäre nicht einmal seinen Feinden eingefallen. Leicht übertrieben wirkt zudem der resümierende Satz: "Um wirklich Dichter zu werden, brauchte Schnitzler Adele Sandrock." Allerdings hat die Tatsache, daß die Sandrock am k.k. Hof-Burgtheater 1895 bei der Uraufführung der "Liebelei" die Christine verkörperte, wesentlich zum Triumph des Stückes und zum Ruhm seines Verfassers beigetragen.

1893 war sie im Wiener Deutschen Volkstheater als Fanny Theren in Schnitzlers erstem abendfüllenden Drama "Das Märchen" aufgetreten. Sie hatte Gefallen an der Rolle gefunden - und mehr noch an jenem Mann, der sie geschaffen. Die erotische Initiative ging eindeutig von ihr aus. Geschmeichelt, wiewohl in seinem Erobererselbstbild erschüttert, gab Schnitzler nach - halb zog sie ihn, halb sank er hin. Nachdem der erste Rausch der Sinne verflogen war, begann eine Art Strindberg-Humoreske, ein Sexualschwank mit bühnenreifen Privatauftritten und Dialogen, auch in Briefform. Der Liebhaber Schnitzler stöhnte unter den Allüren der kapriziösen Heroine und war heilfroh, sie eines (von ihm sogar geförderten) Seitensprungs mit Felix Salten bezichtigen zu können. Dennoch trennte er sich aus diplomatischen Gründen nicht ganz von ihr: Ein Erfolg der bevorstehenden Premiere von "Liebelei" schien ihm zu wichtig.

Sympathisch an Rothes Doppelporträt berührt - neben psychologischem Scharfblick und angenehm sachlichem Stil - der Hang zur Gerechtigkeit. Nachdrücklich und unaufgeregt zugleich würdigt er die Sandrock, die eine bedeutende Schauspielerin und Tragödin gewesen ist und nicht nur die komische Alte des deutschen Films der dreißiger Jahre, als die Nachgeborene sie kennen. Gewiß aber hat sie Arthur Schnitzlers Herz in weit geringerem Maß bewegt als andere Frauen - von Mizi Glümer über Marie Reinhard bis zu Olga Gussmann, der Mutter seiner Kinder. Die Bilanz der auf Schnitzlers Seite weder romantischen noch besonders sentimentalen Affäre klang dürr: Es war bloß die "Sensation, eine berühmte zu besitzen". Von menschlicher Wärme zeugen hingegen Adele Sandrocks Worte, die sie dem Entschwundenen im Juli 1896 schrieb: "Kind - Dich hab ich geliebt - na Schluß -". ULRICH WEINZIERL

Friedrich Rothe: "Arthur Schnitzler und Adele Sandrock. Theater über Theater". Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 1997. 160 Seiten, geb., mit Abb., geb., 32,- DM.

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