Während sich unsere Kirchen leeren, suchen immer mehr Menschen die Stille und Zeitlosigkeit der Klöster. Einer der meditativsten Orte liegt auf der östlichen Landzunge der griechischen Halbinsel Chalkidiki: Hier erhebt sich der Berg Athos 2000 Meter über die Ägäis: Aghion Oros, der Heilige Berg der Orthodoxie. Bis heute hat er nichts von seiner geheimnisvollen Anziehungskraft und Mystik eingebüßt. Seit über einem Jahrtausend existiert auf dem Berg Athos eine Mönchs gemeinschaft verschiedenster Nationalitäten, die die kultische Tradition des alten Byzanz ungebrochen bewahren konnte ein einzigartiges Phänomen in unserer modernen Zivilisation. Vielleicht war Gerhard Trumler der letzte, der mit seiner Kamera einen Blick in die Heiligtümer des Klosterstaates werfen durfte. In diesem prachtvollen Fotoband mit einem Text von Heinz Nußbaumer zeigt er atmosphärisch dicht und stilistisch meisterhaft diese einzigartige spirituelle Welt.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.11.2009Das Maß der frommen Männer
Banalität des Alltags, Erhabenheit der religiösen Einkehr: Bilder aus der Mönchsrepublik Athos
Natürlich sind auch die Socken schwarz. So wie die Kutten, die Mützen, die Kapuzen. Ihre schwarze Bekleidung verleiht den Mönchen von Athos auf den ersten Blick ein großes Maß an Erhabenheit und Weltabgewandtheit. Insofern irritieren die schwarzen Socken, wie sie dort festgezwickt an einer Leine hängen. Weil sie von der Banalität des Alltags in der Mönchsrepublik zeugen – etwas, das man mit dieser erhabenen Gesellschaft nicht ohne Weiteres verbindet.
Der österreichische Fotograf Gerhard Trumler hat neben den Kunstschätzen von Athos sogar derlei aufnehmen dürfen: einige Küchenszenen, die Feldarbeiten, den Fischfang und eben auch die Wäscheleine eines Mönchs. Es sind außergewöhnliche, weil seltene Aufnahmen – das gilt im Übrigen auch für die Bilder der religiösen Fresken und der Ikonostasen, weniger für die Klosterbauten selbst. Trumler hat die Fotografien bereits 1990 einmal veröffentlicht in dem Bildband „Athos. Heiliger Berg – Berg der Heiligen” im Linzer Verlag Veritas. Nun hat der Wiener Christian Brandstätter Verlag ein Werk Trumlers mit demselben Titel aufgelegt. Und doch ist es, trotz annähernd derselben Fotos, ein anderes Buch geworden.
So sehr die seit mehr als tausend Jahren bestehende Mönchsrepublik aus der Zeit gefallen scheint, so viel hat sich dennoch verändert in nur zwei Dekaden. Ein Brand hat vor drei Jahren einen Trakt des Klosters Chilandariou zerstört, der auf einigen der Fotografien zu sehen ist – die Zypressen davor hat das Feuer indes verschont; man mag das für eines der Mysterien von Athos nehmen. Auch sind bei Restaurierungsarbeiten hinter alten Fresken uralte entdeckt worden. So sehr also der Band heute noch einen charakteristischen, gegenwärtigen Eindruck vermittelt vom Flair der Mönchsrepublik und dem Leben dort, so kommt ihm – wenn auch in bescheidenem Umfang – nunmehr noch die Funktion eines Archivs zu. Jedenfalls aus Sicht der weltlichen Betrachter. STEFAN FISCHER
GERHARD TRUMLER: Athos. Heiliger Berg – Berg der Heiligen. Christian Brandstätter Verlag, Wien 2009. 168 Seiten mit 182 Abbildungen, 39,90 Euro.
Ein Bild aus vergangenen Tagen: Die Küche des Athos-Klosters Chilandariou wurde bei einem verheerenden Brand im Frühjahr 2006 zerstört. Foto: Trumler
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Banalität des Alltags, Erhabenheit der religiösen Einkehr: Bilder aus der Mönchsrepublik Athos
Natürlich sind auch die Socken schwarz. So wie die Kutten, die Mützen, die Kapuzen. Ihre schwarze Bekleidung verleiht den Mönchen von Athos auf den ersten Blick ein großes Maß an Erhabenheit und Weltabgewandtheit. Insofern irritieren die schwarzen Socken, wie sie dort festgezwickt an einer Leine hängen. Weil sie von der Banalität des Alltags in der Mönchsrepublik zeugen – etwas, das man mit dieser erhabenen Gesellschaft nicht ohne Weiteres verbindet.
Der österreichische Fotograf Gerhard Trumler hat neben den Kunstschätzen von Athos sogar derlei aufnehmen dürfen: einige Küchenszenen, die Feldarbeiten, den Fischfang und eben auch die Wäscheleine eines Mönchs. Es sind außergewöhnliche, weil seltene Aufnahmen – das gilt im Übrigen auch für die Bilder der religiösen Fresken und der Ikonostasen, weniger für die Klosterbauten selbst. Trumler hat die Fotografien bereits 1990 einmal veröffentlicht in dem Bildband „Athos. Heiliger Berg – Berg der Heiligen” im Linzer Verlag Veritas. Nun hat der Wiener Christian Brandstätter Verlag ein Werk Trumlers mit demselben Titel aufgelegt. Und doch ist es, trotz annähernd derselben Fotos, ein anderes Buch geworden.
So sehr die seit mehr als tausend Jahren bestehende Mönchsrepublik aus der Zeit gefallen scheint, so viel hat sich dennoch verändert in nur zwei Dekaden. Ein Brand hat vor drei Jahren einen Trakt des Klosters Chilandariou zerstört, der auf einigen der Fotografien zu sehen ist – die Zypressen davor hat das Feuer indes verschont; man mag das für eines der Mysterien von Athos nehmen. Auch sind bei Restaurierungsarbeiten hinter alten Fresken uralte entdeckt worden. So sehr also der Band heute noch einen charakteristischen, gegenwärtigen Eindruck vermittelt vom Flair der Mönchsrepublik und dem Leben dort, so kommt ihm – wenn auch in bescheidenem Umfang – nunmehr noch die Funktion eines Archivs zu. Jedenfalls aus Sicht der weltlichen Betrachter. STEFAN FISCHER
GERHARD TRUMLER: Athos. Heiliger Berg – Berg der Heiligen. Christian Brandstätter Verlag, Wien 2009. 168 Seiten mit 182 Abbildungen, 39,90 Euro.
Ein Bild aus vergangenen Tagen: Die Küche des Athos-Klosters Chilandariou wurde bei einem verheerenden Brand im Frühjahr 2006 zerstört. Foto: Trumler
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
"Men only. 2.000 Meter hoch ist der Athos, der heilige Berg, auf dem sich eine orthodoxe Mönchsrepublik befindet, die autonomen Status in Griechenland genießt. Gerhard Trumler und Heinz Nußbaumer liefern spannende Einblicke in die Gemeinschaft, die Frauen für gewöhnlich verschlossen bleibt." -- Wienerin