Die Tagebücher, die Alja Rachmanowa zu ihren Lebzeiten veröffentlichte und die sie berühmt gemacht haben, sind zweifellos literarisch bearbeitete. Hier werden erstmals authentische Tagebücher aus dem Nachlass übersetzt. Sie vermitteln ein anschauliches Bild vom Alltag in Salzburg während der letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs, in denen das Leben durch die ständigen Fliegeralarme und Vernebelungen, aber auch durch die Versorgungslage immer schwieriger wird. Den roten Faden der Eintragungen bildet das Leben der Familie von Hoyer mit allen Hochs und Tiefs, mit Sorgen und Freuden. Insgesamt ergeben die echten Tagebücher eine lebendigere Vorstellung von der Persönlichkeit der Schriftstellerin als das durch ihr Werk überlieferte Selbstbild. Politisch ist Alja Rachmanowa stark auf den Kampf gegen den Kommunismus fixiert. Dem Unrecht und der Willkür in ihrer Gegenwart schenkt sie keine Beachtung, sie bemüht sich im Gegenteil trotz bürokratischer Widerstände um die Anerkennung durch dasherrschende Regime. Das Nachwort von Heinrich Riggenbach, der die Tagebücher übersetzt hat, geht an Hand von Dokumenten besonders drei Fragen nach: Weshalb wurde die Familie von Hoyer aus der UdSSR ausgewiesen? Wie hat sie sich in Salzburg während der NS-Zeit verhalten? Warum hat das Ehepaar letztlich Salzburg für immer verlassen?
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Ulrich M. Schmid taucht in seiner Besprechung tief ein ins bewegte Leben der Galina Djuragin, die zwischen den Weltkriegen unter dem Pseudonym Alja Rachmanowa mit "literarisierten Revolutionstagebüchern" Millionen Leser erreicht und sich später den Nationalsozialisten angedient habe. Ihre Tagebücher aus den Kriegsjahren 1942 bis 1945 sind nun erstmalig erschienen, so Schmid, und zwar in einer "vorzüglich kommentierten Edition" des Basler Slawisten Heinrich Riggenbach. Auch wenn der Rezensent Rachmanowa für keine bedeutende Künstlerin hält und ihre Literatur für melodramatisch bis kitschig, scheint er doch wenigstens aus ihren Aufzeichnungen einigen Gewinn zu ziehen - vor allem was das - laut Schmid für russische Emigranten nicht untypische, am Ende gar hymnische - Verhältnis der Schriftstellerin zum Naziregime betrifft.
© Perlentaucher Medien GmbH
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