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Sylvia Nasars Buch ist die dramatische Biographie des genialen Mathematikers John Nash, der an paranoider Schizophrenie erkrankte, wahnsinnig wurde und nach seiner Heilung 1994 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt. Eine aufwühlende Geschichte von einem Genie und dessen Sieg über eine schreckliche Krankheit.

Produktbeschreibung
Sylvia Nasars Buch ist die dramatische Biographie des genialen Mathematikers John Nash, der an paranoider Schizophrenie erkrankte, wahnsinnig wurde und nach seiner Heilung 1994 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt. Eine aufwühlende Geschichte von einem Genie und dessen Sieg über eine schreckliche Krankheit.
Autorenporträt
Sylvia Nasar, geboren 1947 in Rosenheim, studierte Wirtschaftswissenschaften unter anderem in New York und München und war lange Jahre als Journalistin tätig. Sie schrieb für das Magazin "Fortune" und als Wirtschaftskorrespondentin für die "New York Times". Heute lehrt sie als Professorin für Journalismus an der Columbia University und lebt in der Nähe von New York.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.1999

Abzählen und Tee trinken
Wie ein Verrückter bei Verstand blieb / Von Reinhard Kaiser

Im Februar 1959 hält der Mathematiker Eugenio Calabi, Mitglied des höchst angesehenen Institute for Advanced Studies in Princeton, einen Vortrag am kaum minder angesehenen Massachusetts Institute of Technology in Cambridge bei Boston. Das Publikum besteht aus lauter hochkarätigen Fachleuten. Während Calabi spricht, beginnt in einer der hinteren Reihen plötzlich jemand laut zu reden.

Viele Zuhörer kennen den Störer - es ist John Nash, geboren 1928 in Bluefield, West Virginia, Dozent am MIT, vorher Princeton. Seit seiner Dissertation von 1949 über "Nicht-kooperative Spiele" gilt er als einer der originellsten Köpfe unter den Mathematikern Amerikas. Leute, die beurteilen können, was Nash in den Sphären, die sein Interesse wecken, zu Wege bringt, bezeichnen ihn als Genie. In diesem Augenblick jedoch fragt er seinen Vordermann so laut, dass alle im Saal es hören: "Vazquez, wussten Sie, dass ich auf dem Titelbild der Zeitschrift Life bin?" und fährt fort, man habe sein Foto dort so verändert, dass er wie Papst Johannes XXIII. aussehe. Nash insistiert so laut und so lange, dass Vazquez sich schließlich umdreht und ihn fragt, woher er wisse, dass jenes Titelbild ihn zeige. Erstens, antwortet Nash, sei Johannes (im Englischen: John) nicht der wahre Name des Papstes, sondern sein eigener Name, und zweitens sei die Dreiundzwanzig seine, Nashs, "Lieblingsprimzahl". Alle haben den Wortwechsel mitbekommen. Calabi setzt seinen Vortrag fort, als wäre nichts gewesen.

Genie und Wahnsinn - die Beschreibung des Lebens von John Nash zwischen diese beiden, einst von Cesare Lombroso eingepflanzten Pole zu spannen liegt nahe. Sylvia Nasar tut dies in ihrer Biografie, ohne sich auf Lombroso und seine psychiatrische Metaphysik einzulassen. Dennoch erweist sich ihr Thema als tückisch. Genie und Wahnsinn sind im Falle John Nashs nämlich offenbar durch Beschreibung nicht gleichermaßen anschaulich zu machen. Die Verwirrungen im Gefolge der "paranoiden Schizophrenie", die nach der oben geschilderten Episode bei John Nash diagnostiziert wurde, lassen sich besser erzählen und plastischer darstellen als die intellektuellen Hochleistungen, die er an den vorgeschobensten Positionen seines Fachgebiets vollbringt. Selbst versierten Fachkollegen bereitete es oft erhebliche Mühen, überhaupt zu begreifen, worin die Relevanz und die Eleganz der Lösungen lag, die Nash für Probleme vorschlug, die als unlösbar galten.

Eine Einführung in John Nashs Arbeiten und Denken ist aus diesem Buch also nicht zu gewinnen, wohl aber eine Fülle von Innenansichten aus dem amerikanischen Wissenschaftsbetrieb zur Zeit des Kalten Krieges. Die Rand-Corporation, der "Think Tank", in dem Nash von 1951 bis zu seinem Hinauswurf im Jahre 1955 als Berater tätig war, hat die Aufgabe, das Undenkbare (den Atomkrieg, die Wasserstoffbombe) zu denken. Dabei erzeugt schon das gewöhnliche Spiel der Rivalitäten und Intrigen bei der Vergabe von akademischen Ämtern und Würden einen enormen Druck. Hochleistungsmathematik hat mit dem Hochleistungssport gemeinsam, dass wirkliche Großtaten von Leuten, die sie bis zu ihrem dreißigsten Lebensjahr nicht vollbracht haben, auch nachher nicht mehr erwartet werden.

Nash ist dreißig, als seine Geisteskrankheit offen ausbricht. Er hat, seinen staunenswerten Leistungen zum Trotz, noch keine feste Professur, keinen bedeutenden Preis erhalten. Auch sein privates Leben bietet ihm keinen Halt: ein Hin und Her zwischen verschiedenen Männern und einer Frau, Eleanor, die er nicht heiraten will, dazu ein unehelicher Sohn, um den er sich nicht kümmert. Das persönliche Chaos wird noch größer, als er sich von einer Studentin erobern lässt und sie heiratet. Auch mit Alicia hat er einen Sohn, und sie ist es, die nun mit wachsender Besorgnis aus nächster Nähe die Verrückungen in seinem Geist und seinem Verhalten wahrnimmt, bis zu dem Punkt, wo sie sich und ihr Kind so sehr gefährdet fühlt, dass sie gegen den Willen ihres Mannes dessen Einlieferung in eine psychiatrische Anstalt betreibt. Als Nash nach ein paar Wochen wieder entlassen wird, ist er nur scheinbar geheilt - und das erste von dreißig "verlorenen Jahren" hat eben erst begonnen.

Sylvia Nasar muss über ein großes Geschick verfügen, Menschen zum Erzählen und zur Offenheit zu bringen. Immerhin handelt ihre Biografie von einem Lebenden, und ihre wichtigsten Quellen sind die Interviews mit Leuten, die im Laufe der Jahre auf diese oder jene Weise in Beziehung zu John Nash getreten sind. Nach langen Jahren und vielen bedrückenden Szenen hat diese Geschichte einen halbwegs glücklichen Ausgang. Die paranoide Schizophrenie wird von vielen für unheilbar gehalten, und Fälle von Gesundung sind tatsächlich sehr selten. Doch Ende der achtziger Jahre taucht John Nash aus seiner Geisteskrankheit auf. Er kann sich wieder der Mathematik zuwenden und bekommt 1994 zusammen mit zwei anderen Vertretern der "Spieltheorie" den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.

Was Nashs "Remission", vielleicht sogar seine Genesung, nach so langer Zeit bewirkt hat, ist unklar. Sylvia Nasar vermutet, ein wichtiger Faktor sei eine Umgebung gewesen, die ihm seine Ruhe ließ. Für Nash war dies nicht die Klinik und auch nicht der Schoß der Familie, sondern die Welt der Institute und Bibliotheken, der Teestunden in den Dozentenzimmern, der Vorträge und Vorlesungen. Princeton hat sich in seinem Fall als tolerante "Therapiegemeinschaft" erwiesen. Nashs Beziehung zur Realität konnte sich wohl deshalb wieder stabilisieren, weil sie nie ganz abgebrochen ist. Sein letzter Halt sind die Zahlen. Sie garantieren ihm einen Rest von Ordnung.

Als "Phantom der Fine Hall" führt Nash in Princeton jahrelang ein akademisches Schattendasein. Er wandert durch die Gänge, sitzt in der Bibliothek, verharrt in Vorlesungssälen, schweift im Park umher. Manche Sekretärinnen fürchten sich vor ihm. Auf den Tafeln der Seminarräume hinterlässt er seltsame Kreidebotschaften. Studenten, die von John Nash nie gehört haben oder ihn für tot halten, studieren sie genau, und manchmal schreiben sie sie Wort für Wort ab, um sie Jahre oder Jahrzehnte später seiner Biografin zu übermitteln: "Mao Tse-tungs Bar-Mizwa fand 13 Jahre, 13 Monate und 13 Tage nach Breschnews Beschneidung statt."

So willkommen diese und viele andere Fundstücke sind - gelegentlich wünscht man sich, die Autorin hätte angesichts der Fülle des Materials entschlossener ausgewählt. Auch die deutsche Übersetzung lässt Wünsche offen, namentlich beim Umgang mit dem erweiterten Infinitiv von "werden": "In Princeton beginnt Nashs Denken drängend und konzentriert zu werden." Vor allem im ersten Viertel des Buches treibt die stilistische Unbeholfenheit an Dutzenden von Stellen sonderbare Blüten, die offenbar kein Lektorat pflücken wollte oder konnte.

Die Lektüre dieses verstörenden Buches wird durch solches Ungeschick zwar hier und da gestört, aber dem Sog, den die Geschichte, je weiter man in ihr vorankommt, desto stärker entfaltet, kann dies nichts anhaben. Die mathematischen Leistungen ihrer genialen Hauptfigur mögen uns fern bleiben. Aber gerade weil John Nash nicht als Geistesheros und nicht einmal durchwegs in freundlichem Licht gezeigt wird, tritt uns der Bericht über sein Verschwinden im Wahnsinn und seine Wiederkehr besonders nah.

Sylvia Nasar: "Auf den fremden Meeren des Denkens". Das Leben des genialen Mathematikers John Nash. Aus dem Amerikanischen von Cäcilie Pleininger und Anja Hansen-Schmidt. Piper Verlag, München, Zürich 1999. 575 S., 26 Abb., geb., 68,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Gero von Randow hat in einer großen Sammelbesprechung acht neue Bücher zum Thema Mathematik vorgestellt. Wichtige Kriterien für seine Bewertung sind dabei einmal die Nachvollziehbarkeit für mathematisch wenig vorgebildete Leser und zum anderen die Berücksichtigung von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die direkt oder indirekt Einfluss nehmen auf mathematische Theorien.
1) K. C. Cole: "Das Universum in der Teetasse" (Aufbau)
An diesem Buch lässt von Randow kein gutes Haar. Es erscheint ihm zu eklektisch, bietet wenig Neues, und er hat den Eindruck, dass die Autorin wie auch die Übersetzerin in der Thematik selbst nicht sattelfest sind. Auch der Plauderstil missfällt ihm. Kurzes Fazit des Rezensenten: "Eine triste Veranstaltung".
2) Clifford A. Pickover: "Die Mathematik und das Göttliche" (Spektrum Akademischer Verlag)
Pickovers Idee, mathematische Fragen innerhalb einer erzählenden Rahmenhandlung zu erläutern, gefällt von Randow. Allerdings ist er der Ansicht, dass Pickover das nötige Talent zur Prosa fehlt. Darüber hinaus bemühe sich der Autor zu wenig, mathematische Erörterungen auch für Laien verständlich darzustellen. In anderen Bereichen wiederum führe das Buch "nicht über die Grenze des Small Talks hinaus."
3) Albrecht Beutelspacher: "Pasta all`Infinito" (C. H. Beck)
Dies sei das "Mathebuch der Saison", meint von Randow. Er lobt Beutelspachers Fähigkeit, dem Laien Mathematik mittels einer erzählten Geschichte nahe zu bringen. Damit die Motivation beim Lesen nicht nachlässt, achte der Autor auch auf kleine Erfolgserlebnisse, die er dem Leser vermittle. Allerdings ist auch in diesem Buch nicht immer jede mathematische Erläuterung für Laien nachvollziehbar. Als Ergänzung empfiehlt von Randow daher das folgende Buch:
4) Wolfgang Blum: "Die Grammatik der Logik" (dtv)
Für Nicht-Mathematiker sei "Die Grammatik der Logik" ein sehr nützliches Buch, das den Leser mit den wichtigsten Problemen der Mathematik bekannt mache.

Die anderen vier besprochenen Bücher sind Biografien berühmter Mathematiker. Die ersten beiden handeln von Leben und Werk des Mathematikers Paul Erdös.
5) Paul Hoffmann: "Der Mann, der die Zahlen liebte" (Ullstein) und
6) Bruce Schlechter: "Mein Geist ist offen" (Birkhäuser)
An der Erdös-Biografie von Paul Hoffmann lobt von Randow die Lebensnähe, die in der Biografie von Schlechter ein wenig fehle. Dafür jedoch findet er, dass Schlechter die mathematischen Gedankengänge nachvollziehbarer und besser erläutert. Allerdings hat der Rezensent den Eindruck, dass Schlechter im Verlauf des Buches ungeduldiger werde, so dass manche Stellen dann doch nur für mathematisch Versierte verständlich seien. Beide Biografien vermittelten eine gute Vorstellung davon, wie Mathematiker arbeiten. Bedauerlich findet von Randow allerdings, dass in beiden Büchern - wie in vielen anderen Mathematikbüchern - nicht darauf eingegangen wird, inwiefern sich gesellschaftliche Umstände und Inhalte mathematischer Theorien gegenseitig bedingen.
7) John W. Dawson jr.: "Das logische Dilemma". Leben und Werk von Kurt Gödel (Springer)
"Dröge" lese sich die Gödel-Biografie John W. Dawson, murrt von Randow. Darüber hinaus hält der Rezensent die mathematischen Erörterungen für unverständlich, es sei denn, der Leser ist selbst Mathematiker. Lobend hebt er jedoch hervor, dass Dawson Überlegungen darüber anstellt, inwieweit mathematische Inhalte wie Gödels "Unmöglichkeitstheoreme" durch soziale, gesellschaftliche und psychologische Umstände beeinflußt sind.
8) Sylvia Nasar: "Auf den fremden Meeren des Denkens" (Piper)
Über John Nashs mathematische Leistungen erfährt man in dieser Biografie fast nichts, meint von Randow. Dafür sei das Buch sehr professionell und packend geschrieben. Küchenpsychologische Interpretationen (z. B. in bezug auf Nashs jahrelange Geisteskrankheit) würden vermieden. Darüber hinaus könne man sich einen guten Eindruck davon verschaffen, inwiefern äußere Umstände (Zweiter Weltkrieg, Kalter Krieg, aber auch die Wiener Kaffeehauskultur) die Entwicklung von mathematischen Inhalten und Theorien beeinflußt habe.

© Perlentaucher Medien GmbH
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