Wer in der digitalen Welt nicht nur überleben, sondern auch erfolgreich sein will, muss mit digitalen Strategien neue Märkte erobern. Larry Downes und Chunka Mui zeigen in ihrem Buch wie Unternehmen mit Durchbruch-Innovationen oder sogenannten Killer Apps neue Marktstrategien erfolgreich entwickeln und umsetzen können. Auf der Basis ihrer umfangreichen Erfahrungen zeigen sie zwölf grundlegende Prinzipien, die sie anhand zahlreicher Praxisbeispiele veranschaulichen. Ein wichtiges Standardwerk für alle, die in der digitalen Zukunft bestehen wollen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.06.1999Technologie
Triebfeder der Entwicklung
Larry Downes und Chunka Mui: Auf der Suche nach der Killer-Applikation. Mit digitalen Strategien neue Märkte erobern. Campus Verlag, Frankfurt/New York, 1999, 244 Seiten, 78 DM.
"Killer-Applikation" klingt nach Computerspiel und Science-fiction, ist es aber nicht. Unter dem Begriff der Killer-Applikation werden bahnbrechende technische Innovationen verstanden, deren Anwendung mit weitreichenden Folgen für die Menschen verbunden ist. Das Auto ist eine solche Erfindung, deren immense Folgen für die Mobilität und das Wirtschaften der Menschen zum Zeitpunkt seiner Erfindung kaum jemand hat vorhersehen können. Auch die E-Mail, das Postsystem des Internet, gilt schon als solche Killer-Applikation, da diese elektronischen Nachrichten im Begriff sind, die Kommunikation zwischen den Menschen vollkommen zu ändern.
Doch E-Mails, mit deren Hilfe schon ganze Konzerne gesteuert werden, sind nach Ansicht der Autoren nur ein kleiner Bestandteil der digitalen Revolution, die neue Rahmenbedingungen für das Wirtschaftsleben mit sich bringen. Traditionelle Wertschöpfungsketten mit fein verteilten Gewinnzuweisungsmechanismen brechen auf, weil im Internet-Zeitalter die Macht der Konsumenten steige und immer mehr Seiteneinsteiger auf den Markt drängten. Das eingespielte Gleichgewicht zwischen etablierten Marktteilnehmern gerate durcheinander, wenn sich ein Unternehmen wie der Computerhändler Dell mit dem Internet einen völlig neuen Vertriebskanal und damit unerwartete Wettbewerbsvorteile verschaffen könne.
Der Grund für diese kreative Unordnung liegt nach Ansicht der beiden Autoren, einem Universitätsprofessor und einem Unternehmensberater aus Amerika, im neuen Stellenwert der Technologie, die vom Hilfsmittel zur Triebfeder der wirtschaftlichen Entwicklung aufgestiegen sei. Für die Unternehmen bedeute diese Phase der beschleunigten technologischen Entwicklung nicht nur eine Vielzahl kaum vorhersehbarer Risiken, sondern auch eine mindestens ebenso große Zahl neuer Chancen. Um diese Chancen zu nutzen, seien allerdings neue Strategien notwendig. Ein Unternehmen könne in dieser schnellebigen Zeit nicht mehr Pläne schmieden und die nächsten drei Jahre daran arbeiten, diese Pläne umzusetzen. Auch gelte die weitverbreitete Lehre des Management-Gurus Michael Porter, sich entweder auf die Kostenführerschaft oder die Differenzierung der Produkte zu konzentrieren, im Internet-Zeitalter nicht mehr. Vielmehr müsse die bekannte strategische Planung von einer "digitalen Strategie" ersetzt werden. Projekte und Produkte müßten ständig in Frage gestellt und weiterentwickelt werden, da sich kein Unternehmen mehr auf einem Wettbewerbsvorteil ausruhen könne.
Die Autoren führen in ihrem Buch zwölf Schritte auf, wie Unternehmen diese digitalen Strategien entwickeln können. Angefangen von der stärkeren Einbeziehung der Kundenwünsche in die Produktentwicklung über den Aufbau lernender Schnittstellen zur Außenwelt bis hin zu radikal klingenden Ratschlägen wie der Zerstörung der eigenen Wertschöpfungsketten zeigen die Autoren, wie sich Unternehmen auf das digitale Zeitalter ihrer Meinung nach einstellen müssen. Forschung und Entwicklung gewinnen danach immer mehr an Bedeutung, ebenso wie neue Allianzen und der Zweifel an Altbewährtem. Am Ende der dynamischen Strategiesuche, die von allen Beteiligten in den oberen Führungsetagen der Unternehmen viel Mut verlange, solle dann die individuelle Killer-Applikation des Unternehmens stehen. Diese kann durchaus ein interaktives Kundenbindungsprogramm sein, eine neue Vertriebsstrategie oder ein erweitertes Geschäftsfeld. Es muß aber nicht gleich das Rad neu erfunden werden.
HOLGER SCHMIDT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Triebfeder der Entwicklung
Larry Downes und Chunka Mui: Auf der Suche nach der Killer-Applikation. Mit digitalen Strategien neue Märkte erobern. Campus Verlag, Frankfurt/New York, 1999, 244 Seiten, 78 DM.
"Killer-Applikation" klingt nach Computerspiel und Science-fiction, ist es aber nicht. Unter dem Begriff der Killer-Applikation werden bahnbrechende technische Innovationen verstanden, deren Anwendung mit weitreichenden Folgen für die Menschen verbunden ist. Das Auto ist eine solche Erfindung, deren immense Folgen für die Mobilität und das Wirtschaften der Menschen zum Zeitpunkt seiner Erfindung kaum jemand hat vorhersehen können. Auch die E-Mail, das Postsystem des Internet, gilt schon als solche Killer-Applikation, da diese elektronischen Nachrichten im Begriff sind, die Kommunikation zwischen den Menschen vollkommen zu ändern.
Doch E-Mails, mit deren Hilfe schon ganze Konzerne gesteuert werden, sind nach Ansicht der Autoren nur ein kleiner Bestandteil der digitalen Revolution, die neue Rahmenbedingungen für das Wirtschaftsleben mit sich bringen. Traditionelle Wertschöpfungsketten mit fein verteilten Gewinnzuweisungsmechanismen brechen auf, weil im Internet-Zeitalter die Macht der Konsumenten steige und immer mehr Seiteneinsteiger auf den Markt drängten. Das eingespielte Gleichgewicht zwischen etablierten Marktteilnehmern gerate durcheinander, wenn sich ein Unternehmen wie der Computerhändler Dell mit dem Internet einen völlig neuen Vertriebskanal und damit unerwartete Wettbewerbsvorteile verschaffen könne.
Der Grund für diese kreative Unordnung liegt nach Ansicht der beiden Autoren, einem Universitätsprofessor und einem Unternehmensberater aus Amerika, im neuen Stellenwert der Technologie, die vom Hilfsmittel zur Triebfeder der wirtschaftlichen Entwicklung aufgestiegen sei. Für die Unternehmen bedeute diese Phase der beschleunigten technologischen Entwicklung nicht nur eine Vielzahl kaum vorhersehbarer Risiken, sondern auch eine mindestens ebenso große Zahl neuer Chancen. Um diese Chancen zu nutzen, seien allerdings neue Strategien notwendig. Ein Unternehmen könne in dieser schnellebigen Zeit nicht mehr Pläne schmieden und die nächsten drei Jahre daran arbeiten, diese Pläne umzusetzen. Auch gelte die weitverbreitete Lehre des Management-Gurus Michael Porter, sich entweder auf die Kostenführerschaft oder die Differenzierung der Produkte zu konzentrieren, im Internet-Zeitalter nicht mehr. Vielmehr müsse die bekannte strategische Planung von einer "digitalen Strategie" ersetzt werden. Projekte und Produkte müßten ständig in Frage gestellt und weiterentwickelt werden, da sich kein Unternehmen mehr auf einem Wettbewerbsvorteil ausruhen könne.
Die Autoren führen in ihrem Buch zwölf Schritte auf, wie Unternehmen diese digitalen Strategien entwickeln können. Angefangen von der stärkeren Einbeziehung der Kundenwünsche in die Produktentwicklung über den Aufbau lernender Schnittstellen zur Außenwelt bis hin zu radikal klingenden Ratschlägen wie der Zerstörung der eigenen Wertschöpfungsketten zeigen die Autoren, wie sich Unternehmen auf das digitale Zeitalter ihrer Meinung nach einstellen müssen. Forschung und Entwicklung gewinnen danach immer mehr an Bedeutung, ebenso wie neue Allianzen und der Zweifel an Altbewährtem. Am Ende der dynamischen Strategiesuche, die von allen Beteiligten in den oberen Führungsetagen der Unternehmen viel Mut verlange, solle dann die individuelle Killer-Applikation des Unternehmens stehen. Diese kann durchaus ein interaktives Kundenbindungsprogramm sein, eine neue Vertriebsstrategie oder ein erweitertes Geschäftsfeld. Es muß aber nicht gleich das Rad neu erfunden werden.
HOLGER SCHMIDT
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