Die Arbeiterbewegung des 20. Jahrhunderts war eine geschichtsmächtige Kraft. Über Generationen konnte sie die politische Landschaft in ihrem Sinne beeinflussen. Doch ihre beiden politischen Hauptströmungen, Sozialdemokratie und Bolschewismus, verloren – jede auf andere Weise – ihr emanzipatorisches Potenzial und wurden zu Trägern neuer Herrschaftsverhältnisse. Heute wird deutlicher denn je, dass zur Überwindung des Kapitalismus neue politische Ansätze nötig sind. Es liegt deshalb nahe, danach zu fragen, welche Antworten die historisch marginalisierten Richtungen der Arbeiterbewegung gaben und wie sie ihre Vorstellung praktisch zu realisieren versuchten. Und es interessiert natürlich, welchen Anteil sie selber daran hatten, dass ihre Vorschläge so wenig gehört wurden. Wie hätten sich Marxist/innen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts positionieren sollen, die Rosa Luxemburgs Kritik sowohl an Lenin als auch an der Mehrheitssozialdemokratie teilten? Der 1970 verstorbene Willy Huhn gehört zu den wenigen deutschen Sozialist/innen, die sich diese Aufgabe stellten. Sein politisches Leben und seine Schriften sind jedoch kaum bekannt. Das von uns herausgegeben Buch soll dazu beitragen, diese Lücke zu schließen. Jochen Gester hat dafür eine ausführliche biografische Skizze des Autors erstellt, die – vor allem durch Huhns Gedanken selbst – nachvollziehbar macht, wie Huhn politisch sozialisiert wurde und wie sich sein Lernprozess entwickelte, der ihn schließlich zu einem Protagonisten des antiautoritären Sozialismus machte. Das Buch erlaubt den Leserinnen und Lesern darüber hinaus Huhn in fast 30 Dokumenten selbst zu studieren.