Sozialkritisch und klug thematisiert dieser Roman die brennenden Themen unserer Zeit: Klimagerechtigkeit, Green Washing und Lebensmittelverschwendung.
Natürlich hat Joel schon von geretteten Lebensmitteln gehört. Aber nachts selbst die Supermarkt-Container durchwühlen? Eher nicht. Bis Studentin Merle ihn darum bittet, für ihren Nachhaltigkeits-Blog zu recherchieren. Joel taucht ein in eine ihm bisher unbekannte Welt. Und stellt schnell fest, dass nicht nur Ökos und Weltverbesserer nachts containern gehen. Sondern auch Mädchen wie Kira, die damit hilft, ihre Familie zu ernähren. Joel gerät ins Grübeln, denn die reißerischen Methoden von Merle, die immer heftigere Storys für ihren Kanal verlangt und dabei so gar keinen Sinn für soziale Gerechtigkeit hat, gefallen ihm überhaupt nicht. Schließlich muss er sich entscheiden, auf welcher Seite er eigentlich steht. Und das wird auf eine harte Probe gestellt, als er und Kira eines Nachts erwischt werden ...
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Natürlich hat Joel schon von geretteten Lebensmitteln gehört. Aber nachts selbst die Supermarkt-Container durchwühlen? Eher nicht. Bis Studentin Merle ihn darum bittet, für ihren Nachhaltigkeits-Blog zu recherchieren. Joel taucht ein in eine ihm bisher unbekannte Welt. Und stellt schnell fest, dass nicht nur Ökos und Weltverbesserer nachts containern gehen. Sondern auch Mädchen wie Kira, die damit hilft, ihre Familie zu ernähren. Joel gerät ins Grübeln, denn die reißerischen Methoden von Merle, die immer heftigere Storys für ihren Kanal verlangt und dabei so gar keinen Sinn für soziale Gerechtigkeit hat, gefallen ihm überhaupt nicht. Schließlich muss er sich entscheiden, auf welcher Seite er eigentlich steht. Und das wird auf eine harte Probe gestellt, als er und Kira eines Nachts erwischt werden ...
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.01.2023Glasscherben, wie herzlos!
Ein Jugendroman rettet weggeworfene Lebensmittel
Es beginnt mit einem Umzug und endet mit einem zweiten: Die Youtuberin Merle zieht in die Dachgeschoss-WG des Hauses, in dem der Schüler Joel wohnt, der der hinreißenden jungen Frau bereitwillig beim Kartonschleppen hilft. Am Schluss des Romans "Auf der Tonnenseite des Lebens" zieht Merle wieder aus. Dass Joel diesmal mit einem breiten Grinsen und, ohne die Finger zu rühren, an Merle und ihren Kartons vorbeigeht, liegt an den Monaten dazwischen: Merle hatte Joel bezirzt, für ihren Videoblog eingespannt und ihn immer weiter manipuliert, bis es zum Knall gekommen war. Dass sie nun das Haus verlässt, bedauert niemand - auch nicht ihre Mitbewohner, die ebenfalls an ihren Videos mitgewirkt hatten.
Diese Konstellation - schillernde Influencerin, idealistischer Schüler, außerdem Aussteiger und Elendsgestalten in vielen Schattierungen - bildet den einen Pol in Antje Lesers Roman, der andere ist die aktuelle Diskussion ums "Containern", das Einsammeln von Lebensmitteln aus den Abfalltonnen der Supermärkte: strafbar, geduldet oder im Sinne der Klimadebatte sogar geboten? Merle schickt Joel los, damit der vor Ort recherchiert, und mit ihm lernt der Leser diejenigen kennen, die aus Überzeugung oder aus Not regelmäßig die Tonnen aufsuchen. Nebenbei erfährt man, welche Aggressionen das auslösen kann, wie ein Supermarktleiter Kopfprämien auf die Elendsgestalten aussetzt oder wie Glasscherben in die Abfälle gemischt werden, damit die Lebensmittel auch wirklich im Müll bleiben.
Von den aktuellen Vorstößen in der Politik, das Containern nicht mehr mit Strafen zu belegen, weiß der Roman noch nichts, aber die Obrigkeiten sind hier überraschend einsichtig. Und wenn das Buch auch angestrengt jugendsprachlich erzählt ist, was es wohl schon in wenigen Jahren ziemlich altmodisch aussehen lassen wird, ist es doch durchaus differenziert, was die Figuren angeht - nur wenige von ihnen sind eindeutig, und die jungen Konsumverweigerer sind darin eher pragmatisch als konsequent.
Vor allem aber lässt die Autorin ihren Icherzähler Joel nicht zum absoluten Parteigänger der einen oder der anderen Seite werden. Insofern lässt die spannende Handlung Raum genug, jede Position zu überdenken, die hier geäußert wird. Dass Joel aus alldem so glänzend herauskommt, wird man der Autorin nicht verdenken. TILMAN SPRECKELSEN
Antje Leser: "Auf der Tonnenseite des Lebens". Roman.
Magellan Verlag, Bamberg 2022. 272 S., geb., 18,- Euro. Ab 12 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Jugendroman rettet weggeworfene Lebensmittel
Es beginnt mit einem Umzug und endet mit einem zweiten: Die Youtuberin Merle zieht in die Dachgeschoss-WG des Hauses, in dem der Schüler Joel wohnt, der der hinreißenden jungen Frau bereitwillig beim Kartonschleppen hilft. Am Schluss des Romans "Auf der Tonnenseite des Lebens" zieht Merle wieder aus. Dass Joel diesmal mit einem breiten Grinsen und, ohne die Finger zu rühren, an Merle und ihren Kartons vorbeigeht, liegt an den Monaten dazwischen: Merle hatte Joel bezirzt, für ihren Videoblog eingespannt und ihn immer weiter manipuliert, bis es zum Knall gekommen war. Dass sie nun das Haus verlässt, bedauert niemand - auch nicht ihre Mitbewohner, die ebenfalls an ihren Videos mitgewirkt hatten.
Diese Konstellation - schillernde Influencerin, idealistischer Schüler, außerdem Aussteiger und Elendsgestalten in vielen Schattierungen - bildet den einen Pol in Antje Lesers Roman, der andere ist die aktuelle Diskussion ums "Containern", das Einsammeln von Lebensmitteln aus den Abfalltonnen der Supermärkte: strafbar, geduldet oder im Sinne der Klimadebatte sogar geboten? Merle schickt Joel los, damit der vor Ort recherchiert, und mit ihm lernt der Leser diejenigen kennen, die aus Überzeugung oder aus Not regelmäßig die Tonnen aufsuchen. Nebenbei erfährt man, welche Aggressionen das auslösen kann, wie ein Supermarktleiter Kopfprämien auf die Elendsgestalten aussetzt oder wie Glasscherben in die Abfälle gemischt werden, damit die Lebensmittel auch wirklich im Müll bleiben.
Von den aktuellen Vorstößen in der Politik, das Containern nicht mehr mit Strafen zu belegen, weiß der Roman noch nichts, aber die Obrigkeiten sind hier überraschend einsichtig. Und wenn das Buch auch angestrengt jugendsprachlich erzählt ist, was es wohl schon in wenigen Jahren ziemlich altmodisch aussehen lassen wird, ist es doch durchaus differenziert, was die Figuren angeht - nur wenige von ihnen sind eindeutig, und die jungen Konsumverweigerer sind darin eher pragmatisch als konsequent.
Vor allem aber lässt die Autorin ihren Icherzähler Joel nicht zum absoluten Parteigänger der einen oder der anderen Seite werden. Insofern lässt die spannende Handlung Raum genug, jede Position zu überdenken, die hier geäußert wird. Dass Joel aus alldem so glänzend herauskommt, wird man der Autorin nicht verdenken. TILMAN SPRECKELSEN
Antje Leser: "Auf der Tonnenseite des Lebens". Roman.
Magellan Verlag, Bamberg 2022. 272 S., geb., 18,- Euro. Ab 12 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Raum für eigene Gedanken lässt der Jugendroman von Antje Leser - und das ist gut so, findet Rezensent Tilman Spreckelsen. Die Geschichte kreist zum einen um eine manipulative Influencerin, die dem Schüler Joel den Kopf verdreht. Zum anderen um die Verschwendung und Verwendung von Lebensmittelabfällen. Das alles habe Leser sehr genau beschrieben, findet der Rezensent. Dass die Autorin dabei viel Jugendsprech verwende, ist für Spreckelsen allerdings ziemlich anbiedernd. Lesenswert sei das Buch aber auch, weil die Figuren keine Betonköpfe sind, sondern schillern.
© Perlentaucher Medien GmbH
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