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Politik, Privates und erlebte Geschichte - Gespräche mit dem berühmtesten Raucher der Republik
»Helmut Schmidt raucht ja nicht nur Zigaretten. Jedes Mal bringt er Schnupftabak mit und trinkt dazu Kaffee mit Milch und extra viel Zucker. Unsereins würde angesichts dieser Dröhnung wie Rumpelstilzchen durch die Flure hüpfen. Schmidt dagegen ist dann überhaupt erst auf Betriebstemperatur.« (Giovanni di Lorenzo im Spiegel vom 28. April 2008)
Seit anderthalb Jahren bittet Giovanni di Lorenzo den Altkanzler jeden Freitagmittag auf eine Zigarette in sein Büro am Hamburger Speersort. Dann beginnt
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Produktbeschreibung
Politik, Privates und erlebte Geschichte - Gespräche mit dem berühmtesten Raucher der Republik

»Helmut Schmidt raucht ja nicht nur Zigaretten. Jedes Mal bringt er Schnupftabak mit und trinkt dazu Kaffee mit Milch und extra viel Zucker. Unsereins würde angesichts dieser Dröhnung wie Rumpelstilzchen durch die Flure hüpfen. Schmidt dagegen ist dann überhaupt erst auf Betriebstemperatur.« (Giovanni di Lorenzo im Spiegel vom 28. April 2008)

Seit anderthalb Jahren bittet Giovanni di Lorenzo den Altkanzler jeden Freitagmittag auf eine Zigarette in sein Büro am Hamburger Speersort. Dann beginnt das Wortgefecht, ein Wechselspiel von Zeigen und Verbergen, Provozieren und Zurechtweisen, Anschauung und Analyse, das inzwischen mehr als eine Million alter wie junger Leser der Zeit begeistert: Viele von ihnen beginnen die Lektüre ihres Blattes jede Woche mit dem Magazin - ganz hinten auf der letzten Seite. Die Interviews dauern mal zehn Minuten, mal auch eine Stunde, und danach bleiben die Fenster im Büro des Chefredakteurs immer übers ganze Wochenende geöffnet. Damit sich der Rauch verzieht. Übrig bleibt eine einzigartige Mischung aus Politischem, Privatem und erlebter Geschichte: von Schmidts Wut auf Investmentbanker über den Walzer, den er einst mit Gracia Patricia tanzte, bis hin zu seiner Schulzeit mit Loki.

Es gibt keinen zweiten Politiker in Deutschland, von dem man dergleichen so gern lesen möchte. Doch Helmut Schmidt ist nicht nur der berühmteste Raucher der Republik, er ist ein Zeuge des 20. Jahrhunderts, dessen Autorität bis heute ungebrochen ist. Hier leistet sich noch jemand ganz furchtlos eine Meinung - manchmal brachial vorgetragen, meistens aber mit diskretem hanseatischen Charme. »Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt« - die schönsten Gespräche zum Schluss der Zeit-Serie, ergänzt durch einige bislang unveröffentlichte Interviews.
Autorenporträt
Schmidt, HelmutHelmut Schmidt, geboren 1918 in Hamburg, war von 1974 bis 1982 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und ist seit 1983 Mitherausgeber der Wochenzeitung Die Zeit. Schmidt ist bis heute im In- und Ausland als elder statesman und Publizist hochgeachtet, seine politischen Urteile und historischen Erfahrungen gewichtig und gefragt. Helmut Schmidt starb im Alter von 96 Jahren am 10. November 2015.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.02.2009

Kleine Entzugshilfe
Die Zeitungen sind schon oben. Der Tee ist fertig. Sogar die Sonne scheint. Alles könnte wunderbar sein. Mit geübtem Schüttelgriff der linken Hand hält der Donnerstagmorgenroutinier die Zeit, die ja eigentlich erst am Wochenende gelesen wird, so über den Papierkorb, dass Werbebroschüren und Prospekte herausfallen können, greift aber mit der anderen Hand rechtzeitig zu, wenn endlich das Magazin kommt. Dann gießt er sich die erste Tasse Tee ein, schlägt die letzte Seite auf, lehnt sich zurück und genießt noch einen kleinen Moment die Vorfreude auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt, auf eines dieser kleinen, wunderbaren, eitlen, subversiven, überraschenden, oft politisch und zeithistorisch bemerkenswerten und sehr unterhaltsamen Rausschmeißer-Interviews, die der doch vergleichsweise junge Giovanni di Lorenzo mit dem großen Alten führt.
Und jetzt der Schock: Aus. Vorbei. Ende. Sie haben einfach aufgeh rt. Kein Helmut Schmidt. Kein „Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt”. Sondern Peer Steinbrück mit Zigarillo: „Die Zigarette danach mit Peer Steinbrück”. Es gibt
also noch zwei Dinge, die man von
Helmut Schmidt lernen kann. Erstens: Gutes Timing ist, mit einer Sache wieder aufzuhören, wenn es noch genug Leute gibt, die darüber sehr traurig sind. Das sichert und befestigt langfristig den Ruhm, funktioniert offenbar bei Kanzlern wie bei Kolumnisten, muss man sich unbedingt merken.
Andererseits weiß Helmut Schmidt in seiner Eigenschaft als Nikotinafficionado natürlich auch: Der kalte Zwangsentzug ist außerordentlich inhuman. Deswegen gibt es im Zeit-Magazin für die nächsten vier Wochen kleine Entzugshilfen, die als Methadon und Ersatzdroge funktionieren sollen: Eine Interviewkolumne, die aussieht, wie „Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt”, die auch vom Rauchen und von Helmut Schmidt handelt, aber ohne ihn und ohne di Lorenzo auskommen muss. In der Drogenberatung nennen sie so etwas: Rausschleichen.
Für ernsthaft Süchtige und alle, die die Kolumne ganz verpasst haben sollten, gibt es die Zigaretten-Gespräche mit dem Altkanzler jetzt dankenswerterweise als Buch („Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt”, Kiepenheuer und Witsch, 288 Seiten, 16,95 Euro). Der diszipliniert Abhängige wird es auf dem Küchentisch bereitlegen, jeden Donnerstag nur ein Interview noch einmal lesen, und die Zeit wieder ganz aufbewahren für das Wochenende, wie früher. EVELYN ROLL
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.04.2009

Ach, Kinder, bleibt doch auf dem Teppich!

In der Kürze liegt Helmut Schmidts Würze, und also hat man für ihn ein eigenes Genre erfunden: die Zigarettengespräche. Aus ihnen ist ein Bestseller hervorgegangen.

Man sollte sich als Leser den Gefallen tun, einfach mal nur die Antworten Helmut Schmidts zu lesen, die mit "Nein" (ersatzweise: "Nee") beginnen. Man wird dann dreierlei feststellen. Erstens: Helmut Schmidt antwortet recht oft mit "Nein". Zweitens: Bei jedem "Nein" Helmut Schmidts geht man als Leser in Habachtstellung. Drittens: Hinter jedem "Nein" hört man den imaginären Satz: "Ach, Kinder, nun bleibt doch mal auf dem Teppich; so wild ist das doch alles nicht." Man kann, mit anderen Worten, dieses lange Helmut-Schmidt-Interview auch als Therapeutikum lesen. Es beruhigt die Nerven wie Yoga oder Ikonenmalen. Es wiegt den Leser in der Gewissheit, dass er sich keine Sorgen zu machen braucht, dass jede Aufregung im Grunde doch nur künstlich ist. Es handelt sich hier also um einen Ruhig-Blut-Appell in Frage-Antwort-Form.

Das Buch dokumentiert die "Zeit"-Gespräche zwischen Helmut Schmidt und Giovanni di Lorenzo. Dass es sich seit Wochen neben den anderen Helmut-und-Loki-Schmidt-Büchern auf der Bestseller-Liste hält, hat natürlich mit dem Schmidt-Sound zu tun, der einem hier in höchster Reduziertheit, also besonders klar und lapidar, entgegentritt. Kaum eine Antwort ist länger als zehn Zeilen, die meisten sind drei bis vier Zeilen lang, viele sind Einzeiler. In der Kürze liegt Schmidts Würze, und also hat man für ihn ein eigenes Genre erfunden: Gespräche in Zigarettenlänge.

Sie fanden freitags statt. Di Lorenzo beschreibt die geradezu liturgische Ordentlichkeit der Prozedur: "Sein erster Blick gilt stets den Fenstern in meinem Büro, die fast immer aufgeklappt sind. Leise sagt er: ,Mach doch bitte die Fenster zu.' Er fürchtet die Geräusche der Straße, weil er nur noch auf dem linken Ohr hört, und auch das nur eingeschränkt. Er bittet um eine Tasse Kaffee mit viel Milch und sehr viel Zucker, nimmt auf einem Drehstuhl Platz, legt eine Packung Reyno Menthol auf den Tisch (man wundert sich immer wieder, dass es die noch gibt). Dann zündet er sich eine Zigarette an." An dieser Stelle, denkt der Rezensent, liest man den liturgischen Hinweis mit: Alle knien.

"Nein" und nochmals "nein": Schmidt, der große Rhetoriker, lässt tatsächlich keine Gelegenheit aus, jede rhetorische Brücke abzubrechen, die der Befrager ihm baut - und zwar augenblicklich und vollständig, eben mit einem "Nein" oder "Nee". Es ist, als laste ein Zwang auf Schmidt, den Cool-down-Modus einzuschalten, sobald das Gespräch an Betriebstemperatur gewinnt. Es hat bisweilen etwas rührend Pedantisches, wie Schmidt sofort dazwischengeht, wenn in der Frage mal ein Wörtchen fällt oder ein Sprachbild zum Einsatz kommt, das sich einem rhetorischen Überschuss verdankt oder, schlimmer noch: wenn gar der Hauch einer Ungenauigkeit zu bemerken ist.

Frage: "Haben Sie denn selber als junger Mensch Zwei- oder Vierzeiler geschrieben?" Antwort: "Nein." Frage: "Haben Sie versucht, Ihr öffentliches Bild im Fernsehen oder auch in Fotografien zu steuern?" Antwort: "Nein, ich habe nur versucht, im Fernsehen einen anständigen Eindruck zu machen." Frage: "War es nicht eine Tortur, diese langen Strecken zu fahren (1966 in die Sowjetunion mit dem Auto)?" Antwort: "Nein, eher war die Primitivität der Hotels eine Tortur. Ich habe auf der Reise drei Lokusse repariert." Frage: "Sie sind ein Anhänger des Sozialstaates - würden Sie sich auch als links bezeichnen?" Antwort: "Nein. Ich habe immer in meinem Leben gesagt: ein paar Zentimeter links von der Mitte." Frage: "Lieber Herr Schmidt, ich habe gesehen, dass in Ihrem Bungalow in Hamburg-Langenhorn eine kleine Bar steht. Beginnen dort die Abende der Familie Schmidt?" Antwort: "Nein, die wird nur genutzt, wenn Gäste da sind." Frage: "Sie waren nie beleidigt, wenn Sie jemand kritisiert hat?" Antwort: "Nein, ich habe ein ganz dickes Fell. Allerdings habe ich mich manchmal künstlich aufgeregt."

Ein Schmidt-Privatissimum, in dem Persönliches und Politisches eine unentwirrbare Einheit bilden. Da, wo Gehalte der hohen Politik (von der atomaren Bedrohung über Bundeswehreinsätze im Innern bis zur Finanzkrise) in persönlicher Brechung zur Sprache kommen, hat man es mit politischer Bildung im besten, nämlich unterhaltenden Sinne zu tun. Ein Beispiel nur: Eine sehr substantielle Einschätzung der Frage, ob es in den armen Regionen künftig zu wenig Wasser geben wird, wechselt bei Schmidt mit der schnoddrigen Mitteilung, dass ihm selbst ein Bad in der Woche genügt. Solche Zusammenschnitte der gänzlich unbekümmerten Art machen den Charme dieser Zigarettengespräche aus. Dass Schmidt in seinem Buch "Außer Dienst" gar die eigenen Zigarettengespräche als Tribut an den medialen Unterhaltungsbedarf milde tadelt, spricht denn auch - so sollte man meinen - eher für die Unterhaltung als gegen die Zigarettengespräche. Sie sind das Buch wert, das aus ihnen geworden ist.

CHRISTIAN GEYER.

Helmut Schmidt, Giovanni di Lorenzo: "Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt". Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009. 281 S., Abb., geb., 16,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Bestens unterhalten hat sich Rezensent Christian Geyer bei der Lektüre von Giovanni di Lorenzos Gesprächen mit Helmut Schmidt. Das liegt für ihn vor allem am unverwechselbaren Tonfall des Altbundeskanzlers. Er hebt das Genre dieser Gespräche hervor, das di Lorenzo eigens für Schmidt erfunden hat: das Zigarettengespräch. Dieses kommt seines Erachtens einer Eigenschaft des Befragten sehr entgegen: "In der Kürze liegt Helmut Schmidts Würze". Entsprechend "klar und lapidar" fallen Geyer zufolge denn auch die Antworten Schmidts auf politische und private Fragen aus. Insgesamt liest sich das Buch für ihn wie ein "Therapeutikum", vermittelt Schmidt doch überzeugend, dass jede Aufregung künstlich sei und im Grunde alles halb so schlimm sei.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Der Schmidt-Sound tritt einem hier in höchster Reduziertheit, also besonders klar und lapidar entgegen. [...] Gespräche in Zigarettenlänge.« FAZ
»Am Ende steht die Erkenntnis, warum Helmut Schmidts Autorität bis heute ungebrochen ist.« Düsseldorfer Anzeiger