Gabriele Kögl rechnet ebenso amüsant wie schonungslos ab mit einer heillos scheinheiligen Erwachsenenwelt, die den Anforderungen des Lebens weniger gewachsen ist als ihre Kinder. Sie entwickelt einen eigenen Sound, frei von Redundanz und voll wortschöpfender Phantasie.Phigie heißt eigentlich Iphigenie, ist sechzehn und verdankt diesen überkandidelten Namen ihrer Bildungsbürgermutter. Was für ihre Mam Bücher sind, nennt Phigie Streberburgziegel, und wenn sie redet, dann in einem Jargon, den nur Gleichaltrige verstehen sollen. Seit die Eltern geschieden sind, verbringt Phigie jedes zweite Wochenende bei ihrem Backup-Vater, einem ehemaligen Unternehmensberater, der längst nur mehr sich selber berät.Das liberale Getue ihrer Eltern geht Phigie ziemlich auf die Nerven. Aus Protest freundet sie sich mit einer Muslimin an. Sie läuft mit einem Hidschab durch die Gegend, um sich den allzu liberalen Fängen ihrer Mutter zu entziehen. Bald merkt sie, dass Eltern eine ziemlich anstrengende Aufgabe für Jugendliche sind. Die Mutter weiß nicht mehr, wann es Zeit ist, heimzukommen, seit sie einen Lover hat, ja sogar die über alles geliebte Kratze vernachlässigt sie. Den Vater ertappt Phigie dabei, wie er mit Damenunterwäsche herumläuft. Ihr Resümee: »So lebten sie, meine Alten, in der totalen Virtualität. Er zog sich das Leben über den Computer rein, sie über die Bücher, die einzige in der Familie, die noch Menschen brauchte, war ich.«
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Oliver Pfohlmann kann nicht aufhören von Gabriele Kögls Coming-of-Age-Roman "Auf Fett Sieben" zu schwärmen. Ganz hingerissen ist er von Kögls 16-jähriger Protagonistin Phigie, die unter dem Bücherwahn und anderen Eigenheiten ihrer Mutter, einer Literaturkritikerin, zu leiden hat. Mit größtem Vergnügen liest Pfohlmann, wie sich der Teenager etwa einen "Bücherstaubsauger" wünscht, um die mit Papier "zugemüllte" Wohnung zu säubern, der Mutter ihr Lieblingsbuch als Salat zubereitet, den Vater beim Sadomaso-Video schauen ertappt oder sich kaum vorstellen kann, wie ihr alternder Lehrer seinen "Lollipop" in eine "Bunnymumu" steckt. Der Rezensent lobt nicht nur Kögls Kunst, dem liberalen Bildungsbürgertum den Spiegel vorzuhalten, sondern bewundert auch die mit zahlreichen Neologismen angereicherte, beinahe poetische Jugendsprache. Und so möchte er der Autorin nach der Lektüre am liebsten einen "Heuchlerbesen" - sprich: Blumenstrauß - überreichen.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»ein grossartiger Roman mit einer unvergesslichen Heldin« (Oliver Pfohlmann, Neue Zürcher Zeitung, 08.05.2014)