„Auf immer und ewig“ schwören sich Nike, Paul und Nathan mit dem Geheimzeichen ihrer Bande, den ›Kopfgeldjägern‹. Seit ihrer Kindheit sind die drei unzertrennlich und wären es vielleicht für immer geblieben, wenn sie nicht im Jahr 1938 Kinder wären – Nathan ein Jude und Paul der Sohn eines
überzeugten NSDAP-Anhängers. Im Grindelviertel Hamburgs verändert sich vieles, Stück für Stück. Die jüdischen…mehr„Auf immer und ewig“ schwören sich Nike, Paul und Nathan mit dem Geheimzeichen ihrer Bande, den ›Kopfgeldjägern‹. Seit ihrer Kindheit sind die drei unzertrennlich und wären es vielleicht für immer geblieben, wenn sie nicht im Jahr 1938 Kinder wären – Nathan ein Jude und Paul der Sohn eines überzeugten NSDAP-Anhängers. Im Grindelviertel Hamburgs verändert sich vieles, Stück für Stück. Die jüdischen Bürgerinnen und Bürger verschwinden allmählich aus dem Stadtbild und werden schließlich brutal ausgegrenzt. Nike kann das nicht nachvollziehen und zeigt ihren Unmut, insbesondere gegenüber ihren Eltern. Warum sprechen sie nicht mit ihr über all das? Paul sympathisiert mit der Hitlerjugend und wird Mitglied. Zwar hängt er manchmal noch an der alten Freundschaft, jedoch nur zu seinen eigenen Bedingungen. Nathan übt sich in Zurückhaltung und konzentriert sich auf sein Geigenspiel – und auf Nike, denn mit ihr könnte es tatsächlich für immer sein...
Das Trio zeigt eine interessante Dynamik. Leider wirkt Paul, der wohl einen Mitläufer repräsentieren soll, von Anfang an durch seine grotesken Streiche distanziert von den anderen beiden, was den Verlust der Freundschaft für die Leser*innen schwer greifbar macht. Auch die Beziehung zwischen Nathan und Nike entwickelt sich plötzlich und erscheint sofort als grenzenlose Liebe. Das passt zwar einerseits zu einer jugendlichen, fast kindlichen Liebe, andererseits resultiert dies aus der eher oberflächlichen Charaktergestaltung. Die Rollen des Trios sind wenig nuanciert: Paul erscheint zunehmend als grundlegend böse, Nike als durchweg gut und unschuldig, und Nathan als das Opfer der Gesellschaft. Zwar werden die Dynamiken der Ideologie und ihre Auswirkungen immer wieder erwähnt, aber nicht richtig in die Geschichte integriert. Besonders Nike zeigt für ein junges Mädchen einen ausgeprägten moralischen Kompass, was an sich nicht unglaubwürdig ist, aber in der Interaktion mit ihren Eltern oft unlogischh wirkt.
Gelungen ist hingegen die spezifische Lokalisierung im Hamburger Grindelviertel. Die Leser*innen spüren wirklich, wie diese kleine Welt – ein Raum der Routine und Geborgenheit für die Kinder und auch die Erwachsenen – nach und nach zerbricht. Diese präzise Darstellung des Schicksals einer kleinen Stadt als Spiegelbild des großen Kriegs wurde gekonnt in den Fokus gerückt.
Von Anfang bis Ende wird die kindliche bzw. jugendliche Perspektive auf die NS-Zeit konsequent beibehalten, was den Roman trotz allem sehr lehrreich macht.