Max Weidenbach war das jüngste Mitglied der berühmten Lepsius-Expedition nach Ägypten in den Jahren 1842-1845. Es war ein überaus erfolgreiches Unternehmen, das nicht nur reiche wissenschaftliche Ernte brachte, die bis heute nachwirkt, sondern das auch alle Teilnehmer trotz großer Anstrengungen und
Risiken überlebten. Max Weidenbach war zwar von Beginn als Zeichner angestellt, seine Fähigkeiten…mehrMax Weidenbach war das jüngste Mitglied der berühmten Lepsius-Expedition nach Ägypten in den Jahren 1842-1845. Es war ein überaus erfolgreiches Unternehmen, das nicht nur reiche wissenschaftliche Ernte brachte, die bis heute nachwirkt, sondern das auch alle Teilnehmer trotz großer Anstrengungen und Risiken überlebten. Max Weidenbach war zwar von Beginn als Zeichner angestellt, seine Fähigkeiten entwickelten sich aber im Wesentlichen während der Reise.
In den letzten Jahren wurden bereits akribisch die Tagebücher und Reisebriefe von Georg Erbkam editiert und kommentiert. Zusammen mit den eher wissenschaftlich orientierten Aufzeichnungen von Richard Lepsius ist die Expedition damit eine der am besten dokumentierten deutschen Forschungsexpeditionen des 19. Jahrhunderts, deren Verlauf sich bis ins Detail rekonstruieren lässt. Im Jahr 2013 kam völlig überraschend ein weiteres Puzzlestück hinzu: Im South Australian Museum in Adelaide tauchte das umfangreiche Reisetagebuch Max Weidenbachs auf, dessen Nachkommen nach Australien ausgewandert waren. Damit erschloss sich eine weitere Sicht auf die Expedition und ihre Mitglieder, denn Max hatte eine deutlich abweichende Herangehensweise, die Dinge zu protokollieren. Wenn Lepsius der Archäologe und Wissenschaftler, Erbkam der Chronist der sozialen Zwischentöne und Empfindungen ist, dann ist Weidenbach der Buchhalter. Mit einer bemerkenswerten Ausdauer protokolliert er jede Aktivität, er notiert fast täglich die Speisefolge (übrigens erstaunlich fleischlastig...), die Kosten für Transporttiere oder Lebensmittel. Nicht dass er kein Auge für die Schönheiten der Umgebung oder die imposanten antiken Ruinen hätte, nur sind diese Beobachtungen gleichrangig mit allem anderen. Im Gegensatz zu Erbkam notiert Weidenbach auch Absichtserklärungen, die später nicht umgesetzt werden, z. B. wenn er auf einen protokollarischen Besuch dann doch nicht mitgenommen wird. Man hat bei der Lektüre immer das Gefühl, dass er jeden Moment festhalten will, da ihm stets bewusst ist, dass diese Reise der Höhepunkt seines Lebens sein wird, deren Details er auf keinen Fall vergessen darf. Erbkams Reisebriefe sind von vorne herein für ein Publikum geschrieben, seine Tagebücher zumindest an Nachkommen gerichtet. Weidenbach schreibt für sich selbst, minutiös und nicht unbedingt auf einen flüssigen Stil bedacht, sondern auf Vollständigkeit. Insofern hat gerade dieses Tagebuch eine eigene Berechtigung, indem es Dinge protokolliert, die den anderen als nicht berichtenswert erschienen, die aus heutiger Sicht aber viele Informationen über Wirtschaft, Reiseorganisation, Hierarchien und den Tagesablauf vermitteln. Es ist faszinierend, wenn man Erbkams und Weidenbachs Aufzeichnungen tageweise vergleich, wie komplementär die Informationen oft sind. Was ich anfangs schon bemerkt habe, dass die Lepsius-Expedition eine der am besten dokumentierten Expeditionen des 19. Jahrhunderts ist, hat durch die Veröffentlichung von Weidenbachs Tagebuch noch einmal an Richtigkeit gewonnen.
Wie schon die Vorgängerbände ist auch diese Edition ausführlich kommentiert und insbesondere in das monumentale Reisewerk von Lepsius eingebunden („Denkmäler aus Ägypten“). Hinzu kommt, dass das vor Ort entstandene Konvolut aus Plänen, Zeichnungen und Abklatschen fast vollständig die beiden Weltkriege überstanden hat, so dass die Herausgeberin Susanne Binder ein vielschichtiges Werk zur Referenz nutzen kann. Hinzu kommen faksimilierte Zeichnungen Weidenbachs, die u. a. belegen, wie seine künstlerischen Fähigkeiten im Lauf der Reise erkennbar wachsen. Wohlgemerkt im Eigenstudium, denn Georg Erbkam, der als Architekt mitreiste, war als Zeichner eher mittelmäßig und ihm sicher keine Hilfe.
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)