Keime, Kunstfehler, Komplikationen - Willkommen im Krankenhaus Offen, kompetent und spannend beschreibt Werner Bartens den Teufelskreis aus Effizienzdenken, Einsparwahn und Zeitmangel, in dem Ärzte, Pflegepersonal und Patienten gegeneinander ausgespielt werden. Das falsche Bein abgenommen, den Lungenflügel verwechselt, das Skalpell vergessen: die Klassiker aus der Kunstfehlerabteilung passieren immer wieder und sind Anlass zahlreicher Anekdoten. Der wahre Horror für die Patienten kommt jedoch auf leiseren Sohlen: Arzneimittel, die verwechselt werden, falsch dosierte Medikamente sowie Pflegepersonal und Ärzte im Krankenhaus, die sich die Hände nicht waschen und die durch Keime ausgelöste Entzündungen an Wunden und OP-Narben mit Antibiotika unter Kontrolle bringen müssen - Resistenzen inklusive. Überflüssige und dilettantische chirurgische Eingriffe, die sich zwar für das Krankenhaus rechnen, aber nicht für das Leben des Patienten. Ein über Jahrzehnte gewachsenes System ärztlicher Fort- und Weiterbildung, das fast komplett von Pharmaunternehmen finanziert wird - mit entsprechend einseitigen Therapievorschlägen. Und wer glaubt, als Privatpatient auf der sicheren Seite zu sein, der irrt, auch wenn das Essen auf seiner Station vielleicht besser schmeckt und die Schwestern attraktiver sind. Ob Medikamentenskandale, Behandlungsfehler und Fehlentwicklungen in der Medizin: es läuft etwas schief in unserem Gesundheitssystem. Werner Bartens über den Tatort Krankenhaus, an dem der Leichtsinn Methode hat und das Schweigen darüber Pflicht ist.
Von SZ-Autoren: Werner Bartens über die Gefahren im Krankenhaus
Das rechte statt das linke Bein amputiert, den Lungenflügel verwechselt – bis zu 200mal im Jahr wird in deutschen Krankenhäusern das falsche Organ operiert. Verglichen mit anderen Bedrohungen für Patienten sind diese Klassiker aus der Kunstfehlerabteilung jedoch selten: Mehr als 500 000 Menschen holen sich jedes Jahr in Deutschland in der Klinik überhaupt erst eine Krankheit und infizieren sich mit Erregern. Zwischen 17 000 und 50 000 Menschen kommen in Krankenhäusern ums Leben. Etwa die Hälfte der Infektionen und Todesfälle könnten mit einfachen Vorsichts- und Hygienemaßnahmen vermieden werden.
Werner Bartens, Arzt und Redakteur im Ressort Wissen der SZ veranschaulicht, weshalb Kunstfehler passieren und wie sie verhindert werden können. Er zeigt, warum Kleinkinder, Frauen und alte Menschen besonderen Gefahren in der Klinik ausgesetzt sind – und warum man nicht nachts und am Wochenende eingeliefert werden sollte. Schließlich geht es um das Chaos in den Pillendosen – und die vielen vermeidbaren Fehler, die zu Medikamentenskandalen geführt haben. SZ
WERNER BARTENS: Auf Kosten der Patienten. Wie das Krankenhaus uns krank macht. Eichborn Verlag. Frankfurt am Main 2008, 256 Seiten. 19,95 Euro.
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