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Mario Luzi, der letzte Klassiker der Lyrik des 20. Jahrhunderts aus Italien, schrieb Gedichte von großer Spiritualität. Sein Werk kreist stets um die Frage nach der Bestimmung des Menschen im Wandel der Zeit. Doch erhebt sich Luzi nie über die Dinge - der Windung einer Straße, dem Sinkflug der Schwalben im Abendhimmel sind auch das poetische Wort und die menschliche Existenz unterworfen. Die große Strahlkraft von Luzis Dichtung rührt von diesem fragenden, nie verzweifelnden Gestus im Angesicht der Schöpfung.

Produktbeschreibung
Mario Luzi, der letzte Klassiker der Lyrik des 20. Jahrhunderts aus Italien, schrieb Gedichte von großer Spiritualität. Sein Werk kreist stets um die Frage nach der Bestimmung des Menschen im Wandel der Zeit. Doch erhebt sich Luzi nie über die Dinge - der Windung einer Straße, dem Sinkflug der Schwalben im Abendhimmel sind auch das poetische Wort und die menschliche Existenz unterworfen. Die große Strahlkraft von Luzis Dichtung rührt von diesem fragenden, nie verzweifelnden Gestus im Angesicht der Schöpfung.
Autorenporträt
Mario Luzi, 1914 in Florenz geboren, war Lyriker und Essayist. Er war sechsmal für den Literaturnobelpreis nominiert und wurde anlässlich seines neunzigsten Geburtstags zum Senator auf Lebenszeit ernannt. Mario Luzi starb 2005 in Florenz. Bei Hanser erschien 2010 der zweisprachige Band Auf unsichtbarem Grunde. Gedichte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.11.2011

Das Leben kommt aus den Flüssen

Er hasste Konventionen und hielt den Markt für etwas, das alles zu nichts entwertet. Nun kann man den Lyriker Mario Luzi in seinem Gedichtband "Auf unsichtbarem Grunde" wiederentdecken.

Als 1935 Mario Luzis erster Gedichtband "La barca" erschien, wurde der damals Einundzwanzigjährige als jüngster Vertreter der "poesia ermetica" begrüßt, die damals in Blüte stand. Man sah in ihm einen Nachfolger Ungarettis, Montales und Quasimodos; also einen Poeten, der die orphische Tradition der italienischen Lyrik fortsetzte. Luzi, 1914 im toskanischen Castello geboren, studierte Romanistik, er verkehrte in den literarischen Zirkeln des Florentiner Cafés "Le giubbe rosse" und arbeitete an den damaligen nichtfaschistischen Zeitschriften wie "Campo di marte" mit.

Aus "La barca" (Das Boot) hat Mario Luzi noch 2000 in Berlin gelesen und sich an diese frühe Florentiner Zeit erinnert: "Das war in den Jahren", sagte er in einem Interview, "in denen die Dichter vor dem Faschismus die Flucht antraten, sich vom öffentlichen Leben abwandten und sich dem Geheimnis, der Innenschau und der Suche nach der Tiefe zuwandten." Nach dem Zweiten Weltkrieg trat Luzi aus dieser hermetischen Isolation heraus. Er suchte und fand den Anschluss an die Moderne, etwa an T. S. Eliots "Waste Land". Wichtige Gedichte dieser Zeit bündelte 1960 der Band "Il giusto della vita". In ihm sucht die Poesie die Gnade, hier zu sein, "im Rechten des Lebens, im Werk der Welt". Doch die veristische Idylle verdunkelte sich. Die Überschwemmung von Florenz (1966) wurde für Luzi zum Symbol der drohenden Apokalypse. Er projizierte Dantes Inferno auf Rimbauds "Saison à l'Enfer" (Eine Zeit in der Hölle) - auf die Moderne und ihr Prinzip der Zerstörung. Als Gegenmacht beschwor er jenes verborgene Reich, das "auf unsichtbarem Grund" errichtet ist.

Mit dem Band "Su fondamenti invisibili" von 1971 setzt die Auswahl ein, die Guido Schmidlin für die Edition Akzente übersetzt hat. "Auf unsichtbarem Grunde" reicht mit etwa hundert Gedichten in Luzis Spätwerk. Schmidlin war lange mit Luzi befreundet, und so ist dieser Band ein Vermächtnis beider. Mario Luzi war kein Heiliger, sondern ein weltzugewandter Dichter. Doch seine Absage an Gewalt, an Konvention und Mode war absolut. Er hasste die Gewalttätigkeit des modernen Staates und der modernen Zivilisation und hielt den Markt für etwas, das alles zu nichts entwertet. Er spottete in den Sechzigern über die kaugummikauenden Genossen, die ihn vor die Alternative "rette Dich" oder "gehe unter" stellen wollten. Er setzte auf den fundamentalen Schriftsteller, "der vielleicht das ganze Leben darauf verwendet, ein Buch zu schreiben". Luzi war selbst solch ein Autor, ein Poet im Sinne Mallarmés.

Die Buchtitel, die Schmidlins Auswahl zugrunde liegen, zeigen etwas von der fast heiligen Strenge seiner Intentionen: "In der Schärfe der Entzweiung", "Themen und Motive eines heiligen Gesangs" und - versöhnlich-milde - "Ein Rosenstrauß". Der wohl bezeichnendste Titel ist "Für die Taufe unseres Stückwerks": "Taufen heißt Benennen. Darin ist Bewegung", schreibt Schmidlin und hebt einige der Naturbilder Luzis heraus, darunter die Forelle, "die mit ihrem Schwung und Sprung die Stromschnelle überwindet". Er hätte auch an Montales berühmtes Gedicht "L'anguilla", der Aal, erinnern können, das die Lebenskraft und die Gemeinschaft allen Lebens feiert.

Ähnlich Mario Luzi. Montale liebte das Meer, Luzi die Flüsse. In seinem Zyklus "Il corso dei fiumi" (Der Lauf der Flüsse) gibt es die prägnanteste Formel für seine Dichtung: "Das Leben wird geboren zum Leben, / das ist das Ereignis, das / ist seine einzige Wahrheit." Diese Wahrheit hält uns der immer noch zu wenig bekannte Mario Luzi in seinen großangelegten nüchtern-hymnischen Gedichten vor Augen.

HARALD HARTUNG

Mario Luzi: "Auf unsichtbarem Grunde". Gedichte.

Italienisch/Deutsch. Auswahl, Übersetzung und Nachwort von Guido Schmidlin. Hanser Verlag, München 2010. 328 S., geb., 19,10 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Als echte Gelegenheit, einen großen Dichter der italienischen Moderne kennenzulernen, preist der Lyriker Jan Wagner diese von Guido Schmidlin herausgegebene Sammlung mit Texten aus der mittleren bis späten Schaffensphase des einst dem "Ermetismo" nahestehenden Dichters Mario Luzi. Den mitunter allzu feierlich erscheinenden Ton der Texte, hängt Wagner nach Überprüfung des mitabgedruckten Originals der Übersetzung an. Dass der eigentlich offenere Ton, die direkte Sprache des hier gezeigten Werkabschnitts so eher antiquiert wirkt, gefällt ihm nicht so gut.

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