Du bist okay, so wie du bist - Sarah Weeks erzählt poetisch und einfühlsam von einem Mädchen, das ihren Hund sucht und dabei ihr Glück findet.
Aurora weiß zwei Dinge: a) Die anderen Kinder halten sie für komisch, und b) das macht nichts, denn sie hat Duck, ihren Hund und allerbesten Freund. Ihn stört es nicht, dass sie ihre Sätze gern zweiteilt und andere seltsame Angewohnheiten hat. Doch dann ist Duck plötzlich verschwunden, und Auroras Welt steht kopf. Nicht nur, dass sie ihren einzigen Freund wiederfinden muss, ihre Eltern bekommen auch noch Besuch von einer jungen Frau namens Heidi. Die ist scheinbar genau das, was Aurora nicht ist: normal, beliebt, ein wahres Glückskind. Aurora kennt sie nur aus Erzählungen und will nichts mit ihr zu tun haben. Das ändert sich erst, als Heidi ihre Hilfe anbietet: bei der Suche nach Duck - und nach Auroras eigenem Glück.
Aurora weiß zwei Dinge: a) Die anderen Kinder halten sie für komisch, und b) das macht nichts, denn sie hat Duck, ihren Hund und allerbesten Freund. Ihn stört es nicht, dass sie ihre Sätze gern zweiteilt und andere seltsame Angewohnheiten hat. Doch dann ist Duck plötzlich verschwunden, und Auroras Welt steht kopf. Nicht nur, dass sie ihren einzigen Freund wiederfinden muss, ihre Eltern bekommen auch noch Besuch von einer jungen Frau namens Heidi. Die ist scheinbar genau das, was Aurora nicht ist: normal, beliebt, ein wahres Glückskind. Aurora kennt sie nur aus Erzählungen und will nichts mit ihr zu tun haben. Das ändert sich erst, als Heidi ihre Hilfe anbietet: bei der Suche nach Duck - und nach Auroras eigenem Glück.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Fridtjof Küchemann rät, die Glaubwürdigkeit von Sarah Weeks Kinderroman über eine rigoros agierende junge Außenseiterin und ihre Eltern nicht auf die Waagschale zu legen. Dass keine Elfjährige so selbstreflexiv spricht wie Aurora im Roman, hält Küchemann schließlich für nebensächlich. Viel wichtiger scheint ihm, wie überzeugend Weeks das Gefühl des Kindes transportiert, nicht genug geliebt zu werden. So erscheint der Mangel an Glaubwürdigkeit dem Rezensenten schließlich als "Kühnheit", mit deren Hilfe die Autorin zu bedeutenderen Wahrheiten gelangt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2022Was für eine Liebe?
Sarah Weeks erzählt von quälenden Zweifeln
Wie zwei streunende Katzen, die immer wieder aufeinander losgehen: Immerhin findet Roy Franklin noch Worte für seine Frau und ihre gemeinsame Tochter, als die eine in "Aurora und die Sache mit dem Glück", dem neuen Kinderroman von Sarah Weeks, nicht mehr weiß, was sie sagen soll (und was besser nicht), und die andere Erklärungen und Entschuldigungen mit "Bla bla bla" kommentiert, nicht mehr reden und schon gar nicht mehr "Schätzchen" genannt werden will.
Die Situation ist aber auch einigermaßen verfahren: Das Haus der Familie hat eines Nachts gebrannt, seitdem fehlt Duck, Auroras Hund. Dabei war er es doch, dessen Gebell die Familie rechtzeitig geweckt hatte. Am nächsten Morgen stoßen die Eltern auf ein Feuerzeug im vom Brand und den Löscharbeiten verwüsteten Kinderzimmer: für Aurora nicht mehr als ein spannender Fund am Straßenrand, der nicht mehr funktionierte, für Roy und vor allem für Ruby, die Mutter, Grund für den quälenden Verdacht, Aurora könnte etwas mit dem Brand zu tun haben. Eine Anschuldigung, die für ein etwa elf Jahre altes Mädchen kaum auszuhalten ist, schon gar nicht für eins wie Aurora mit ihren Ticks, ihrer Ordnungsliebe und ihrer Unbedingtheit, die sie unter den anderen Kindern ihrer fünften Klasse zur Außenseiterin machen und ihre nervöse Mutter bereits die Einschätzung mehrerer Psychologen einholen ließ: Wenn bei ihrer Tochter kein Asperger-Syndrom diagnostiziert werden könnte, dann doch vielleicht eine Zwangsstörung oder ADS? "Etwas muss es doch sein."
Doch damit nicht genug: Besuch steht ins Haus, Heidi hat sich angesagt, hochschwanger, eine Freundin der Familie, die nach dem Tod ihrer Mutter als Mädchen eine Zeit lang bei den Franklins gelebt hatte, vor Auroras Geburt. Immer wieder hat Ruby ihrer Tochter begeistert alle Geschichten aus dieser Zeit erzählt, jetzt tut sie, "als käme die Königin von England zu Besuch", und Aurora hat mit dem Gefühl zu kämpfen, ihrer Mutter wäre es lieber gewesen, Heidi wäre damals einfach bei ihnen geblieben: "Ich glaube, du hättest mich nie kriegen sollen, wenn du mich eigentlich nicht wolltest."
Um ihre Geschichte über den wechselseitigen Blick von Mutter und Tochter aufeinander, über das Gefühl, nicht so geliebt zu werden, wie man es sich wünscht, in einem Kinderroman zu erzählen, noch dazu aus der Sicht eines Kindes, nimmt Sarah Weeks einiges in Kauf: Immer wieder muss ihre Aurora die eigenen Ticks erwähnen, als würde sie selbst ihnen die gleiche Bedeutung beimessen wie die Autorin oder ihre Leser. Immer mal sind die Bemerkungen und Beschreibungen der Erzählerin auch durch die Diagnose eines Psychologen nicht mehr gedeckt, Aurora sei "sehr klug": "Endlich freute ich mich wieder über etwas - musste sie das mit ihrem abgedroschenen Du hast mir gefehlt ruinieren?", fragt sie nach einem Annäherungsversuch der Mutter. "Das kleine weiße Haus war noch da, es hatte sogar ein nagelneues Dach, doch alle Farben darin waren verschwunden, weil es die Familie, die einst dort gelebt hatte, nicht mehr gab", stellt sie fest, als sie eines Nachts aus einem Traum erwacht. Welche Fünftklässlerin erzählt so aus ihrem Leben?
Doch Sarah Weeks geht es nicht um oberflächliche Glaubwürdigkeit, das hat die amerikanische Autorin schon mit "So B. It" gezeigt. Dieser Kinderroman, in deutscher Übersetzung im Jahr 2006 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert, erzählte Heidis Geschichte, die als Kind zweier behinderter Eltern auf die Welt gekommen und mit einer Mutter aufgewachsen ist, die 23 Wörter sagen konnte, darunter ein Phantasiewort für "Liebe", das es in Auroras Geschichte in den Wortschatz der Familie Franklin geschafft hat. Man muss das neue Buch nicht als Fortsetzung des alten lesen, man muss das alte nicht einmal kennen, um vom neuen etwas zu haben. Doch man muss anerkennen, dass Sarah Weeks' Glaubwürdigkeitsverzicht keine Schwäche ihres Schreibens ist, sondern ein Kühnheit, die sie zu Verzwicktheiten und Wahrheiten führt, die unbedingt erzählt und gelesen sein wollen. FRIDTJOF KÜCHEMANN
Sarah Weeks: "Aurora und die Sache mit dem Glück". Roman.
Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit. 160 S., geb., 15,- Euro. Ab 10 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sarah Weeks erzählt von quälenden Zweifeln
Wie zwei streunende Katzen, die immer wieder aufeinander losgehen: Immerhin findet Roy Franklin noch Worte für seine Frau und ihre gemeinsame Tochter, als die eine in "Aurora und die Sache mit dem Glück", dem neuen Kinderroman von Sarah Weeks, nicht mehr weiß, was sie sagen soll (und was besser nicht), und die andere Erklärungen und Entschuldigungen mit "Bla bla bla" kommentiert, nicht mehr reden und schon gar nicht mehr "Schätzchen" genannt werden will.
Die Situation ist aber auch einigermaßen verfahren: Das Haus der Familie hat eines Nachts gebrannt, seitdem fehlt Duck, Auroras Hund. Dabei war er es doch, dessen Gebell die Familie rechtzeitig geweckt hatte. Am nächsten Morgen stoßen die Eltern auf ein Feuerzeug im vom Brand und den Löscharbeiten verwüsteten Kinderzimmer: für Aurora nicht mehr als ein spannender Fund am Straßenrand, der nicht mehr funktionierte, für Roy und vor allem für Ruby, die Mutter, Grund für den quälenden Verdacht, Aurora könnte etwas mit dem Brand zu tun haben. Eine Anschuldigung, die für ein etwa elf Jahre altes Mädchen kaum auszuhalten ist, schon gar nicht für eins wie Aurora mit ihren Ticks, ihrer Ordnungsliebe und ihrer Unbedingtheit, die sie unter den anderen Kindern ihrer fünften Klasse zur Außenseiterin machen und ihre nervöse Mutter bereits die Einschätzung mehrerer Psychologen einholen ließ: Wenn bei ihrer Tochter kein Asperger-Syndrom diagnostiziert werden könnte, dann doch vielleicht eine Zwangsstörung oder ADS? "Etwas muss es doch sein."
Doch damit nicht genug: Besuch steht ins Haus, Heidi hat sich angesagt, hochschwanger, eine Freundin der Familie, die nach dem Tod ihrer Mutter als Mädchen eine Zeit lang bei den Franklins gelebt hatte, vor Auroras Geburt. Immer wieder hat Ruby ihrer Tochter begeistert alle Geschichten aus dieser Zeit erzählt, jetzt tut sie, "als käme die Königin von England zu Besuch", und Aurora hat mit dem Gefühl zu kämpfen, ihrer Mutter wäre es lieber gewesen, Heidi wäre damals einfach bei ihnen geblieben: "Ich glaube, du hättest mich nie kriegen sollen, wenn du mich eigentlich nicht wolltest."
Um ihre Geschichte über den wechselseitigen Blick von Mutter und Tochter aufeinander, über das Gefühl, nicht so geliebt zu werden, wie man es sich wünscht, in einem Kinderroman zu erzählen, noch dazu aus der Sicht eines Kindes, nimmt Sarah Weeks einiges in Kauf: Immer wieder muss ihre Aurora die eigenen Ticks erwähnen, als würde sie selbst ihnen die gleiche Bedeutung beimessen wie die Autorin oder ihre Leser. Immer mal sind die Bemerkungen und Beschreibungen der Erzählerin auch durch die Diagnose eines Psychologen nicht mehr gedeckt, Aurora sei "sehr klug": "Endlich freute ich mich wieder über etwas - musste sie das mit ihrem abgedroschenen Du hast mir gefehlt ruinieren?", fragt sie nach einem Annäherungsversuch der Mutter. "Das kleine weiße Haus war noch da, es hatte sogar ein nagelneues Dach, doch alle Farben darin waren verschwunden, weil es die Familie, die einst dort gelebt hatte, nicht mehr gab", stellt sie fest, als sie eines Nachts aus einem Traum erwacht. Welche Fünftklässlerin erzählt so aus ihrem Leben?
Doch Sarah Weeks geht es nicht um oberflächliche Glaubwürdigkeit, das hat die amerikanische Autorin schon mit "So B. It" gezeigt. Dieser Kinderroman, in deutscher Übersetzung im Jahr 2006 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert, erzählte Heidis Geschichte, die als Kind zweier behinderter Eltern auf die Welt gekommen und mit einer Mutter aufgewachsen ist, die 23 Wörter sagen konnte, darunter ein Phantasiewort für "Liebe", das es in Auroras Geschichte in den Wortschatz der Familie Franklin geschafft hat. Man muss das neue Buch nicht als Fortsetzung des alten lesen, man muss das alte nicht einmal kennen, um vom neuen etwas zu haben. Doch man muss anerkennen, dass Sarah Weeks' Glaubwürdigkeitsverzicht keine Schwäche ihres Schreibens ist, sondern ein Kühnheit, die sie zu Verzwicktheiten und Wahrheiten führt, die unbedingt erzählt und gelesen sein wollen. FRIDTJOF KÜCHEMANN
Sarah Weeks: "Aurora und die Sache mit dem Glück". Roman.
Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit. 160 S., geb., 15,- Euro. Ab 10 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Man muss anerkennen, dass Sarah Weeks' Glaubwürdigkeitsverzicht ... eine Kühnheit ist, die sie zu Verzwicktheiten und Wahrheiten führt, die unbedingt erzählt und gelesen sein wollen." Fridtjof Küchemann, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.01.2022