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Klassiker aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, , Sprache: Deutsch, Abstract: Auszug aus dem Text: In Livland, auf ihrer Eltern Gut, Burkahnen, ward Komteßchen Dorothee, wie der Grafenkalender kündet, um 1820 geboren. In völliger Weltabgeschiedenheit wuchs sie dort auf, als einziges Kind. Das Herrenhaus in Burkahnen war ein ganz altes Gebäude, das ursprünglich seinen Anspruch auf besonderen Stil erheben konnte, aber Dorothees Großeltern hatten es im klassizistischen Geschmack jener Tage neu herrichten lassen. Die Hauptfassade war mit einem griechischen…mehr

Produktbeschreibung
Klassiker aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, , Sprache: Deutsch, Abstract: Auszug aus dem Text: In Livland, auf ihrer Eltern Gut, Burkahnen, ward Komteßchen Dorothee, wie der Grafenkalender kündet, um 1820 geboren. In völliger Weltabgeschiedenheit wuchs sie dort auf, als einziges Kind. Das Herrenhaus in Burkahnen war ein ganz altes Gebäude, das ursprünglich seinen Anspruch auf besonderen Stil erheben konnte, aber Dorothees Großeltern hatten es im klassizistischen Geschmack jener Tage neu herrichten lassen. Die Hauptfassade war mit einem griechischen Giebel und dorischen Säulen geschmückt worden, und zu beiden Seiten der großen Haustür hatte man in die dicke Mauer Nischen eingehauen, in denen nun hohe dreifüßige Opferschalen standen. Dinge, die sich zu wundern schienen, wie sie in die nordische Umgebung hineingeraten waren.Es war ein stillverträumtes Haus, darin es überall nach Lavendel roch, und alles hatte etwas Geheimnisvolles. Wenn man plötzlich in ein Zimmer trat, knisterte es ganz leise in den alten Tapeten, als hatten die sich eben eine Geschichte erzählt und hielten nun erschrecken inne. Es gab da Stuben mit Friesen, die, in Anlehnung an Thorwaldsen, weiße Figuren auf blaßblauem Grunde wiesen, und andere, die mit alten verblichenen Kattunen bespannt waren. Zierlich steife Empiremöbel standen an den Wänden, gerade und spärlich verteilt, die Schreibtischchen hatten viele geheime Schubfächerchen, aber der Platz zum Schreiben war ganz klein und offenbar nur für winzige Billettchen berechnet. Und erstaunlich viel Kartentische gab es in dem Hause, auf denen Préférence und L'hombre gespielt wurde.Der merkwürdigste Raum aber war ein großer ausgemalter Saal. Ein Vorfahre von Dorothee, der von einer Reise nach Italien die dauernde Sehnsucht nach Sonne und Süden heimgebracht, hatte hier, nach seiner Rückkehr, eine Reihe italienischer Landschaften auf die Wände zaubern las, überreiche Girlanden. Viel röter waren da die Rosen und weit größer die Trauben, als Dorothee sie je in den Burkahnichen Treibhäusern gesehen, und noch manch andere Blumen und Früchte, deren Namen sie kaum kannte, waren in beängstigender Üppigkeit dargestellt. In tiefe purpurne Blütenkelche blickte sie, die irgendwie die Vorstellung schwüler Abgründe erweckten, und zwischen grünen, Schlangen gleichenden Ranken reckten sich Kolben goldenen Welschkornes vor gegen das violette Kleid überreif berstender Feigen, die platzenden Schalen der Granaten, aus denen Kerne in blutrotem Safte quollen.
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