"Auschwitz" steht für ein einmaliges, unfassbares Verbrechen. Doch es steht nicht außerhalb von Raum und Zeit. Die Ermordung von etwa 1,3 Millionen Menschen - die meisten von ihnen Juden - in Auschwitz war Abschluss und Höhepunkt der nationalsozialistischen Umsiedlungs- und Vernichtungspolitik gegen die Juden Europas. Diese Politik durchlief auf den verschiedenen Entscheidungsebenen mehrere Stadien. In der Geschichte von Auschwitz ballen sich an einem Ort Planung und Chaos, Wahnsinn und Methode, Schrecken und Hoffnung der dunkelsten Zeit des 20. Jahrhunderts. In seinem ausgewogenen, fundierten und erschütternden Buch kann der renommierte britische Autor Laurence Rees dieses unfaßbare Geschehen dem Leser nachvollziehbar und - in den Grenzen des Möglichen - verständlich machen. In 15 Jahren Recherche hat er Zeitzeugen in ganz Europa befragen können, die hier erstmals über ihr Erleben sprechen. Denn mit jedem Jahr, jedem Jahrzehnt, das seit dem Grauen von Auschwitz vergeht, wird das
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Sybille Steinbacher wendet sich in einer Doppelbesprechung zwei Büchern zum Thema Auschwitz zu. "Auschwitz. Geschichte eines Verbrechens." Ist das Begleitbuch zu einer sechsteiligen BBC-Dokumentation des britischen Filmautors Laurence Rees, und die Rezensentin ist davon sehr beeindruckt. Rees hat in einem Zeitraum von 15 Jahren Zeitzeugen aus ganz Europa befragt und damit "Geschichten" aus dem Lager erfahren, die in keinem Geschichtsbuch stehen, so die Rezensentin anerkennend. Insgesamt ist das Ziel der Dokumentation, die Politik der Massenvernichtung aufzuzeichnen und die Entwicklung von einem eher unbedeutenden Lager zu einem der wichtigsten Konzentrationslager "vor dem Hintergrund des Lagergeschehens" nachzuzeichnen, erklärt Steinbacher. Sie preist die "thematische Stringenz", die "pointierte Darstellung" und die "sprachliche Klarheit" des Buches und lobt, wie gekonnt der Autor sich auch in der Erschließung der Literatur zum Thema "ganz auf der Höhe der Forschung" bewegt. Zudem habe Rees durch seine "journalistische Versiertheit und Neugier" viele außergewöhnliche Zeugenberichte sammeln können, wie man sie bisher nicht zu lesen bekommen habe, betont die Rezensentin. So befragte er nicht nur den "Dollarkönig" von Auschwitz, dessen Aufgabe es war, das Geld der inhaftierten Juden zu zählen und zu verwalten, sondern auch einen ehemaligen sowjetischen Häftling oder eine Inhaftierte, die in der Baracke "Kanada", in der der Besitz der Ermordeten gesammelt wurde, arbeiten musste, so Steinbacher beeindruckt. Dass das Buch zahlreiche Druckfehler enthält, schreibt sie der "Eile" bei der Veröffentlichung zu und hat sie offenkundig nicht übermäßig geärgert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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