Dem britischen Schriftsteller Arthur Evelyn St. John Waugh (1903 - 1966) wurde oft Konservatismus und eine gewisse Dandy-Haftigkeit vorgeworfen, dabei war ein satirischer Gesellschaftsbildner, der vorzugsweise Absonderlichkeiten der höheren Gesellschaftskreise kritisierte. Heute zählt der kauzige
Außenseiter Waugh zu den bedeutendsten britischen Romanciers des 20. Jahrhunderts.
Im Diogenes…mehrDem britischen Schriftsteller Arthur Evelyn St. John Waugh (1903 - 1966) wurde oft Konservatismus und eine gewisse Dandy-Haftigkeit vorgeworfen, dabei war ein satirischer Gesellschaftsbildner, der vorzugsweise Absonderlichkeiten der höheren Gesellschaftskreise kritisierte. Heute zählt der kauzige Außenseiter Waugh zu den bedeutendsten britischen Romanciers des 20. Jahrhunderts.
Im Diogenes Verlag liegt nun mit „Ausflug ins wirkliche Leben“ eine Auswahl seiner Erzählungen vor, die vorrangig in den 1930er Jahren entstanden. Von den insgesamt fünfzehn Erzählungen erscheinen dabei fünf erstmals in deutscher Sprache.
Gleich in der Auftaktgeschichte „Liebe in schlechten Zeiten“ schildert Waugh die Flitter-wochen von des jungvermählten Paares Tom und Angela, die verheißungsvoll mit einer Reise beginnen, doch dann trifft Tom auf dem Bahnsteig unverhofft einen alten Schulkameraden. Im Mittelpunkt der Titelgeschichte „Ausflug ins wirkliche Leben“ steht der Romanschriftsteller Simon Lent, der plötzlich die Chance sieht, erfolgreich ins Filmgeschäft einzusteigen. Binnen einer Woche müssen allerdings die Dialoge für eine moderne Hamlet-Adaption fertig sein. Am Ende ist aber alles eine Illusion.
Man kann vermuten, dass diese Geschichte autobiografische Züge trägt, denn Waugh galt als Spezialist von Dialogen, die sich in seinen Werken manchmal über zwei Seiten hinziehen.
Die längere Geschichte „Charles Ryders Schulzeit“, die erst 1982 posthum erschien, führt in ein religiöses Internat, wo der halbwüchsige Charles seinen Weg zum Erwachsenwerden sucht. Er führt heimlich Tagebuch, interessiert sich für Literatur und alte Schriftzeichen und so ist er begeistert von einer alten Druckpresse. Künstler ist sein Lebensziel, doch kann dieser Wunsch in dieser weltfremden Umgebung reifen. Später wurde Charles Ryder zur Hauptfigur von Waughs Roman „Wiedersehen mit Brideshead“.
Waughs Erzählungen sind wie seine Romane eine Auseinandersetzung mit dem Einbruch der modernen Welt. Die alten Werte werden nebensächlich und Desillusionierung greift um sich. Der Autor versucht, dem mit makabrem Humor zu begegnen, und wird so manchmal zum Zyniker.
Die Diogenes-Auswahl ist eine handliche Leinenausgabe im Schuber. In der gleichen Aufmachung erschien „Wiedersehen mit Brideshead“. So hat der Leser zwei lobenswerte Möglichkeiten, den Romancier Evelyn Waugh kennenzulernen.