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Mit der Auslegung der ersten neun Kapitel des Lukasevangeliums liegt das vierte der insgesamt fünf großen exegetischen Vorlesungsmanuskripte Erik Petersons gedruckt vor. Diese Vorlesung aus den Jahren 1925/26 und 1928 ist seine einzige Auslegung eines synoptischen Evangeliums. So kommt diesem Werk eine spezifische und unersetzliche Bedeutung zu. Mehrere lukanische Exegesen sind Unikate im Gesamtwerk Petersons: zum Beispiel seine Auslegung der Weihnachtserzählung, der Versuchungen Jesu durch den Satan, der Dämonenaustreibungen und vor allem der Feldrede (Bergpredigt). Sie verbinden sich zu…mehr

Produktbeschreibung
Mit der Auslegung der ersten neun Kapitel des Lukasevangeliums liegt das vierte der insgesamt fünf großen exegetischen Vorlesungsmanuskripte Erik Petersons gedruckt vor. Diese Vorlesung aus den Jahren 1925/26 und 1928 ist seine einzige Auslegung eines synoptischen Evangeliums. So kommt diesem Werk eine spezifische und unersetzliche Bedeutung zu. Mehrere lukanische Exegesen sind Unikate im Gesamtwerk Petersons: zum Beispiel seine Auslegung der Weihnachtserzählung, der Versuchungen Jesu durch den Satan, der Dämonenaustreibungen und vor allem der Feldrede (Bergpredigt). Sie verbinden sich zu einer markanten Linie eschatologischer Christologie und Anthropologie, die auch die streitbare Auseinandersetzung mit dem Geist der Gegenwart nicht scheut.Eine Auswahl thematisch benachbarter Lexikonartikel und diverser unveröffentlichter Studien aus der Feder Petersons rundet das Bild ab.In der fachkundigen Einleitung und Kommentierung durch Reinhard von Bendemann erfolgen erstmals eine präziseEinordnung Petersons in das seinerzeitige Spektrum der Bibelwissenschaft sowie eine kritische Analyse seiner exegetischen Methodik und seiner Positionen unter dem Blickwinkel des heutigen Forschungsstandes. Viele der dabei zutage geförderten Erkenntnisse sind von großem Wert auch für das Verständnis anderer Schriften Petersons.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
:Reinhard von Bendemann lehrt seit 2002 als Professor am Institut für Neutestamentliche Wissenschaft und Judaistik der Christian-Albrechts-Universität Kiel Exegese des Neuen Testaments. In der Erforschung der frühchristlichen Literatur- und Theologiegeschichte im Rahmen der hellenistisch-römischen Zeit und Welt widmet er sich unter den biblischen Schriften gegenwärtig besonders der paulinischen und deuteropaulinischen sowie der katholischen Briefliteratur und dem Markusevangelium. Zugleich gilt seine Aufmerksamkeit der neutestamentlichen Theologie und Hermeneutik.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.12.2005

Damit war die Grenze von Jesu Tätigkeit bezeichnet
Die Weihnachtsgeschichte, die Offenbarung und die historische Datierung: Erik Petersons Vorlesungen zum Lukasevangelium
„Es geschah aber in jenen Tagen, dass ein Edikt vom (Kaiser) Augustus ausging, dass sich die ganze Ökumene zur Steuer einschätzen lassen sollte.” Diesen Satz aus dem Lukasevangelium kannten einst alle Kinder in Europa als Beginn der Weihnachtsgeschichte - nur in etwas anderen Worten. Welche Fragen kann man zu so einem Satz stellen, welche Hinweise dazu geben? Auffallend ist schon, dass die Weihnachtsgeschichte, die für viele ganz der Welt des Glaubens angehört, eröffnet wird mit einem präzisen Hinweis auf ein Ereignis, das in den Annalen der Weltgeschichte verzeichnet ist - oder verzeichnet sein könnte. Mit dem Erlass des Kaisers Augustus zur mutmaßlichen Zeit von Christi Geburt haben die Historiker ihre Schwierigkeiten. Was die Evangelien erzählten, sollte nach der Überzeugung ihrer Autoren wie ihrer Zuhörer - es waren ja eher Predigten, die irgendwann mitgeschrieben wurden - von Wirklichem handeln.
„Interessant ist”, schreibt der Theologe Erik Peterson, „daß in allen Evangelien eine Datierung gemäß den Weltjahren fehlt, und diese Beobachtung ist umso überraschender, als die spätere christliche Chronographie sich so abgemüht hat, das Datum der Geburt Jesu innerhalb der Jahre der Welt, die seit der Schöpfung der Welt vergangen sind, herauszufinden.” Zur Bestimmung nach den „Weltjahren” hätte man immerhin auf die bei den Römern übliche Zählung ab urbe condita zurückgreifen können, die Zahl der Jahre seit der Gründung der Stadt Rom. Folgt man Lukas, wäre Jesus spätestens im Jahr 749 der römischen Ära in Bethlehem zur Welt gekommen. Solche Zahlen aber vermeiden die Evangelisten.
Für Peterson, dessen Vorlesungen zum Lukasevangelium soeben mit einer Reihe anderer, thematisch verwandter Schriften erschienen sind, setzen an diesem Punkt seine Überlegungen an: „Zum urchristlichen Geschichtsverständnis”, so ist ein kurzer Text aus diesem Buch überschrieben, das Band 5 in der auf 14 Bände hin angelegten Werkauswahl darstellt. Der Text ist aus dem Italienischen übersetzt. Wie kam der 1890 in Hamburg geborene Peterson nach Italien?
Eine solche Frage führt zu einer der bemerkenswertesten Gelehrtenbiographien der an Exemplaren dieses Genres gewiss nicht armen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Peterson begann seine akademische Lehrtätigkeit in Göttingen und lehrte von 1924 bis 1929 an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Bonn. Hier schloss er Freundschaft mit dem Staatsrechtler Carl Schmitt, was ihn nicht daran hinderte, ihm später beim Thema „Politische Theologie” klar zu widersprechen. 1930 konvertierte der damals schon hoch angesehene Gelehrte zur katholischen Kirche. Die Lehrkanzel bei den Protestanten gab er auf, der Plan einer Professur in der Philosophischen Fakultät scheiterte - was nicht an mangelnder Hochachtung ihm gegenüber lag. Damit begann eine lange Zeit kümmerliche wirtschaftliche Existenz, aber das „Professoren-sein” allein, so fand Peterson, „ist schließlich kein Ziel.”
Zu den Schwierigkeiten auf dem privaten Lebensweg gesellten sich bald schon Belastungen aufgrund der politischen Verhältnisse. Peterson, der bis dahin Rom nur besuchsweise kannte - gemeinsame Reisen mit Carl Schmitt - blieb nun dort hängen. Er fand eine knauserig dotierte Beschäftigung bei päpstlichen Institutionen, aber jeder wusste, dass er auf den Gebieten, die er lehrte - hellenistische Religionsgeschichte, Urchristentum, die frühe Kirche, Patristik - zu den Koryphäen seiner Zeit gehörte. In Rom heiratete Peterson eine Italienerin und bekam von ihr fünf Kinder. 1960, als er sich wegen medizinischer Betreuung in Hamburg aufhielt - Peterson traute römischen Priestern, aber nicht römischen Ärzten -, stürzte er schwer. Im Oktober desselben Jahres starb er.
Die Vorlesungen zum Lukasevangelium hielt Peterson 1925/26 und 1928. Sie sind durchzogen von Gedanken zum Verhältnis von Offenbarungsbericht und Geschichtsschreibung. In der Weihnachtsgeschichte geht es ja weiter: „Diese Schätzung war die erste, die stattfand, als Quirinius Statthalter von Syrien war.” Sorgfältig erwähnt Peterson, dass es sich hier um Publius Sulpicius Quirinius handelt, „der die Schätzung in Syrien und nach dem Zeugnis des Josephus ca. 7. n. Chr. auch in Judäa durchführte, was damals das Signal zum Aufstand des Galiläers Judas gab. Es ist zuzugeben”, fügt der Gelehrte hinzu, „dass der Hinweis auf die syrische Statthalterschaft des Quirinius es nahe legen könnte, Apographe nicht als Schätzung der Ökoumene, sondern als eine auf Syrien und Judäa beschränkte aufzufassen.”
Getauft wurde Jesus von Johannes dem Täufer. Auch hier leitet Lukas den Bericht mit Hinweis darauf ein, was gleichzeitig in der Welt geschah: „Im 15. Jahr aber der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter von Judäa war und Herodes Tetrarch von Galiläa, sein Bruder Philippus Tetrarch von Ituräa und der Landschaft Trachontis und Lysanias Tetrarch von Abilene unter dem Hohenpriestertum von Hannas und Kaiphas, kam das Wort Gottes zu Johannes, dem Sohn des Zacharias, in der Wüste.” Peterson kommentiert (unter anderem): „Das Gebiet von Abilene, über das Lysanias herrschte, war ein ganz kleines Fürstentum im Antilibanon.” (Heute ist Abilene als Stadt in Kansas, nördlich von Wichita, jedem Western-Freund bekannt. Die Rancher, Viehzüchter und Cowboys waren bibelkundig.) „Man wundert sich", notiert Peterson, „dass dieses Duodezfürstentum in einem Synchronismus auftritt, der mit Kaiser Tiberius beginnt. Aber sein Territorium war dem des Philippus, der Dekapolis und dem von Caesarea Philippi benachbart; das aber waren die Gegenden, die Jesus aufgesucht hatte. Damit war die Grenze seiner Tätigkeit im Norden bezeichnet.”
In der schon zitierten kleinen Schrift zum urchristlichen Geschichtsverständnis erläutert Peterson, was es mit der - nach griechischem Vorbild gewählten - Übung auf sich hat, historische Verortung nach Gleichzeitigkeiten (Synchronismen) vorzunehmen. Die Synchronisierung verankert das berichtete Ereignis in der historischen Welt, sei es der des römischen Imperators oder des Statthalters oder eines jüdischen Fürsten.
Jüdische Tradition war es, die Weltläufte nach Anfang und Ende der Welt zu datieren. Die Dauer der Welt wurde nach der Weltwoche bestimmt, das waren 7 000 Jahre. Das hatten die frühen Christen sicher nicht vergessen. Die jüdischen Geistlichen suchten, den Daten ihrer Geschichtsauffassung entsprechend, nach Zeichen für die Ankunft des Messias und das jüngste Gericht. Das frühe Christentum hielt sich an das Wort Jesu, dass niemand diese Stunde kennt, und entschied sich gegen eine Datierung nach den Jahren der Existenz der Welt und für eine historische, sei es jüdische, sei es römische. Das ist ein sehr wichtiger Umstand zum Verständnis des historischen Bewusstseins des frühen Christentums.
Das war vor allem eine neue Sicht vom Glauben her auf die Welt. Die Beachtung der Symbolik - Christus erscheint in dem Augenblick, da Augustus als römischer Kaiser die Welt geeint hat - kam erst später.
JÜRGEN BUSCHE
ERIK PETERSON: Lukasevangelium und Synoptica. Ausgewählte Schriften, Band 5. Aus dem Nachlass hrsg. von Reinhard von Bendemann. Echter Verlag, Würzburg 2005. 446 Seiten, 58 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Jürgen Busche nutzt die Gelegenheit dieses fünften Bandes der Ausgewählten Schriften von Erik Peterson erst einmal, um das Leben dieses deutschen Gelehrten etwas genauer vorzustellen. Nach einer Karriere als evangelischer Theologe in den zwanziger Jahren, einer Freundschaft mit dem späteren Nazi-Juristen Carl Schmitt, verlor Peterson mit der Konversion zum Katholizismus seine Professur - und fristete fortan in vatikanischen Diensten in Rom ein recht karges Dasein. In den hier versammelten Texten aus dem Nachlass (aus dem Italienischen übersetzt) geht es um ein wichtiges Motiv von Petersons Denken, nämlich die Frage nach der Datierung und Datierbarkeit der heilsgeschichtlichen Ereignisse. Nicht im empirischen Sinne, vielmehr in der Dimension der Bedeutung, die eine solche Datierbarkeit haben kann. Sehr viel ist dabei, so Busche, über das "Verständnis des historischen Bewusstseins des frühen Christentums" zu lernen.

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