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Im Gegensatz zu den deutschen Journalisten sind die Auslandskorrespondenten im Dritten Reich bisher kaum Gegenstand publizistikwissenschaftlicher Forschung gewesen. Dies überrascht aufgrund der wichtigen Rolle der Korrespondenten bei der Beeinflussung des Bildes der NS-Herrschaft in der Weltöffentlichkeit: Ihre Berichte dienten täglich Millionen von Menschen in vielen Ländern als zentrale Informationsquelle über Hitlers Reich. Die vorliegende Studie wirft erstmals einen umfassenden Blick auf die Arbeit von Auslandskorrespondenten im Dritten Reich. Sie analysiert die nationalsozialistische…mehr

Produktbeschreibung
Im Gegensatz zu den deutschen Journalisten sind die Auslandskorrespondenten im Dritten Reich bisher kaum Gegenstand publizistikwissenschaftlicher Forschung gewesen. Dies überrascht aufgrund der wichtigen Rolle der Korrespondenten bei der Beeinflussung des Bildes der NS-Herrschaft in der Weltöffentlichkeit: Ihre Berichte dienten täglich Millionen von Menschen in vielen Ländern als zentrale Informationsquelle über Hitlers Reich. Die vorliegende Studie wirft erstmals einen umfassenden Blick auf die Arbeit von Auslandskorrespondenten im Dritten Reich. Sie analysiert die nationalsozialistische Pressepolitik gegenüber den ausländischen Berichterstattern und betrachtet detailliert ihre Arbeitsumstände. Auslandskorrespondenten im Dritten Reich hatten einen schweren Stand: Einerseits erwartete man von ihnen differenzierte Berichterstattung über den Nationalsozialismus, andererseits waren sie ständigen Beeinflussungsversuchen einer totalitären Diktatur ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund geht die Studie der Frage nach, ob sich die Korrespondenten letztendlich für die NS-Propaganda instrumentalisieren ließen oder ob sie einen Beitrag zur Aufklärung über den Nationalsozialismus leisten wollten und konnten.
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Autorenporträt
Martin Herzer studierte Publizistik, Politikwissenschaft und Betriebswirtschaftslehre mit Stationen in Mailand, Rom, Washington, D.C., Brüssel und Tokio an der Universität Mainz.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.01.2013

Überschätzte Sendboten
Presse in der Hitler-Zeit

Im Morgengrauen des 15. März 1941 brach ein Kommando der Gestapo gewaltsam die Wohnungstür auf. Richard C. Hottelet, Mitarbeiter der Nachrichtenagentur United Press, wurde kurzerhand verhaftet und zum Polizeipräsidium am Berliner Alexanderplatz gebracht. Es folgten beklemmende Wochen der Einzelhaft im Gefängnis Moabit. Vier Monate später erfolgte Hottelets Freilassung. Auslandskorrespondenten, die in der Zeit von 1933 bis 1945 aus Berlin berichteten, standen im Fadenkreuz nationalsozialistischer Pressepolitik. Wie das Auswärtige Amt und das Reichspropagandaministerium die Arbeit ausländischer Berichterstatter beeinflussten, untersucht Martin Herzer. Er wertete umfangreiches Aktenmaterial und die Memoiren amerikanischer Journalisten aus. Obwohl die Führung des "Dritten Reiches" in den Auslandskorrespondenten "mehrheitlich gefährliche und verachtungswürdige Feinde des Nationalsozialismus" sah, wurden sie als "Propagandawaffe" angesehen. Aus diesem Zwiespalt entstand eine durch Misstrauen und Überwachung geprägte Pressepolitik.

Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten dominierte "eine in der Summe oft wenig koordinierte Pressepolitik gegenüber den Korrespondenten". Dennoch gelang es, die ausländische Berichterstattung beinahe "lückenlos" zu verfolgen und auszuwerten durch sogenannte "Klebestuben". Telefongespräche wurde abgehört, und immer wieder wurden Briefe, die ins Ausland unterwegs waren, geöffnet. Nach 1939 wurde das Überwachungsnetz beständig enger geknüpft. Fertiggestellte Artikel durchliefen die Nachzensur und das Referat "PX Lektorate/Pressearchiv" der Presseabteilung des Auswärtigen Amts, das für prominente Korrespondenten eigene Dossiers anlegte. Wurden Korrespondenten zunächst gelegentlich von Pressekonferenzen ausgeschlossen, bekamen sie immer öfter die Hausverbote einzelner Ministerien zu spüren. Gerade für amerikanische Journalisten glich die Berichterstattung aus Berlin einem Spießrutenlauf. Ab 1940 wurden sie kujoniert, wenn sie in der Öffentlichkeit Englisch sprachen. Die Zuständigkeiten der auswärtigen Pressepolitik waren auf mehrere Dienststellen verteilt, so dass das Erscheinungsbild gegenüber Auslandskorrespondenten "unkoordiniert und wenig einheitlich" war. Allmählich konzentrierten sich dann die pressepolitischen Zuständigkeiten im Auswärtigen Amt und im Propagandaministerium.

Zwar standen Auslandskorrespondenten unter direkter Einflussnahme der nationalsozialistischen Repressionsmaschinerie, doch die Kontrollwirkung war wenig effektiv. Herzer resümiert, dass es den Vertretern internationaler Leitmedien gelang, "mit viel Sachkenntnis und journalistischer Courage ihre Instrumentalisierung insbesondere vor 1939, aber auch nach Kriegsausbruch, zu vermeiden oder abzuschwächen". Dem ideologisch verzerrten Weltbild der Führung des "Dritten Reiches" entsprach es, ausländische Pressevertreter als Sendboten anzusehen, die nationalsozialistische Ideen in ihren jeweiligen Heimatländern verbreiteten. Doch diese Annahme des Hitler-Staates war falsch. Herzer kommt zu dem Ergebnis, dass die Nationalsozialisten "die propagandistische Bedeutung der Korrespondenten konstant überschätzten".

HELGE F. JANI

Martin Herzer: Auslandskorrespondenten und auswärtige Pressepolitik im Dritten Reich. Böhlau Verlag, Köln 2012. 306 S., 39,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wie die Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1945 ausländische Korrespondenten gezielt überwachten und für Propaganda nutzen wollten, erfährt Helge F. Jani aus Martin Herzers Studie, die, wie der Rezensent feststellt, auf umfangreichem Archivmaterial sowie den Memoiren amerikanischer Journalisten basiert. Dass die Propagandawaffe jedoch nicht zündete, lernt Jani hier ebenfalls. Trotz aller Repressions- und Überwachungsmaßnahmen gelang es den Deutschen nicht, ihr Weltbild nach außen hin zu verbreiten, wie Jani resümiert.

© Perlentaucher Medien GmbH