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Heiner Bielefeldt legt dar, warum die Menschenwürde derzeit in Frage gestellt wird und welche Konsequenzen es hätte, wenn wir sie aus unserem moralischen und rechtlichen Vokabular streichen würden. Er zeigt auf, warum man Menschenwürde nicht zu- oder aberkennen kann und warum Menschenwürde und Menschenrechte nicht voneinander zu trennen sind. Eine engagierte Stellungnahme in einer Debatte, die weitreichende Konsequenzen für ganz unterschiedliche Felder der Gesellschaft hat - wie z.B. die Absolutheit des Folterverbots, den Umgang mit vorgeburtlichem menschlichen Leben, Fragen der Sterbehilfe.

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Produktbeschreibung
Heiner Bielefeldt legt dar, warum die Menschenwürde derzeit in Frage gestellt wird und welche Konsequenzen es hätte, wenn wir sie aus unserem moralischen und rechtlichen Vokabular streichen würden. Er zeigt auf, warum man Menschenwürde nicht zu- oder aberkennen kann und warum Menschenwürde und Menschenrechte nicht voneinander zu trennen sind. Eine engagierte Stellungnahme in einer Debatte, die weitreichende Konsequenzen für ganz unterschiedliche Felder der Gesellschaft hat - wie z.B. die Absolutheit des Folterverbots, den Umgang mit vorgeburtlichem menschlichen Leben, Fragen der Sterbehilfe.
Autorenporträt
Dr. phil. Heiner Bielefeldt ist Mitglied des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld und arbeitet zugleich als Privatdozent für Philosophie an der Universität Bremen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2011

Was zum Menschsein gehören soll

Pathosformel oder unaufgebbares Fundament einer humanen Ordnung? Heiner Bielefeldt verteidigt die Menschenwürde vor allem mit Bezug auf diskursethische Grundsätze.

Von Ernst-Wolfgang Böckenförde

Die Diskussion um die Menschenrechte ebbt nicht ab, sie nimmt zu. Aber sie bewegt sich nicht, wie man vermuten möchte, in einem breiten unangefochtenen Konsens, sondern durchaus auch in Kontroversen, die ihren Gehalt, ihr Fundament und ihre Wirkungsweise gerade auch in die Rechtsordnung hinein betreffen.

Die Menschenwürde wird einerseits als Illusion charakterisiert, erscheint als weithin beliebig aufladbare metajuristische Pathosformel, offen für argumentativen und moralischen Fundamentalismus. Andererseits wird in ihr das unaufgebbare Fundament einer humanen, jeden einzelnen Menschen als Subjekt seiner selbst anerkennenden und ihm als solchen gerecht werdenden Ordnung des menschlichen Zusammenlebens gesehen, das es zu verteidigen, zu bewahren und gegen Relativierungen zu schützen gelte.

Heiner Bielefeldt, Lehrstuhlinhaber für Menschenrecht und Menschenrechtspolitik an der Universität Erlangen-Nürnberg, greift in diese Debatte ein. Er nimmt - in verständlicher, nicht fachspezifisch überladener Sprache - die Probleme auf, zeichnet die unterschiedlichen Argumentationslinien nach, nicht ohne sie kritisch zu befragen, und entwickelt in diesem Zusammenhang seine eigenen Positionsrahmen. Sie zielen auf eine entschiedene Verteidigung der Menschenwürde, suchen sie dabei freilich von religiösen oder ideologischen zugunsten eher philosophisch-rationalen und diskursethischen Begründungen zu entlasten.

Zentrale Prämisse der Menschenwürde ist für Bielefeldt der Mensch als personhaftes Verantwortungssubjekt, wohinter die normative Reflexion nicht zurückgehen kann. Unabhängig von Fragen der Wesensnatur, dem Abstellen auf partikulare Eigenschaften oder Merkmale oder dem Ausweichen auf wechselseitige Anerkennung ergibt sich daraus für den Autor eine als quasi angeboren zugeschriebene Achtungsposition, die allein auf dem Menschsein beruht.

Diese Begründung mag angesichts eines säkularen Umfeldes durchaus hilfreich sein, um eine allgemeine Anerkennung zu erreichen. Aber daneben sollte die Offenheit für transzendente Begründungen, wie etwa aus der Ebenbildlichkeit Gottes, erhalten bleiben. Diese greifen auf tiefere Wurzeln zurück und vermitteln eine entsprechend größere Tragkraft. Auf beiden Wegen ist auch die Gleichheit in der Menschenwürde und ihr axiomatischer Charakter gewährleistet.

Zum punctum crucis wird in diesem Zusammenhang die Frage nach der Würde des ungeborenen menschlichen Lebens. Der Autor konstatiert die Umstrittenheit und Brisanz (Embryonenforschung; PID), diskutiert die verschiedenen Positionen, insbesondere die von Jürgen Habermas, aber er springt nicht (hic Rhodos, hic salta) - was er selbst einräumt, obwohl er eigentlich, von seiner Fundierung der menschlichen Würde allein im Menschsein des Menschen, springen müsste. Normative Orientierung bleibt damit letztlich aus.

In deutlichem Kontrast dazu steht die Entschiedenheit, mit der Bielefeldt das Folterverbot als absolutes Verbot verteidigt. Die Begründung dafür ist die beste, die ich bislang gelesen habe. Sie geht von einem präzisen Begriff der Folter aus - Brechung des Willens bei Erhaltung des Bewusstseins -, der nicht bereits jede bewusste Schmerzzufügung als Folter deklariert.

Ein wichtiges Kapitel gilt dem Verhältnis von Menschenwürde und Menschenrechten. Die Menschenrechte haben für Bielefeldt ihren Grund im Rückbezug auf die Menschenwürde. Menschenwürde ist der Fundus, aus dem, durch Situationen und Unrechtserfahrung herausgefordert, Menschenrechte erwachsen und sich näher ausfalten. Mit Recht sieht der Autor deshalb das Menschenrechtskonzept als nicht abgeschlossen, sondern entwicklungsoffen an. Zwischen Menschenwürde und Menschenrechten besteht für ihn kein striktes Ableitungsverhältnis, vielmehr ein kritisch-reflexiver Rückbezug.

Dieser entfaltet eine Doppelfunktion: zum einen zieht er kategoriale Grenzen für deren Einschränkbarkeit, zum andern bewirkt er einen sorgsamen Umgang mit an sich möglichen Einschränkungen durch institutionelle und verfahrensmäßige Absicherungen wie etwa Richtervorbehalt und Verhältnismäßigkeitskontrolle.

Entschieden tritt der Autor für die Universalität der Menschenrechte ein. Das ist nur konsequent, wenn sie bereits mit dem Menschsein des Menschen gegeben sind. Aber dieser universelle Anspruch beseitigt nicht das Problem ihrer Inkulturation in sehr unterschiedlichen politischen Systemen und Lebensordnungen, sollen sie Kraft und Geltung gewinnen. Zumal unter schwierigen, oftmals entgegenstehenden mentalen Vorbedingungen und Prägungen, die sich keineswegs auf einmal, sondern nur sehr allmählich und mit langem Atem ändern lassen. Dazu bleibt das Buch Antworten schuldig. Hier hätte ein längeres Stück Weg von abstrakt-normativer Argumentation in die Ebene der historischen Kontingenz gutgetan.

Heiner Bielefeldt: "Auslaufmodell Menschenwürde?" Warum sie in Frage steht und warum wir sie verteidigen müssen.

Herder Verlag, Freiburg 2011. 178 S., geb., 17,95 [Euro].

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"Heiner Bielefeldt nimmt - in verständlicher, nicht fachspezifisch überladener Sprache - Probleme auf, zeichnet die unterschiedlichen Argumentationslinien nach, nicht ohne sie kritisch zu befragen, und entwickelt in diesem Zusammenhang seine eigenen Positionsrahmen." -- Frankfurter Allgemeine Zeitung