Der Ausnahmezustand ist das schillerndste Institut der Rechtsordnung. Es soll dem Staat in existentiellen Ausnahmelagen mithilfe flexiblen Rechts den Weg zurück in die Normalität ermöglichen, gleichzeitig staatlichem Handeln noch in der Krise Grenzen setzen. Diese paradoxe Struktur macht den Ausnahmezustand missbrauchsanfällig. Das "Ausnahmeverfassungsrecht" des Grundgesetzes versucht einen Ausweg zu finden, der freilich nur vor dem Hintergrund der deutschen und französischen Verfassungs- und Ideengeschichte zu verstehen ist. Doch gelingt die grundgesetzliche Gratwanderung? Anna-Bettina Kaiser analysiert die Stärken und Schwächen der ausnahmeverfassungsrechtlichen Strukturen des Grundgesetzes. Dabei erweist sich der Umgang mit den Grundrechten im Ausnahmezustand als entscheidend. Die Arbeit wurde mit dem Werner-von Simson-Preis 2018 ausgezeichnet.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Diese "glänzende Habilitationsschrift ist heftig auch allen Nicht-Juristen zu empfehlen", versichert Rezensent Claus Leggewie. Denn sie erklärt uns, was in Notfällen oder Ausnahmezuständen der Staat darf, und was er nicht darf - in Momenten wie der jetzt herrschenden Pandemie (das Buch ist vorher geschrieben) ein besonders wichtiges Thema und kein schlechter Ansatzpunkt zur Zurückweisung ökodiktatorischer und apokalypse-trunkener Ideen, findet der Kritiker. Auf wen also vertrauen in dramatischer Lage, in der demokratische Regierungen den Grenzen ihrer Verfassungen selbst allzu nahe kommen? Leggewie freut sich, der Autorin zustimmen zu können: Der klug den Ausnahmezustand definierenden und Erkenntnisse aus der Geschichte einarbeitenden Verfassung selbst - damit auch auf das Widerstandsrecht des Einzelnen, auf den es im Zweifel ankommen kann. Leggewie wünscht sich eine baldige Aktualisierung!
© Perlentaucher Medien GmbH
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