Freizeit? Schlaf? Kein Kommentar. Dafür lebt Marina mit Anfang Dreißig den Traum einer ganzen Forschergeneration. Für ein Millionenprojekt der UN experimentieren sie und ihr Mentor Griffin mit Gorillas, die zwar wie Menschen aufwachsen. Aber sollten Gorillas auch Rechte haben? Was wären die Konsequenzen? Marina driftet immer tiefer ab in die Welt ihres Mentors, die von Fördergeldern bewegt wird. Im letzten Moment beschließt sie zu handeln - und manipuliert die Forschungsergebnisse. Auf einer Insel im Roten Meer läuft die Auswilderung der Tiere an. Das Problem: Die Gorillas wollen ihre Freiheit nicht mehr; einige werden depressiv; bald schon der erste Todesfall. Die UN macht Druck. Ihre Karriere, Griffin, alles steht vor dem Aus. Und Marina erkennt, dass sie viel weniger für die Freiheit der Gorillas kämpft als für ihre eigene. »Auswilderung« ist ein kühnes literarisches Debüt, wie es lange keines gab: Coming of Age in Zeiten des konditionierten Egoismus. Ein spannendes Porträt unserer Gegenwart, abgründig, unterhaltsam, bewusstseinserweiternd.
Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
Eine traurige Botschaft entnimmt Richard Kämmerlings dem Romandebüt der Philosophin Bettina Suleiman: Affen sind zwar kognitiv schwächer, aber moralisch besser als der Mensch. Die Geschichte um die Gebärden-Dolmetscherin Marina und ihre Erlebnisse in einem anthropologischen Forschungsprojekt mit Menschenaffen scheint Kämmerlings als Gedankenexperiment und "Hypothesenroman" über die Grenze zwischen Mensch und Tier ganz gut zu funktionieren. Schon weil die Autorin, wie Kämmerlings schreibt, die Entscheidung, ob Gorillas nun rechtsfähige Personen sein sollen oder nicht, dem Leser überlässt. Düster findet der Rezensent indes die Pointe des Experiments und seiner Beschreibung: Selbst die Aufwertung der Tiere dient dem Menschen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Bettina Suleimans vemunftbegabter Debütroman überspringt die Artenschranke.« Richard Kämmerlings DIE WELT 20141025