Nein – eine Reisebeschreibung mit Schilderung der landschaftlichen Schönheit eines Landstriches ist es nicht und die Reise selbst ist geografisch kurz: einmal von West- nach Ostberlin und Umgebung und zurück; allerdings in den 80ern und auch nicht von irgendwem sondern von Mira, einer Pfarrfrau, die
wider Willen mit Mann und Kindern durch die „zuständigen Organe“ der DDR innerhalb weniger Stunden…mehrNein – eine Reisebeschreibung mit Schilderung der landschaftlichen Schönheit eines Landstriches ist es nicht und die Reise selbst ist geografisch kurz: einmal von West- nach Ostberlin und Umgebung und zurück; allerdings in den 80ern und auch nicht von irgendwem sondern von Mira, einer Pfarrfrau, die wider Willen mit Mann und Kindern durch die „zuständigen Organe“ der DDR innerhalb weniger Stunden ausgebürgert wurde und nun als „Messegast“ anstelle nach Leipzig zu Ihrer Freundin Laure in den Osten fährt und mit uns in die Tiefen ihrer Seele steigt.
Mira hätte ihrer Pflicht als Pfarrfrau genügen können, Gemeindearbeit zu verrichten und sich um Alte und Kinder zu kümmern. Das tat sie auch. Darüber hinaus aber machte sie sich Gedanken um Frieden, geistige Freiheit und soziale Gerechtigkeit. Sie wollte Ihren Beitrag zu einem „Sozialismus mit menschlichen Zügen“, zu einer gerechteren Welt leisten. Sie plante keinen Umsturz, arbeitete niemals konspirativ sondern offen, gemeinsam mit den Menschen ihres Umfeldes. Das genügte, um ihr und ihrer Familie ein Heer von offiziellen und inoffiziellen Mitarbeitern der Staatssicherheit an die Fersen zu heften, die Wohnung zu verwanzen und jeden Schritt von ihr und ihrem Mann zu dokumentieren.
Was es aber in ihr anrichtete; konnten die Spitzel nicht dokumentieren, wie sie damit umgehen konnte; davon lässt uns Barbe Marie Linke in Ihrem Buch ahnen.
Ihre Erfahrung dann „im gelobten Land“, in das so viele wollten, nur sie nicht, weil Freunde, Familie und Aufgabe hier im Osten waren. Plötzlich eine zu sein, die auch im Westen keiner braucht, vor der man Angst haben musste, dass sie auch hier vielleicht systemverändernde Gedanken entwickelt, dies alles ist mehr als ein Einzelschicksal. Hier wird exemplarisch beschrieben, wie es Menschen geht, die Ihre Heimat verlassen mussten, die in der Fremde nicht gebraucht werden und von denen man für Essen, Trinken und ein Dach überm Kopf Dankbarkeit erwartet und dass sie sich nur still verhalten.
Es sind Menschen wie Mira und Laure, diejenigen, die sich nicht abfinden konnten mit dem „realen Sozialismus“, es sind die Zehntausenden, die unbeaufsichtigt durch die Staatssicherheit „mit den Füßen abgestimmt haben“ und das Land durch irgendein Schlupfloch , letztlich durch die Botschaften in Prag, Budapest und Warschau verlassen haben und denen wir ein friedliches Ende der DDR zu verdanken haben.
Die Welt ist allerdings nicht besser geworden. Die Mira‘s werden weiterhin „Sand im Getriebe der Zeit bleiben und stören müssen, dort, wo alles so unmenschlich reibungslos abläuft“.
Ein Buch, dass nachdenklich macht, dass nicht mehr los lässt, dass lange nachwirkt.