Nicht jeder hat das Glück, ein Waisenkind zu sein!
Der neunjährige Icare, Spitzname Pflaume, lebt allein mit seiner Mutter, seit sich sein Vater mit einer anderen davon gemacht hat. Da seine Mutter nur Bier trinkt und mit dem Fernseher spricht, muss Icare den Äpfeln auf dem Speicher seinen Kummer erzählen. Eines Tages entdeckt er beim Spielen einen Revolver. Ein Schuss löst sich - und Pflaume ist ein Waisenkind. Doch das Kinderheim erweist sich als überraschendes Glück. Begeistert entdeckt er eine Welt jenseits von Fernsehen und Langeweile. Zum ersten Mal hat Pflaume Freunde, auch wenn der coole Simon, der weinerliche Ahmed, die ängstliche Alice oder der immer hungrige Jujube von den Dramen ihrer Kindheit gezeichnet sind. Sie alle bilden eine verschworene Gemeinschaft, die ihre Erwachsenen beim Wort nimmt und sie, wenn nötig, mit Indianerlist der Unwissenheit überführt. Und Pflaumes Glück scheint vollkommen, als die grünäugige Camille ins Waisenhaus kommt. Doch die Glücksfee hält noch ein letztes Geschenk bereit ....
Gilles Paris einfühlsam aus der Sicht eines Neunjährigen erzählter Roman ist eine wunderbare Liebeserklärung an die Kinder - an ihre unsentimental klare Weltsicht, ihren geradlinigen Mut und ihre Bereitschaft vorbehaltlos zu lieben. Eine Geschichte voller Poesie, fein changierend zwischen Humor, Nachdenklichkeit, Situationskomik und Hoffnung. Dieses lebenskluge Buch erinnert daran, wie großmütig und nachsichtig die Kinder dieser Welt mit den Erwachsenen sind.
Der neunjährige Icare, Spitzname Pflaume, lebt allein mit seiner Mutter, seit sich sein Vater mit einer anderen davon gemacht hat. Da seine Mutter nur Bier trinkt und mit dem Fernseher spricht, muss Icare den Äpfeln auf dem Speicher seinen Kummer erzählen. Eines Tages entdeckt er beim Spielen einen Revolver. Ein Schuss löst sich - und Pflaume ist ein Waisenkind. Doch das Kinderheim erweist sich als überraschendes Glück. Begeistert entdeckt er eine Welt jenseits von Fernsehen und Langeweile. Zum ersten Mal hat Pflaume Freunde, auch wenn der coole Simon, der weinerliche Ahmed, die ängstliche Alice oder der immer hungrige Jujube von den Dramen ihrer Kindheit gezeichnet sind. Sie alle bilden eine verschworene Gemeinschaft, die ihre Erwachsenen beim Wort nimmt und sie, wenn nötig, mit Indianerlist der Unwissenheit überführt. Und Pflaumes Glück scheint vollkommen, als die grünäugige Camille ins Waisenhaus kommt. Doch die Glücksfee hält noch ein letztes Geschenk bereit ....
Gilles Paris einfühlsam aus der Sicht eines Neunjährigen erzählter Roman ist eine wunderbare Liebeserklärung an die Kinder - an ihre unsentimental klare Weltsicht, ihren geradlinigen Mut und ihre Bereitschaft vorbehaltlos zu lieben. Eine Geschichte voller Poesie, fein changierend zwischen Humor, Nachdenklichkeit, Situationskomik und Hoffnung. Dieses lebenskluge Buch erinnert daran, wie großmütig und nachsichtig die Kinder dieser Welt mit den Erwachsenen sind.
"Ein Buch so herb, so komisch und ergreifend wie die Kindheit selbst!"
(Le Canard Enchaîné)
"Das hinreißendste Früchtchen, das mir je untergekommen ist!"
(Fréderic Beigbeder, Autor von "39,90" und "Windows on the World")
"Dem Zauber dieses entzückenden Märchens kann sich kein Leser entziehen."
(L'Express)
(Le Canard Enchaîné)
"Das hinreißendste Früchtchen, das mir je untergekommen ist!"
(Fréderic Beigbeder, Autor von "39,90" und "Windows on the World")
"Dem Zauber dieses entzückenden Märchens kann sich kein Leser entziehen."
(L'Express)
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.08.2005Kleiner Prinz ganz groß
Würmchen drin: Gilles Paris mißbraucht ein Kind als Sprachrohr
"Das hinreißendste Früchtchen, das mir je untergekommen ist", jubelte selbst ein Zyniker wie Frédéric Beigbeder. Halb Frankreich war entzückt, als Gilles Paris, Pressechef eines großen Verlagshauses, vor zwei Jahren seine "Autobiographie einer Pflaume" vorlegte; dabei war der Bestseller kein Schlüsselroman aus dem Literaturbetrieb, sondern ein Kinderbuch für Erwachsene. Pflaume ist der Spitzname des neunjährigen Icare, eines verträumten, liebenswerten Bürschchens, das bei dem Versuch, mit Papas Pistole "den Himmel umzubringen", seine Mutter getroffen hat. Das Malheur kann seine gute Laune nicht trüben. Um die herzenskalte Trinkerin war es nicht schade, und das Waisenheim ist das beste, was Pflaume zustoßen konnte.
Endlich findet er Freunde, etwa den dicken Jujube, den Angsthasen Ahmed, den großmäuligen Simon oder die Nasenpoplerin Béatrice, in Camille sogar eine Freundin zum Reden und Knutschen. Die "Heimwehstreuer", wie Icare die Heimbetreuer in einem seiner Wortspiele vielsagend nennt, haben den Lausejungen ins Herz geschlossen; die Heimleiterin, Madame Papineau, läßt sich von ihm Geneviève nennen. Die Jugendrichter meinen es auch gut, und der gutmütige Gendarm Raymond, der schon beim Muttermord ein Auge zudrückte, wird ihn am Ende sogar adoptieren. Wer immer ein Plätzchen im Herzen und im Haus frei hat, riet schon der Kanzler, möge arme Waisenkinder hineinlassen; er wird es nie bereuen.
Pflaume gibt sich so unschuldig gewitzt wie Erich Kästners Helden, wenn er frühreife "Wozu soll es gut sein"-Fragen stellt und altkluge Wahrheiten aus Kindermund zum besten gibt: "Die Kirche ist das Haus vom lieben Gott, aber der ist dort nie. Er ist lieber in den Wolken, wo ihm die Sonne auf den Buckel scheint und wo er vor den Leuten in Sicherheit ist, die alle immer etwas von ihm wollen." Allerdings ist Paris weder ein begnadeter Satiriker noch ein guter Onkel, der nur eine tröstliche Geschichte erzählen will, sondern Pariser und mit allen Wassern der Verlagsbranche gewaschen. Daß er das Heimleben in rosaroten Farben malt, sieht man ihm nach; schließlich spart er die Traumata hospitalisierter Kinderbiographien nicht aus. Im Gegenteil: Die Eltern der Racker sind durchweg Säufer, Junkies, Prostituierte und Kriminelle, die ihre Kinder schlagen, demütigen und vernachlässigen. Wenn die Kleinen nun im Heim Geborgenheit und Liebe finden, gönnt man ihnen das Glück gern, auch wenn es am Ende gar zu knüppeldick und sentimental auf sie herabregnet.
Problematischer ist dagegen Paris' literarischer Kindesmißbrauch. Sein Icare ist ersichtlich eine Kunstfigur, in der sich der Autor auf Kosten seiner Glaubwürdigkeit spiegelt und sonnt und auch mal ein frivoles Späßchen erlaubt. Es will nicht recht einleuchten, daß ein geistig etwas zurückgebliebener Neunjähriger, der noch an den Weihnachtsmann glaubt und nicht bis zwanzig zählen kann, beim Rendezvous im Wald Zungenküsse und elaborierte Liebesschwüre tauscht.
Schwer nachvollziehbar auch die routinierte Niedlichkeit, mit der Bettnässer und Nasenbohrer über Gott und die Welt philosophieren, Pornofilme oder ihre eigene Verletzlichkeit in den Heimdiskurs einbringen. "Für die Leute, die Augen haben und trotzdem nichts sehen, würde ich mir am liebsten das Wort ,zerbrechlich' eintätowieren lassen", räsoniert Pflaume einmal, und so schreibt er den Erwachsenen ständig geschliffene Sentenzen ins Stammbuch und charmanten Kitsch ins Poesiealbum. "Da sind wir", predigt ein Dreikäsehoch beim tränenreichen Abschied von Pflaume und Camille, "mit unseren armseligen Träumen, die in jeder Streichholzschachtel Platz hätten, und müssen die Zähne zusammenbeißen und Lippen lesen, um eine Sprache für uns zu erfinden, und wir kleben zusammen wie Pech und Schwefel, und wenn ihr jetzt geht, ist das wie mit der Kugel beim Kegeln: Alles fällt um."
Das ist zweifellos hübsch gesagt und übrigens auch, wie das ganze Buch, glänzend übersetzt. Aber: "Wozu soll es gut sein, Geschichten zu erzählen, in denen Engel über Kinder wachen, wenn man gar nicht dran glaubt?" Wer dauernd mit so großen, blankpolierten Wortkugeln kegelt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Naivitätsklötzchen, die er mit putzigen Metaphern, sozialpädagogischem Fein- und Mitgefühl aufgebaut hat, bald zu wackeln beginnen und endlich umfallen. Manchmal reden die Erwachsenen "richtigen Blödsinn, weil ihnen die Angst das Herz zerfleischt"; aber noch schöner ist, daß sie einem aufgeweckten Kinderdarsteller "den größten Blödsinn abkaufen". In Paris' "Pfläumchen" steckt ein Wurm. Er ist kein kleiner Prinz, sondern eine ausgewachsene, ausgekochte Pflaume, der man weder die süße Schale noch den harten, bitteren Kern so recht abnehmen mag.
MARTIN HALTER
Gilles Paris: "Autobiographie einer Pflaume". Aus dem Französischen übersetzt von Melanie Walz. Albrecht Knaus Verlag, München 2004. 239 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Würmchen drin: Gilles Paris mißbraucht ein Kind als Sprachrohr
"Das hinreißendste Früchtchen, das mir je untergekommen ist", jubelte selbst ein Zyniker wie Frédéric Beigbeder. Halb Frankreich war entzückt, als Gilles Paris, Pressechef eines großen Verlagshauses, vor zwei Jahren seine "Autobiographie einer Pflaume" vorlegte; dabei war der Bestseller kein Schlüsselroman aus dem Literaturbetrieb, sondern ein Kinderbuch für Erwachsene. Pflaume ist der Spitzname des neunjährigen Icare, eines verträumten, liebenswerten Bürschchens, das bei dem Versuch, mit Papas Pistole "den Himmel umzubringen", seine Mutter getroffen hat. Das Malheur kann seine gute Laune nicht trüben. Um die herzenskalte Trinkerin war es nicht schade, und das Waisenheim ist das beste, was Pflaume zustoßen konnte.
Endlich findet er Freunde, etwa den dicken Jujube, den Angsthasen Ahmed, den großmäuligen Simon oder die Nasenpoplerin Béatrice, in Camille sogar eine Freundin zum Reden und Knutschen. Die "Heimwehstreuer", wie Icare die Heimbetreuer in einem seiner Wortspiele vielsagend nennt, haben den Lausejungen ins Herz geschlossen; die Heimleiterin, Madame Papineau, läßt sich von ihm Geneviève nennen. Die Jugendrichter meinen es auch gut, und der gutmütige Gendarm Raymond, der schon beim Muttermord ein Auge zudrückte, wird ihn am Ende sogar adoptieren. Wer immer ein Plätzchen im Herzen und im Haus frei hat, riet schon der Kanzler, möge arme Waisenkinder hineinlassen; er wird es nie bereuen.
Pflaume gibt sich so unschuldig gewitzt wie Erich Kästners Helden, wenn er frühreife "Wozu soll es gut sein"-Fragen stellt und altkluge Wahrheiten aus Kindermund zum besten gibt: "Die Kirche ist das Haus vom lieben Gott, aber der ist dort nie. Er ist lieber in den Wolken, wo ihm die Sonne auf den Buckel scheint und wo er vor den Leuten in Sicherheit ist, die alle immer etwas von ihm wollen." Allerdings ist Paris weder ein begnadeter Satiriker noch ein guter Onkel, der nur eine tröstliche Geschichte erzählen will, sondern Pariser und mit allen Wassern der Verlagsbranche gewaschen. Daß er das Heimleben in rosaroten Farben malt, sieht man ihm nach; schließlich spart er die Traumata hospitalisierter Kinderbiographien nicht aus. Im Gegenteil: Die Eltern der Racker sind durchweg Säufer, Junkies, Prostituierte und Kriminelle, die ihre Kinder schlagen, demütigen und vernachlässigen. Wenn die Kleinen nun im Heim Geborgenheit und Liebe finden, gönnt man ihnen das Glück gern, auch wenn es am Ende gar zu knüppeldick und sentimental auf sie herabregnet.
Problematischer ist dagegen Paris' literarischer Kindesmißbrauch. Sein Icare ist ersichtlich eine Kunstfigur, in der sich der Autor auf Kosten seiner Glaubwürdigkeit spiegelt und sonnt und auch mal ein frivoles Späßchen erlaubt. Es will nicht recht einleuchten, daß ein geistig etwas zurückgebliebener Neunjähriger, der noch an den Weihnachtsmann glaubt und nicht bis zwanzig zählen kann, beim Rendezvous im Wald Zungenküsse und elaborierte Liebesschwüre tauscht.
Schwer nachvollziehbar auch die routinierte Niedlichkeit, mit der Bettnässer und Nasenbohrer über Gott und die Welt philosophieren, Pornofilme oder ihre eigene Verletzlichkeit in den Heimdiskurs einbringen. "Für die Leute, die Augen haben und trotzdem nichts sehen, würde ich mir am liebsten das Wort ,zerbrechlich' eintätowieren lassen", räsoniert Pflaume einmal, und so schreibt er den Erwachsenen ständig geschliffene Sentenzen ins Stammbuch und charmanten Kitsch ins Poesiealbum. "Da sind wir", predigt ein Dreikäsehoch beim tränenreichen Abschied von Pflaume und Camille, "mit unseren armseligen Träumen, die in jeder Streichholzschachtel Platz hätten, und müssen die Zähne zusammenbeißen und Lippen lesen, um eine Sprache für uns zu erfinden, und wir kleben zusammen wie Pech und Schwefel, und wenn ihr jetzt geht, ist das wie mit der Kugel beim Kegeln: Alles fällt um."
Das ist zweifellos hübsch gesagt und übrigens auch, wie das ganze Buch, glänzend übersetzt. Aber: "Wozu soll es gut sein, Geschichten zu erzählen, in denen Engel über Kinder wachen, wenn man gar nicht dran glaubt?" Wer dauernd mit so großen, blankpolierten Wortkugeln kegelt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Naivitätsklötzchen, die er mit putzigen Metaphern, sozialpädagogischem Fein- und Mitgefühl aufgebaut hat, bald zu wackeln beginnen und endlich umfallen. Manchmal reden die Erwachsenen "richtigen Blödsinn, weil ihnen die Angst das Herz zerfleischt"; aber noch schöner ist, daß sie einem aufgeweckten Kinderdarsteller "den größten Blödsinn abkaufen". In Paris' "Pfläumchen" steckt ein Wurm. Er ist kein kleiner Prinz, sondern eine ausgewachsene, ausgekochte Pflaume, der man weder die süße Schale noch den harten, bitteren Kern so recht abnehmen mag.
MARTIN HALTER
Gilles Paris: "Autobiographie einer Pflaume". Aus dem Französischen übersetzt von Melanie Walz. Albrecht Knaus Verlag, München 2004. 239 S., geb., 19,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
In Gilles Paris' in Frankreich gefeierter "Autobiografie einer Pflaume" ist der Wurm drin, erkennt Martin Halter. Der Rezensent wirft dem Autor Gilles Paris, zugleich Pressechef eines großen Verlagshauses, "literarischen Kindesmissbrauch" vor. Der neunjährige Protagonist Icare, Spitzname "Pflaume, sei unglaubwürdig, wenn er ständig "geschliffene Sentenzen" oder "elaborierte Liebesschwüre" vom Stapel lässt. Icare erschießt versehentlich seine Mutter und kommt ins Waisenhaus, wo er gute Freunde findet und sich die Betreuer schnell in seine Gewitztheit verlieben. Aber Paris glaube nicht an die kindliche Welt, die er da aufbaut, insistiert Halter, er benutze den Kindesheld nur, um seinen eigenen "charmanten Kitsch" glaubwürdiger abzusetzen. Auf dieses Bauwerk aus "Naivitätsklötzchen" will Halter nicht hereinfallen, folgerichtig sieht er es auch recht schnell ins Wanken geraten und schließlich einstürzen. Da kann die "glänzende" Übersetzung nichts mehr kitten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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