12,99 €
inkl. MwSt.

Versandfertig in über 4 Wochen
  • Broschiertes Buch

A brilliant and sobering self-portrait made up entirely of facts, and a companion to the harrowing book Suicide.

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
A brilliant and sobering self-portrait made up entirely of facts, and a companion to the harrowing book Suicide.
Autorenporträt
Édouard Levé (1965-2008), born in Neuilly-sur-Seine, was a writer, photographer, and visual artist. Levé was the author of four books of writing Oeuvres, Journal, Autoportrait, and Suicide and three books of photography.  Lorin Stein is an American critic, editor, and translator. He was the editor in chief of The Paris Review until 2017.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.01.2014

Egozentrifugalkraft
Faszination durch Frustration: Ein blindes Selbstporträt von Édouard Levé
Das Erscheinen seines Buchs „Selbstmord“ vor fünf Jahren sah nach einem makabren literarischen Happening aus. Ein paar Tage nach Hinterlegung des Manuskripts beim Verlag nahm Édouard Levé sich das Leben. Es war aber nicht einfach ein Spiel zwischen Schreiben und Tod. Für existentiellen Nervenkitzel, Leidenspathos oder artistische Experimente ist die Distanz zwischen dem Autor und seinen Texten zu groß. Diese wirken auch auf dem Papier so wie bei den Lesungen, bei denen er sie manchmal selber vortrug: trocken, tonlos, entrückt, affirmativ, beiläufig, unpersönlich, trotz der Allgegenwart eines sprechenden „Ich“.
  Das hier vorliegende Buch des 1965 geborenen Franzosen, der von der Malerei über die Fotografie zum Schreiben kam, wird seinem Titel auf hintersinnige Weise gerecht. Ein im fortlaufenden Parlando der kurzen Sätzen seine Ansichten, Gewohnheiten, Erinnerungen, Betrachtungen, Liebhabereien, Ticks, Phantasien, Obsessionen von sich gebender Sprecher lässt trotz der zahllosen Details seines Lebens kein Profil erkennen. Es ist, als flössen die Sätze durch das Sieb einer Persönlichkeit, an der nichts hängen bleibt, weder Gutes, noch Schlechtes.
  „Ich liebe mich nicht. Ich hasse mich nicht. Ich vergesse nicht zu vergessen“, lautet so eine Satzsequenz, die gleich mit der folgenden wieder weggeschwemmt wird. „Ich mag Wörter nicht mehr als Hämmer oder Schrauben“, heißt es an einem anderen Ort. Banales und Gravierendes wird gleich wichtig in dieser ausufernden Indifferenz. Das Ich, das so auf den gut hundert absatzlosen Seiten aufgefächert wird, ist ein zentrifugaler Spiralnebel, von dem wir alle Bestandteile vor uns ausgebreitet bekommen und von dem wir uns doch kein Bild machen können. Der Autor Édouard Levé wird manchmal als ein Nachfolger des Sprachspielers Georges Perec bezeichnet. Man könnte seinem Buch aber auch das Motto von Peter Handkes Journal „Das Gewicht der Welt“ voranstellen: „Für den, den’s angeht“.
  Wenn wir trotz der ständigen Versuchung zum Abspringen unwillkürlich doch immer weiter lesen in diesem Parlando aus einem Privatleben, dann deshalb, weil es uns wohl mehr angeht, als es zunächst scheinen mag. Man wird als Leser selbst erfasst von der Dynamik einer seltsamen Obsession, die Levés literarisches wie sein fotografisches Werk bestimmte: die Obsession einer Identität aus Zwangsläufigkeit und Beliebigkeit. Das Buch „Autoportrait“ ist, wie der Autor in einem Interview erklärte, während einer Reise entstanden, auf der er amerikanische Kleinstädte mit großen Namen wie Paris, Bagdad, Amsterdam, Rom fotografierte. Auf die Beliebigkeit dieser Wort- und Weltverdoppelung reagierte er mit einer Sprachprägnanz, die jeden fassbaren Moment von Subjektivität aphoristisch aufspießt wie in einem Schmetterlingskasten.
  Und auf den Spuren dieses gesichtslosen Ich sucht man als Leser unablässig sein eigenes verstreutes Selbst einzusammeln. Man erkennt sich wieder in der einen Beobachtung, weist eine andere zurück, liest gleichgültig über manches hinweg, kommt plötzlich ins Rutschen über einem logischen Paradox und kehrt im Gefolge des Autors selbst dem wiederholt auftretenden Teufel des Zweifels die kalte Schulter zu. „Ich frage mich, ob es Satanslästerer gibt“, heißt es an einer Stelle. Die Frage bleibt offen.
  Levé praktiziert in seinen Bildern wie in seinen Texten die Kunst der Faszination durch Frustration. Eine Fotoserie von ihm zeigte Frauen und Männern in pornografischen Stellungen, jedoch in voller Alltagskleidung. Auch im vorliegenden Selbstporträt zerlegt man durch Vorwärts-, Rückwärts- und Querlektüre das Subjekt in alle Posen und rückt ihm doch nicht zu Leibe. Das Buch führt eine rätselhaft gesichtslose, ironisch gespiegelte Schizophrenie vor Augen, deren hellen, ungekünstelten, zugleich scharfen und anekdotisch federnden Ton die Übersetzerin Claudia Hamm vorzüglich einzufangen verstand.
JOSEPH HANIMANN
Édouard Levé: Autoportrait. Aus dem Französischen von Claudia Hamm. Verlag Matthes & Seitz, Berlin, 2013. 111 Seiten, 17,90 Euro.
Ein paar Tage nach Abgabe
des Manuskripts „Selbstmord“
nahm sich der Autor das Leben
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr