In den achtziger und neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts entsteht im Süden der USA eine neue Gattung historischer Romane von Frauen, die Geschichte aus der marginalisierten Perspektive thematisieren. Ausgelöst durch die Repräsentationskrise der Postmoderne schien fiktive Geschichtsdarstellung lange Zeit nur möglich in Form von parodistischen Metafiktionen. Die hier betrachteten Romane zeichnen sich jedoch nicht durch Formexperimente aus. Geschichte wird mit scheinbar traditionellen Mitteln des Storytelling aus der Perspektive des Südens und hier wiederum der Frauen dargestellt. Welche narrativen Methoden und Diskurse stehen diesen Autorinnen als alternative Sinnfindungsstrategien zur Verfügung? Gibt es Erzähltechniken, die der eigenständigen Kultur des Südens inhärent sind? Vereinfacht die marginalisierte Position tatsächlich die Antwort auf universale Fragen wie dem Verhältnis von Geschichte und Fiktion? Die multiperspektivischen Romane der Autorinnen Lee Smith und Kaye Gibbons geben zwei grundverschiedene Antworten auf diese Fragen. Die in den Romanen entwickelten Ästhetiken und Erzählformen gewinnen derzeit zunehmend an Bedeutung, fanden sie doch inzwischen auch Eingang in die amerikanische Mainstream-Literatur, die sich durch eine Renaissance des historischen Romans unter ganz ähnlichen Vorzeichen wie bei den hier beschriebenen Romanen auszeichnet.
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