Der neue Brooks - relevant, spannend, brandaktuell
Eine Nacht voller Unruhen. Ein jugendlicher Gang-Leader, den alle »Bad Castro« nennen, auf der Flucht. Und Judy, eine junge Polizistin, die nicht mehr weiß, wo Recht und Unrecht ist.
Als das Polizeiauto überfallen wird, gelingt es Judy und Castro, sich unerkannt aus dem Wagen zu retten. Gemeinsam fliehen sie vor dem entfesselten Mob, der für sie gleichermaßen gefährlich ist. Denn längst ist nicht mehr klar, wo die Grenzen zwischen Freund und Feind sind - und dass sie in Wahrheit mehr verbindet, als ihnen klar ist ...
Eine Nacht voller Unruhen. Ein jugendlicher Gang-Leader, den alle »Bad Castro« nennen, auf der Flucht. Und Judy, eine junge Polizistin, die nicht mehr weiß, wo Recht und Unrecht ist.
Als das Polizeiauto überfallen wird, gelingt es Judy und Castro, sich unerkannt aus dem Wagen zu retten. Gemeinsam fliehen sie vor dem entfesselten Mob, der für sie gleichermaßen gefährlich ist. Denn längst ist nicht mehr klar, wo die Grenzen zwischen Freund und Feind sind - und dass sie in Wahrheit mehr verbindet, als ihnen klar ist ...
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.10.2021Nacht ohne Gesetz
Der neue Thriller von Kevin Brooks: „Bad Castro“
Eine Stadt in Aufruhr, in einem Chaos von Gewalt und Zerstörung, man kennt einen solchen Anblick aus den täglichen Nachrichtensendungen des Fernsehens ... „Überall brannte es, Gebäude lagen in Schutt und Asche, die Blaulichter der Krankenwagen zuckten durch eine rauchgeschwärzte Dunkelheit.“ Hier ist es keine ferne, vom Krieg zerstörte Stadt, hier ist es London, in einem unerbittlichen Ausnahmezustand. In Brand gesteckte Autos, zertrümmerte Schaufenster, geplünderte Läden, schwarz gekleidete Gestalten mit Hoodies und Gesichtsmasken, überall Barrikaden. Die Gangs der Stadt haben für diese Nacht ihre blutigen Fehden ausgesetzt – ein Waffenstillstand mit dem gemeinsamen Ziel, möglichst viele Cops zu töten. Und: den Jungen zu schnappen, den alle Bad Castro nennen. Er ist etwa dreizehn, vierzehn Jahre alt, lebt in der Hochhaussiedlung Cane Town, gehört zur Gang CTK (das kommt von Cane Town Kills), die mit Drogen handelt, und soll den CTK-Boss Vidious umgebracht haben.
Zunächst hat ihn allerdings, auf einen anonymen Hinweis hin, die Polizei verhaftet, und er soll ins Revier Stock Hill gebracht werden. Im Wagen, der ihn dorthin transportiert, sitzen zwei langgediente Detective Sergeants und die junge Polizistin Judy Ray, sie ist die Erzählerin dieser Nacht. Der Wagen wird attackiert, die beiden Kollegen werden getötet, Judy und Castro kommen davon und müssen sich durchschlagen übers feindliche Gang-Territorium, möglichst unbemerkt von den Gangs, nach Cane Town oder nach Stock Hill ... Die zwei sind auf sich gestellt, können keine Hilfe rufen übers Handy, kein Netz. Sie könnten verschiedener nicht sein, stehen auf zwei völlig entgegengesetzten Seiten.
Castro ist vertraut mit der gewaltsamen Gang-Welt, er reagiert ganz pragmatisch auf die Bedrohungen der Nacht, „leise, nüchtern, leidenschaftslos“, Judy muss sich immer wieder ihm anvertrauen, um zu überleben. Um Castro und seinen Verhaltenskodex zu beschreiben, hat Kevin Brooks seinem neuen Roman ein Motto aus Roberto Savianos Mafia-Buch „Gomorrha“ vorangestellt, über die „kleinen Bengels“ des organisierten Verbrechens: „Ruck, zuck packen sie zu und töten dich, aber das Leben ist sowieso schon vertan ...“
Castros Gang-Pragmatismus kann Judy nur ihre Prinzipien als Polizistin entgegensetzen, die sie in ihrem Diensteid geschworen hat, die nun, da es um Selbstverteidigung in aussichtslosen Situationen geht, wie leere Formeln klingen. Du bist eine von den Guten, meint Castro spöttisch. Judys Naivität ist ein Schutzpanzer gegen die Gesetzlosigkeit – den sie Stück für Stück abfallen lassen muss. Und sie spürt auch in Castro etwas über die Gangrituale hinaus: „Er hatte etwas Leeres, ein leeres Herz, und ich wusste nicht, was ich daraus schließen sollte, es schien nicht kalkuliert, nicht Teil einer Inszenierung ...“
Während die beiden sich gemeinsam durch die Nacht schlagen, mal abducken und verstecken, in einer kleinen Buchhandlung, mal in offener Konfrontation, bekommt ihre Geschichte märchenhafte Züge, wie Hänsel und Gretel, Brüderlein und Schwesterlein. Und Castro kann Judy helfen, endlich zu sich zu finden. „Ich habe in den letzten Jahren viel beerdigt. Ich habe einen ganzen Friedhof in meinem Schädel, ein ganzes Gräberfeld des Vergessens. Die Grabsteine sind leer.“
FRITZ GÖTTLER
Kevin Brooks:
Bad Castro. Thriller.
Aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn.
dtv 2021. 205 Seiten,
13,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Der neue Thriller von Kevin Brooks: „Bad Castro“
Eine Stadt in Aufruhr, in einem Chaos von Gewalt und Zerstörung, man kennt einen solchen Anblick aus den täglichen Nachrichtensendungen des Fernsehens ... „Überall brannte es, Gebäude lagen in Schutt und Asche, die Blaulichter der Krankenwagen zuckten durch eine rauchgeschwärzte Dunkelheit.“ Hier ist es keine ferne, vom Krieg zerstörte Stadt, hier ist es London, in einem unerbittlichen Ausnahmezustand. In Brand gesteckte Autos, zertrümmerte Schaufenster, geplünderte Läden, schwarz gekleidete Gestalten mit Hoodies und Gesichtsmasken, überall Barrikaden. Die Gangs der Stadt haben für diese Nacht ihre blutigen Fehden ausgesetzt – ein Waffenstillstand mit dem gemeinsamen Ziel, möglichst viele Cops zu töten. Und: den Jungen zu schnappen, den alle Bad Castro nennen. Er ist etwa dreizehn, vierzehn Jahre alt, lebt in der Hochhaussiedlung Cane Town, gehört zur Gang CTK (das kommt von Cane Town Kills), die mit Drogen handelt, und soll den CTK-Boss Vidious umgebracht haben.
Zunächst hat ihn allerdings, auf einen anonymen Hinweis hin, die Polizei verhaftet, und er soll ins Revier Stock Hill gebracht werden. Im Wagen, der ihn dorthin transportiert, sitzen zwei langgediente Detective Sergeants und die junge Polizistin Judy Ray, sie ist die Erzählerin dieser Nacht. Der Wagen wird attackiert, die beiden Kollegen werden getötet, Judy und Castro kommen davon und müssen sich durchschlagen übers feindliche Gang-Territorium, möglichst unbemerkt von den Gangs, nach Cane Town oder nach Stock Hill ... Die zwei sind auf sich gestellt, können keine Hilfe rufen übers Handy, kein Netz. Sie könnten verschiedener nicht sein, stehen auf zwei völlig entgegengesetzten Seiten.
Castro ist vertraut mit der gewaltsamen Gang-Welt, er reagiert ganz pragmatisch auf die Bedrohungen der Nacht, „leise, nüchtern, leidenschaftslos“, Judy muss sich immer wieder ihm anvertrauen, um zu überleben. Um Castro und seinen Verhaltenskodex zu beschreiben, hat Kevin Brooks seinem neuen Roman ein Motto aus Roberto Savianos Mafia-Buch „Gomorrha“ vorangestellt, über die „kleinen Bengels“ des organisierten Verbrechens: „Ruck, zuck packen sie zu und töten dich, aber das Leben ist sowieso schon vertan ...“
Castros Gang-Pragmatismus kann Judy nur ihre Prinzipien als Polizistin entgegensetzen, die sie in ihrem Diensteid geschworen hat, die nun, da es um Selbstverteidigung in aussichtslosen Situationen geht, wie leere Formeln klingen. Du bist eine von den Guten, meint Castro spöttisch. Judys Naivität ist ein Schutzpanzer gegen die Gesetzlosigkeit – den sie Stück für Stück abfallen lassen muss. Und sie spürt auch in Castro etwas über die Gangrituale hinaus: „Er hatte etwas Leeres, ein leeres Herz, und ich wusste nicht, was ich daraus schließen sollte, es schien nicht kalkuliert, nicht Teil einer Inszenierung ...“
Während die beiden sich gemeinsam durch die Nacht schlagen, mal abducken und verstecken, in einer kleinen Buchhandlung, mal in offener Konfrontation, bekommt ihre Geschichte märchenhafte Züge, wie Hänsel und Gretel, Brüderlein und Schwesterlein. Und Castro kann Judy helfen, endlich zu sich zu finden. „Ich habe in den letzten Jahren viel beerdigt. Ich habe einen ganzen Friedhof in meinem Schädel, ein ganzes Gräberfeld des Vergessens. Die Grabsteine sind leer.“
FRITZ GÖTTLER
Kevin Brooks:
Bad Castro. Thriller.
Aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn.
dtv 2021. 205 Seiten,
13,95 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensentin Fritz Göttler hat offenbar keine wirkliche Meinung zu Kevin Brooks neuem Thriller "Bas Castro". Recht nüchtern fasst er dessen Handlung zusammen: London ist von den gewaltsamen Auseinandersetzung verschiedener Gangs zerstört, die für eine Nacht ihre Zwistigkeiten vergessen haben, um gemeinsam einen bestimmten Jungen zu finden. Bad Castro wird er genannt und er soll eines der Gang-Oberhäupte umgebracht haben, so Göttler. Jener Bad Castro befindet sich nun also auf der Flucht, durch die Umstände zusammengeschweißt mit der jungen Polizistin Judy - die Erzählerin des Romans. Im Laufe der Geschichte, die gegen Ende immer märchenhafter wird, lernen sich die beiden kennen, Judy muss nach und nach ihre Naivität abwerfen und mit Bad Castros Hilfe gelingt es ihr "endlich sich selbst zu finden", resümiert der Rezensent achselzuckend.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Castros Gang-Pragmatismus kann Judy nur ihre Prinzipien als Polizistin entgegensetzen, die sie in ihrem Diensteid geschworen hat, die nun, da es um Selbstverteidigung in aussichtslosen Situationen geht, wie leere Formeln klingen. Fritz Göttler Süddeutsche Zeitung 20211008